(h.h.) Ein U31-Redakteur steht entnervt vor den zwei Kaffeeautomaten im Ersten Stock, in denen wieder mal kein Kaffee nachgefüllt wurde, und murmelt: „Ich glaube, das ganze U31-Projekt hat die taz nur als eine Werbemaßnahme gemacht.“
Ich schlage vor, über jeden Artikel „Keine Anzeige!“ zu schreiben – und dafür über den Werbeanzeigen den „Anzeige“-Hinweis weg zu lassen. Das wird jedoch von einem der verantwortlichen U31-Redakteure abgelehnt – mit Hinweis auf das deutsche Pressegesetz, oder einem ähnlich lautenden Staatsgebotswerk.
Aber es stimmt, die taz-Werbeabteilung (unter der Leitung von Willi Vogelpohl) wurde auch schon mal als die „kreativste“ aller bezeichnet. Und zugleich fand eine völlige Vermischung der Substanzen „Künstler“ und „Kreative“ statt. Die US-Soziologen umreißen bereits eine ganze „Kreative Klasse“ („Da lacht der Prolet „- wie eine Kolumne in der „Roten Fahne“ einmal hieß). Zu diesem Kreativitätsbegriff hat der US-Analyst Florida einen ganzen globalen „Schwulen-Index“ erstellt: Am Kreativsten sind jene Weltstädte, die den höchsten Anteil an Homosexuellen haben. (Seine Studie gab übrigens den Ausschlag dafür, dass die SPD den Genossen Wowereit als Kandidaten für das Amt des „Regierenden“ aufstellte.) Aber es stimmt, in der Kreativbranche arbeiten besonders viele Schwule. Sie gelten als besonders kreativ. Für den Philosophen Gilles Deleuze galt generell: „Nur Minderheiten sind produktiv!“ Und für Berlin gilt: „Nur wenn wir alle leerstehenden Fabriken und Bürogebäude mit Kreativen vollkriegen, kann die Stadt weiterhin in der ersten Liga mitspielen.“
Was die Werbung selbst betrifft, dazu versuchten die DDR-Kreativen in der Wende noch ihren West-Kollegen eine quere Sichtweise beizubringen. So sagte z.B. der Ostberliner Werbegraphiker Helmut Brade damals in seiner Rede auf dem „Braunschweiger Gebrauchsgraphiker-Colloquium“:
„Jeder Einzelne arbeitet fleißig am Ende der Welt. Der Werbegraphiker in vorderster Reihe. Was so wünschenswert wäre, dass die Gesellschaft besser wird, ihr Tempo verlangsamt und sich mit der Natur versöhnt, bleibt im Hintergrund. Wie wäre es z.B. mit einem Verbot jeglicher Werbung, die den Verbrauch von Waren und Energie fördert? Werbung ist verbrauchsfördernd, Die Förderung von Verbrauch aber ist im Zusammenhang mit den Chancen zur Erhaltung der Menschen als lebensgefährlich erkannt. Also kann ein Beruf, der sich inzwischen fast ausschließlich und mit immer größer werdender Perfektion der Verbrauchsförderung angepaßt hat, kein guter Beruf sein, sondern befindet sich auf der Seite des Verbrechens.“
In der taz hat man diese Verbrecher weise auf die andere Rudi-Dutschke-Straßenseite verwiesen: in die oberen Etagen des Bürohauses schräg gegenüber, „Sibirien“ auch genannt. Seitdem dort auch der taz-blogwart mit bewegung,de sein Domizil hat, heißt es: „Sibirien ist jetzt eine Rauschgifthölle“, zuvor hatte der taz-laborleiter Feddersen bereits von den Siebzigerjahren als von einer „Solidaritätshölle“ gesprochen. Das aber nur am Rande.
Wenn es sich da drüben tatsächlich um Verbrecher handelt, dann stehen sie doch eigentlich – von ihrem Klasseninteresse her quasi – auf Seiten der U31-Redakteure, und das ließe sich vielleicht nutzen…
Beispiel A:
Der Photograph Peter Grosse war sich unsicher, ob es sich hier um Hirschwerbung oder Polyamorie handelt. Für letzteres hat die U31-Redakteurin Julia Seeliger gerade ein flammendes Plädoyer auch in eigener Sache veröffentlicht – auf der sogenannten Meinungsseite. Was sie damit meint, hatte sie zuvor bereits in der grünen Werbebroschüre „taz rad 2010“ ausgeführt: dass sie auch mit ihrem geliebten Fahrrad ins Bett geht. Dabei handelt es sich um das Objekt „taz rad color“ zum Preis von 569 Euro.