Dürfen wir die selbsternannten Lebensschützer*innen als „Abtreibungsgegner*innen“ bezeichnen? Ja, dürfen wir.
Jedes Jahr im September ziehen beim „Marsch für das Leben“ AbtreibungsgegnerInnen durch Berlin. Im Oktober ging wegen eines taz-Artikels zum Thema eine Beschwerde beim Presserat ein. Kurz vor Weihnachten entschied der Presserat nun: Diese Beschwerde war unbegründet.
Der Beschwerdeführer bemängelte einen Infokasten im Text. Darin heißt es: „Am 16. September fordern die selbsterklärten ‚LebensschützerInnen‘ in Berlin ein striktes Verbot von Abtreibungen“, und: „Unter anderem ruft das queer-feministische Bündnis ‚What the Fuck‘ zu Gegendemo und Blockaden auf. Das Bündnis kritisiert die Forderung nach einem Abtreibungsverbot ebenso wie das homophobe Frauen- und Familienbild der ‚Lebensschützer‘.“
Der Beschwerdeführer erwiderte, dass der Veranstalter des Marsches, der Bundesverband Lebensrecht, laut B.Z. lediglich eine „umfassende Überprüfung der Abtreibungsgesetze“ fordere und sich im Aufruf zum Marsch für das Leben „keine einzige sexistische oder rassistische Zeile“ finde.
„Die Angabe, die Teilnehmer des Marsches seien für ein striktes Abtreibungsverbot, ist nicht zu beanstanden“, schreibt nun der Presserat. Immerhin fordere der Veranstalter auf seiner Webseite: „Das Recht jedes Menschen ist grundlegend – ein ‚Recht auf Abtreibung‘ gibt es nicht!“ Zudem sei die Gruppe der AbtreibungsgegnerInnen heterogen. Ferner sei es für einen „durchschnittlich verständigen Leser“ hinreichend deutlich, dass es sich bei der Kritik am Weltbild der Marschierenden um eine Einschätzung des Bündnisses „What the Fuck“ handle.
Dinah Riese, Redakteurin taz zwei
Foto: dpa