vonFalk Madeja 10.02.2009

taz Blogs


Willkommen auf der Blogplattform der taz-Community!

Mehr über diesen Blog

Dem Haager Parlament liegt ein Gesetzentwurf vor, mit dem das sogenannte “Kraken” (Hausbesetzen) verboten werden soll. Der Vorschlag kommt von den beiden Regierungsparteien CDA (von Ministerpräsident Jan-Peter Balkenende) und Christenunie (protestantisch-orthodox) sowie der Oppositionspartei VVD (liberal). Übrigens soll nicht allein das “Kraken” sondern auch das Lehrstehenlassen von Häusern verboten werden.

Das Kraaken bzw. die “Kraker” waren ein typisches Problem der 70er und 80er Jahre. Den Niederlanden ging es damals lange nicht so gut wie heute, so standen in Amsterdam etwa zig Häuser herumgammelnd vor sich hin. Ich erinnere mich noch ein wenig daran, wie das DDR-Fernsehen über die Angelegenheit berichtete – es war ein willkommender Beweis für die Probleme des Klassenfeindes. Wenn ich mich überhaupt an in der DDR veröffentlichte Berichte über die Niederlande erinnere, dann waren es halt die Kraker, dagegen auftretende Polizisten mit Tränengas und die Eröffnung des Van-Gogh-Museums.

Als ich dann nach dem Mauerfall aus ziemlich privaten Gründen begann Amsterdam zu besuchen, radelten M. und ich in die Nähe des Van-Gogh-Museums über den Museumsplein – und zu meiner Verblüffung lernte ich das Anti-Kraaken kennen. Eine andere M., ach wir können sie bei ihrem Namen Maria nennen, wohnte in der Nähe in einer zeitweise stillgelegten Schule – als Anti-Krakerin. Kein politisches Statement, in den Niederlanden werden bis heute leerstehende Wohnungen oder Büros zeitweise an junge Leute vermietet, damit die Kraaker dort nicht einziehen. Maria hatte eine riesige Etage für sich allein, zu einem günstigen Mietpreis – jederzeit kündbar. Maria & Co nahmen bzw. nehmen die Unsicherheitkeit in Kauf, denn es gibt einen erschreckenden Mangel an kleinen Wohnungen bzw. was es gibt, ist absurd teuer. Heute ist das Gebäude wieder eine Schule.

Jahre später erlebte ich im Stadtzentrum eine der letzten Schlachten zwischen der Polizei und Krakern. In der Nähe des Dams standen reihenweise Polizisten und Polizisten mit Schildern herum, ich schaute neugierig vorbei, stand aber weit ab vom Schuss. Heute gibt es kaum noch unsanierte Häuser in Amsterdam, sehr wohl aber leere Bürogebäude.

In letzter Zeit gab es nur noch wenig von den Krakern zu sehen oder zu hören. Kürzlich gab es mal wieder viele Schlagzeilen, denn im Kraaker-Zentrum “Vrankrijk” (Frankreich) wurde im Cafe ein Kraker vermöbelt und dann auf die Straße geworfen – weshalb Amsterdams Bürgermeister Job Cohen “Vrankrijk” schliessen will. “Vrankrijk” ist in den letzten Jahren keineswegs eine rein niederländische Angelegenheit, hier halten sich wohl auch etwa Basken und Deutsche und andere auf. Anyway.

Jetzt also das Hausbesetzverbot. Vor einem Jahr hatten die Bürgermeister der “großen vier Städte” (A’dam, R’dam, Utrecht, Den Haag) sich noch skeptisch zum Kraken geäußert, dort gibt es ein Übergewicht der PvdA. Die Chancen, dass das Hausbetz-Verbot eine Mehrheit findet, ist jetzt aber ziemlich groß. Die Kraker gelten als Links (was sie gar nicht alle sind) – aber im Parlament ist der Mainstream nicht mehr wirklich links.

Wohnen aber, liebe Freunde der Niederlande, ist in Amsterdam und im Rest des Landes so teuer wie noch nie…

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/hausbesetzen_verboten/

aktuell auf taz.de

kommentare