Die Redaktion der Zeitschrift Emma hat der taz auf Ihrer Hompage Zensur vorgeworfen.
Ines Kappert und Heide Oestreich, die zuständigen Redakteurinnen, antworten:
Sehr geehrte Kolleginnen,
der Homepage von Emma entnehmen wir, dass Sie unsere redaktionelle
Entscheidung, einen Text nicht zu drucken, öffentlich als Zensur
bezeichnen.
Tatsache dagegen ist, dass Redakteurin Ines Kappert den Text zur
Überarbeitung an die Autorin zurückgab, weil er es an argumentativer
Deutlichkeit fehlen ließ. Diese ist aber für einen Debattentext unabdingbar.
Die Autorin lehnte die Überarbeitung ab und zog es vor, ihren Beitrag
bei Emma zu veröffentlichen. Von einer Zensur kann keine Rede sein, es
handelte sich um eine normale redaktionelle Entscheidung, wie sie sicher
auch bei Emma täglich getroffen wird. Wir wollen die Debatte um
Prostitution fortsetzen und hatten im Übrigen auch Alice Schwarzer als
Autorin angefragt.
Journalistischer Redlichkeit würde es entsprechen, wenn Sie
diese Stellungnahme zu ihrem Zensurvorwurf ebenfalls veröffentlichen
würden – und nicht verschweigen.
MfG
Heide Oestreich, Ines Kappert, Redaktion taz
Hier der Vorwurf der Emma im Wortlaut:
„Erneuter Zensurfall bei taz
In der Ausgabe von Montag hatte die taz eine scharfe Polemik pro Prostitution und contra Alice Schwarzer veröffentlicht, unterzeichnet von Doña Carmen, dem Frankfurter „Hurenverein“ von Juanita Henning. Die war zuletzt im Juni 2009 damit aufgefallen, dass sie im Namen von „77 Huren“ das Recht auf Flatrates in Bordellen forderte. Dafür schaltete sie großformatige Anzeigen in mehreren Tageszeitungen (was allein in der SZ 25.000 Euro kostete). Jetzt behauptete Doña Carmen in der taz, von „Armutsprostitution“ zu reden, sei „ausländerfeindlich“ und „verkappter Rassismus“. Für Henning ist die Migrations-Prostitution eine Art „Völkerverständigung von unten“ (wörtlich). Nach Veröffentlichung des Textes fragte taz-Redakteurin Heide Oestreich bei Sabine Constabel an, ob sie bereit sei zu antworten. Die Sozialarbeiterin engagiert sich seit 22 Jahren in Stuttgart für Prostituierte. Dabei hat sie heute zu 90 Prozent mit Armuts- und Zwangsprostituierten aus Osteuropa zu tun. Die von Doña Carmen so gern beschworene „selbstbestimmte Hure“ begegnet ihr eher selten. Constabel schrieb also die erbetene Antwort auf Doña Carmen für die taz auf. Doch der taz passte der Text nicht. Redakteurin Ines Kappert lehnte die Veröffentlichung ab – und die ebenfalls informierte Chefredakteurin Ines Pohl reagierte gar nicht erst. Die hat zurzeit wohl andere Sorgen. Sie muss erklären, warum sie den Text eines taz-Redakteurs, der das Verhältnis der Grünen zur Pädophilie kritisiert hatte, aus dem Heft genommen hat. – Hier also der Text von Sabine Constabel, der eigentlich in der taz hätte erscheinen sollen.
EMMAonline, 21.08.2013″
@Wolfgang Russ: „Emotional“ ist scheinbar ein Totschlagargument. Was genau ist bei Frau Constabel emotional neben der Schilderung realer Fälle? Oder haben Sie das einfach bei Frau Mozart von W&V abgschrieben?
Mit „emotional“ nahm man auch Friedens- und Mediationswissenschaftlern bis vor kurzem lange den Wind aus den Segeln.
Da finde ich „versucht, Honig zu saugen“ weit emotionaler und auch entlarvender: Weil man dem Gegner immer die eigenen schlechten Eigenschaften unterstellt. Jemand der seine Meinung verkauft hat, unterstellt so etwas sehr schnell.
„Schilderung einer Frau, die ihr Geld mit der Betreuung von Opfern verdient. Mit Opfern, denen in ihren Herkunftsländern Bildung versagt wird und die keine andere Möglichkeit sehen, wenigstens ein wenig Geld zu verdienen.“
Zu Frau Constabel kommen ganz normale Prostitutierte und sie selbst hat gesagt, dass die Zusammensetzung sich seit 2002 verändert hat. Aber wenn Sie schon zwischen Opfern in der Prostitution und Nicht-Opfern unterscheiden möchten, nehmen Sie zur Kenntnis, dass Frau Henning diese kontinuierlich negiert. Für Frau Henning gibt es Menschenhandel nicht. Er existiert bei ihr nicht – obwohl sie mit denselben Menschen zu tun hat wie Frau Constabel.
„Die taz-Redaktion kannte bestimmt die Einstellung Sabine Constabels zur Prostitution. Warum sollte sie zuerst anfragen, den Artikel ankündigen und dann doch nicht veröffentlichen?“
Wahrscheinlich, weil er zu authentisch und treffend argumentiert gegenüber der dünnen und unlogischen Polemik von Frau Henning. Es ist ein alter redaktioneller Trick in einer Debatte die unliebsame Meinung mit schlechteren Argumenten schreiben zu lassen. Bei der Vorlage und Frau Constabels Antwort wäre der Eindruck des Lesers oder der Leserin kla gewesen.
„Und Donja Carmen als “Handlanger der Bordellbetreiber_innen” zu bezeichnen beleidigt die Mitarbeiter_innen dieses Vereins.“
Mhm. Und jemand der mit einem Wohnmobil irgendwo steht und Versorgung anbietet, kann automatisch kein Handlanger von Bordellbetreibern sein? Totschlagargument#2: Wir dürfen die Wahrheit nicht sagen, denn sie könnte jemanden beleidigen. – Sorry, aber das ist einfach kein Argument.
Dass Alice Schwarzer etwas gegen Frauen hätte, weil sie sie mt Kinder in einen Topf werfe, ist auch so hingedreht argumentiert. Sie vergleicht die Verharmlosung zweier sexueller Missstände durch die Grünen – das ist die Argumentationslinie, die Frau Henning bewusst ignoriert. Wie oben geschrieben, ist es einfach zynisch, den Verteidiger eines Opfers anzugreifen und ihm vorzuwerfen, er nehme dem Opfer das Selbstbestimmungsrecht, sich Schaden zufügen zu lassen und das dann anders zu benennen. Alice Schwarzer propagiert das schwedische Modell, das allein Freier unter Strafe stellt – hat also nichts gegen Prostitutierte, sie hat selbst mit vielen Prostituierten gesprochen. Auch das kann man bei ihr lesen und es wird von Frau Henning bewusst ignoriert.
Allein dass es bei Frau Henning Menschenhandel überhaupt nicht gibt, ist doch mehr als unheimlich, um es vorsichtig zu sagen.