Sehr geehrte Damen und Herren der taz Redaktion,
hiermit begründe ich, warum ich meine Eltern bitten werde, das taz Abonnement zu kündigen. Diese bedauerliche Entscheidung begründet sich auf folgenden Umständen:
In den letzten drei Monaten wurden in der taz zunehmend Standpunkte vertreten, die ich als 17-jährige mit meinen religiösen und ethischen Auffassungen nicht vereinbaren kann. Vor allem drei Themen haben mich genervt, abgestoßen sowie persönlich angegriffen:
Die Debatte um Homosexualität ist durchaus ein wichtiges und gesellschaftsprägendes Thema; das bedeutet allerdings nicht, dass man als Zeitung in etlichen Ausgaben überschwänglich seine Seiten damit füllen muss. Im Übrigen ist Homosexualität in meiner Generation der 16-20 jährigen, sowie sicherlich ebenso in der taz Zielgruppe, ohnehin nichts Besonderes mehr. Ständig etwas zu lesen, was bei mir als Leserin längst Akzeptanz und Toleranz gefunden hat, ist für mich ungefähr so neu und spannend, wie jeden Tag einen Artikel über Heterosexualität lesen zu müssen. Ein bis zwei prägnante Artikel zu bspw. Hitzelbergers Outing sowie der Homosexualität im Sport hätten durchaus gereicht, gefühlte 20 weitere Artikel wirkten auf Dauer schlicht langweilig und begannen zu nerven.
Sehr bedenklich und teilweise abstoßend sind die anhaltenden Artikel zur Prostitution. Zwar im richtigen Maße gehalten, doch mit der teilweise überdeutlichen Einstellung, dass Prostitution aus freien Stücken doch normal und alle Frauen, die dazu stehen und dies in aller Öffentlichkeit präsentieren, zu bewundern seien. Das mag für die betreffenden Autoren/ die betreffenden Autorinnen jetzt prüde und konservativ klingen: Nein, ich finde es absolut nicht normal, wenn eine Frau sich freiwillig prostituiert. Darüberhinaus ist das Argument, die meisten Frauen täten dies doch freiwillig, absolut unhaltbar. Sei es nur eine unter 1000 Frauen, die zur Prostitution gezwungen wird: Diese eine bleibt eine zu viel, ganz egal in welchem Verhältnis die betreffenden Zahlen zueinander stehen. Und für alle Frauen die den, meiner Meinung nach, nicht normalen Wunsch verspüren gegen Geld aus Lust und Laune mit fremden Männern zu schlafen, tut es mir herzlich leid. Der deutsche Arbeitsmarkt bietet deutlich sinnvollere Möglichkeiten sich in die Gesellschaft einzubringen. Der Artikel über die Porno-Darstellerin Sasha Grey setzt dem ganzen noch die Krone auf. Mit freundlichen Grüßen an die Verantwortlichen für diesen Artikel: KEINE Pornodarstellerin hat und wird je auf irgendeine Art und Weise „die/eine Frau befreien“. Dies so einer Frau zuzusprechen ist in jeder Hinsicht lächerlich.
Entnervend für mich als gläubige Christin ist der Unterton in vielen religionsbezogenen Texten. Ich lese seit zwei Jahren die taz regelmäßig und bin noch auf keinen positiven Text zur Kirche gestoßen. Der Ton ist immer kritisch: Ja, Papst Franziskus sei schon besser als Benedikt, aber Resultate hätte man auch noch nicht gesehen. Und ja, kirchliche Organisationen, die Frauen aus der Prostitution helfen seien im Prinzip ganz nett, aber tun sie dies doch nur, um möglichst viele Frauen zum Christentum zu konvertieren, usw.
Süffisant und mit einem arrogant anmutenden Unterton wird mir als Leserin deutlich gemacht, dass ich als Gläubige schlicht auf der Suche nach irgendeinem Halt im Leben bin und die Kirche mich als Frau zusammen mit allen Homosexuellen prinzipiell unterdrückt. Christen laufen mit verschlossenen Augen durch die Welt, nicht stark genug, um sich der realistischen Weltprobleme anzunehmen, während sie sich in ihrer mythischen Fantasiewelt verlieren.
Liebe taz, herzlichen Glückwunsch zu dieser John Lennon Einstellung, damit kann man durchaus einen Christen beleidigen. Ich kann keine Zitate aus Artikeln für meinen Eindruck nennen, mir fällt es bloß im Gesamteindruck immer wieder auf und ich habe nicht die Möglichkeit mich argumentativ dagegen zu wehren. Warum sollte ich auch weiterhin eine Zeitung lesen wollen, wo ich mich über das ärgern muss, was ich lese? Natürlich ist jede Zeitung, so unabhängig und unparteilich sie sich auch präsentieren mag, immer von individuellen Wertvorstellungen der Autoren geprägt. Allerdings sollte man diesen Bogen nicht überspannen und so bewirken eine Gruppe von Menschen mit einer gewissen Religionszugehörigkeit bzw. ethischen Auffassung zu verärgern und unter Umständen unterschwellig zu beleidigen. Mir würde es am besten gefallen, wenn die taz weniger für den Lennon verehrenden Atheisten schreibt, der sich bei der nächstbesten Anti-Atom-Demo an die Gleise kettet, sondern ein wenig mehr für den (so langweilig das auch klingen mag) Durchschnittsbürger.
Anbei noch ein fast schon niedlicher Fehler der taz nord Redaktion: Ich als Schülerin des Katharineums zu Lübeck fühle mich zwar durchaus geehrt in den Augen der taz auf eine „Lübecker Elite-Uni“ zu gehen, bin mir aber sicher, dass diesbezüglich ein paar Fotos durcheinander geraten sind. Nächstes Mal vielleicht noch einen kurzen prüfenden Blick über die Fotos werfen.
Besonders gemocht haben meine Eltern und ich die taz immer wegen ihrer ironisch-sarkastischen Seitenhiebe auf Politik und Wirtschaft, meist liebevoll auf der Titelseite illustriert. Auch Küppersbusch und die Wahrheit haben uns immer wieder zum Schmunzeln gebracht. Darauf werden wir wohl leider zukünftig verzichten müssen.
Mit freundlichen Grüßen
Oh je – falsche Zeitung Baby, und das die letzten zwei Jahre…