vonMartin Kaul 18.06.2014

taz Hausblog

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Eigentlich habe ich da nun wirklich nichts Besonderes aufgeschrieben, aber seit ein paar Tagen hab ich voll den Sozialstress, sogar mit Talk-Show und so. Ich bin ja hier gerade in Brasilien. Im Prinzip alles ganz einfach: Journalistenaustausch, es gibt da dieses Programm. Einmal im Jahr schickt das Internationale Journalistenprogramm fünf Jungjournalisten nach Südamerika, dafür kommen auch ein paar nach Deutschland. Diesmal durfte neben den Kollegen Jonas Reese (Deutschlandfunk), Alexandra Endres (Zeit) und David Klaubert (FAZ) auch ich reisen. Für meinen Aufenthalt wählte ich Brasilien – und zwar eines der konservativsten und mächtigsten Medienhäuser des Landes: Die Redaktion der Tageszeitung O Globo, die der reichsten Familie Brasiliens gehört, der Familie Marinho. Viele Brasilianer halten den Konzern für schlimmer als das Berlusconi-Imperium in Italien, aber das gehört an anderer Stelle erzählt.

Zu mir waren die KollegInnen in der Globo-Redaktion sehr, sehr nett. Sie liehen mir ihre Gasmasken, um auf Demonstrationen unversehrt zu bleiben, sie erzählten mir, wie sie damals die Snowden-Dokumente aufbereitet haben und nahmen mich auf Propaganda-Veranstaltungen der brasilianischen Polizei mit. Ich habe in der Redaktion viele Dinge erfahren und gelernt. Nur wollten Sie leider: Dass ich mal so losziehe, wie ein ganz doofer Tourist, der kein portugiesisch spricht, und so eine Art Stadt-Test mache. Wie kommt man in Rio so klar? Das ist so eine typische Praktikantenaufgabe. Ich muss zugeben: So richtig Lust hatte ich darauf nicht. Ich habe dann aber doch etwas getestet und aufgeschrieben und seitdem werde ich hier gerade versehentlich berühmt. Es fing schon damit an, dass O Globo mich am Samstag gleich auf seiner Seite 2 dem brasilianischen Volk präsentierte. Da kam dann ein Foto von mir und wer ich bin und so. Das ist im Prinzip wie bei uns so ein „taz intern“, nur dass deren Auflage nicht so klein ist.

Das sah so aus:

Globo - 2

In ihrer Sonntagsausgabe veröffentlichte O Globo dann den kleinen Text von mir, in dem ich ein paar Beobachtungen anstelle zu dem, was mir in Rio so passiert und aufgefallen ist. Der Text ist online hier nachzulesen, allerdings nur auf portugiesisch. Ich schildere darin etwa mein Befremden darüber, dass in Brasilien noch immer zwei Aufzüge in de Hochhäusern benutzt werden: Ein „sozialer“ Aufzug für jene, die fein angezogen sind, und ein „Servico“-Aufzug für Bauarbeiter, Strandgänger und sonstige Leute, die man mit Schmutz verbindet – ein Überbleibsel von früher. Ich schreibe auch, dass ich es komisch finde, dass viele Brasilianer sogar an der Supermarktkasse ihre Steuernummer abgeben und ich erzähle eine Anekdote, die ich heute mal dem portugiesischsprachigem Publikum vorbehalten lasse.

Statt den Text irgendwo süß in die Ecke zu drucken, kündigte O Globo ihn auf seiner Titelseite der Sonntagsausgabe an. Im Nachrichtentext zu irgendwas mit Tourismus werde ich dann namentlich auf der Titelseite eingeführt. Aus dem Text hat O Globo eine ganze Seite gemacht – und gleich zwei Fotos von mir und meinem Sohn dazu gestellt.

Das sah so aus:

Globo - 1

Ich nenne das: eine sehr große Freundlichkeit in Sachen Journalistenaustausch, aber seit Sonntag kriege ich plötzlich dutzende Leserzuschriften aus Brasilien und Deutschland und anderen Ländern, für die ich mich an dieser Stelle gerne bedanken will. Ein Filmprojekt fragt an, ob ich mit ihm drehen möchte und für Donnerstag nun, also morgen, habe ich eine Einladung erhalten, um in einer recht bekannten Talk-Show irgendetwas zum Besten zu geben. Die Talk-Show wird auch auf einem Globo-Sender ausgestrahlt. Die Moderatorin heißt Fátima Bernardes und ist so eine Art Ulrich Wickert der Brasilianer, nur mit mehr Sinn für Mode. Es ist wohl eher so ein Gesprächsformat der seichteren Art, aber wenn ich schonmal hier bin, gehe ich natürlich hin. Ich freue mich sehr über die Einladung und möchte die taz würdig vertreten. Wenn ich zurück bin, erzähle ich dann, wie es war.

Aktualisierung: Tja, zu früh gefreut. Gerade wurde ich sehr freundlich wieder ausgeladen. Es gibt eine Programmänderung. Aber es hat auch sein Gutes: War seit langem mal wieder beim Friseur.

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https://blogs.taz.de/hausblog/als-ganz-doofer-tourist-in-die-talkshow/

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