Ich glaube an den Buntstift im Zeitalter des Internets. Gerade da, wo ein kulturelles Erzeugnis überwiegend am Bildschirm erfahren wird, braucht es einen Gegenpol, der nahezu haptisch wirkt. Fast jedes Kind hat mit Buntstiften eine große Künstler:innenkarriere begonnen, die nur vom Kunstunterricht unterbrochen wurde. Diese Vertrautheit ist es, die die Babyrassel unter den Malwerkzeugen zum Konzertflügel werden lässt.
Das nutze ich nun für die Logos unserer neuen taz Podcasts. Im weiten Feld der Streaming-Plattformen soll schließlich niemand an ihnen vorbei scrollen, es gilt, nicht nur akustisch, sondern auch visuell meinungsstark aufzutreten. So setze ich am liebsten auf das Ausdrucksstärkste, das der Mensch kennt: den Menschen.
Der „Weißabgleich“-Podcast wird vom Bildnis einer Woman of Color, die sich ein weißes Blatt Papier vors Gesicht hält, begleitet. Wir kamen zu dem Schluss, hier eine gestalterische Regel zu brechen, die da heißt: show, don’t tell – mach es anschaulich, statt es zu benennen. Die Sendung mit dem vorzüglich gewählten Namen setzt sich mit dem Leben von People of Color in der weißen Mehrheitsgesellschaft auseinander, kritisch und sehr selbstbewusst.
Ist ein Podcast inhaltlich an eine bestimmte Persönlichkeit gebunden, lohnt es sich, diese auch abzubilden. Bei Christian Specht, unserem Kollegen mit Beeinträchtigung, handelt es sich ganz klar um den Star des Formats. Zwei Redakteur:innen debattieren um die Gunst von Christians Zustimmung. Ich habe ihn mehrfach fotografiert und er wählte aus, wie er abgebildet werden möchte. Sein multichromes Gesicht soll leuchten, so wie er es als Mensch tut. Sein Blick ist mild, denn er vergibt viel, aber bezieht stets eine klare Position: Er ist dafür oder dagegen. Die Nähe, die beim Porträtieren einer Person entsteht, kann dazu führen, sie danach nicht nur äußerlich besser zu kennen.
Dieser Prozess führte hier, beim Podcast Angriff auf Europa, zu unangenehmen Empfindungen. Wenngleich ich mich um das realistische Abbilden der neurechten Protagonist:innen bemühte, ohne sie zu überzeichnen, fühlte ich gerade beim Porträtieren Gaulands eine wachsende innere Härte, derer ich mich erst nach Vollendung der Zeichnung entledigen konnte.
Für den Podcast Lokalrunde hatte ich eigentlich den Wunsch, das bereits verwendete Logo, das neu aufgelegt werden sollte, um einen Twist zu erweitern: Statt eines Fahrradhelms wollte ich einen Eishockey-Helm mit der Aufschrift PRESSE abbilden. Aber so ist das, wenn man Gebrauchsgrafiken erstellt: Nicht jede Idee erwacht auch zum Leben. Letztlich entschieden wir uns doch für den wiedererkennbaren Fahrradhelm, jedoch in einem strahlenden Gewand, denn Journalismus kann heldenhaft sein.
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