Von Julian Kasten und Jaisha Laduch
Wir begegnen ihnen in Internetforen, Kommentaren und Blogs. Sie sabotieren absichtlich Diskussionen, indem sie provozieren und pöbeln: Die Rede ist von Trollen und Shitstormern. Machen sie aus dem Internet einen wilden und nervösen Ort, an dem keine vernünfige Debatte mehr möglich ist? Oder wird das Phänomen überschätzt? Wie man damit umgehen kann und wie groß das Problem der Trollerei wirklich ist, ist Thema der Diskussion: “Shitstorm-Surfer, Trolle und andere Nervensägen: Brauchen wir eine neue Ethik für das Netz?”
Die Veranstaltung beginnt mit einer Entschuldigung. Der “Vorzeige-Troll” Konstantin Neven DuMont kann aufgrund einer Sportverletzung nicht kommen und wird kurzerhand durch Marco Herack, einem vermeintlichen Troll aus der Freitag-Community, ersetzt. Der Moderator Michael Angele vom Freitag leitet die Diskussion ein, indem er das Phänomen der Trolle und der Shitstorm-Surfer als eine dunkle Seite des Internets bezeichnet. Deren Ziel sei dabei nur, Aufmerksamkeit zu bekommen und aufzufallen. Angele kritisiert die Anonymität, hinter der sich manche Nutzer verstecken. Dadurch würden viele Diskussionen primitiver geführt werden.
Julia Seeliger, Onlineredakteurin der taz, zeigt verschiedene Kategorien von Trollen auf: Während manche destruktiv handeln, gibt es auch einige, die positive Folgen nach sich ziehen. Trolle können Diskussionen beleben und neue Impulse setzen. Auch die Aktivitäten von Wikileaks bezeichnet sie als positive Trollerei. Ähnlich sieht das Marco Herack, der sich selbst nicht als Troll bezeichnet. Er testet durch provokante Thesen in seinen Kommentaren und Beiträgen, wie diskussionswürdig ein Thema wirklich ist. Er betont, dass sich die Diskussionsteilnehmer dadurch mit anderen Meinungen auseinander setzen können und neue Recherchewege wagen. Jedoch gibt er zu, dass reine Meinungsäußerungen im Netz oft dominanter sind als die Fakten der Diskussion an sich. So werden viele Diskurse platter als nötig geführt.
Teresa Bücker, Socia-Media-Managerin beim SPD-Parteivorstand, sieht keine Notwendigkeit zur Aufregung. Die meisten User verhalten sich angemessen, wenn sie sich überhaupt aktiv an den Diskussionen beteiligten. Die Wahrnehmung beziehe sich zu stark auf Skandalöses und Spektakuläres, während seriöse und konstruktive Beiträge klar in der Überzahl seien. Eine übergeordnete Netzethik sei ihrer Meinung nach Fehl am Platz.
Moderator Angele sieht sich zunehmend in der Position eines Normhüters. Während die anderen auf der Bühne die Trolle und Shitstorm-Surfer eher als Spieler sehen, die nicht zu ernst genommen werden sollten, hat er Bedenken bezüglich einer vernünftigen Diskussionskultur. Durch die niedrige Hemmschwelle und den Schutz der Anonymität würden sich Menschen zu Aussagen hinreißen lassen, die sie offline so nicht äußern würden. Herack und Bücker halten dagegen, dass dieses Verhalten menschlich zu erklären ist, und im Internet genau so wie auf dem Schulhof auftaucht. Seeliger findet, dass man diesem Phänomen abgeklärt oder sogar ignorant begegnen muss. Nur wem man eine öffentliche Bühne für Trollerei bietet, der wird auch darauf Platz nehmen. Sie betont eine Grundregel, die schon in vielen Foren zum Vorschein gekommen ist: „Don´t feed the trolls“.
Doch nicht nur für Angele scheint es schwer, die Trolle zu ignorieren – er geht noch einen Schritt weiter: für ihn führt die exzessive Trollerei zu einer neuen Form der Online-Rezeption: der Troll-Leserei. Ähnlich wie beim Reality-TV-Format “Big Brother” beobachtet er sich dabei, regelmäßig zu verfolgen, was “seine Trolle” zum Besten zu geben.
Kann man Trolle erziehen? Eine Grundregel, die sich Troll oder Nicht-Troll zu Herzen nehmen sollte, ist das kurze Innehalten vor dem Abschicken eines Beitrags. Emotional gefärbte Beiträge können Diskussionen zwar beleben, aber auch der konstruktiven Auseinandersetzung an einem Thema schaden. Seeliger betont, dass auch schlichte Maßnahmen wie ein klares Layout von Blogs und Webseiten der Trollerei vorbeugen können. Ihre These: “Die Form formt den Inhalt” und “grün auf schwarz trollt es sich leichter”.
Nicht zuletzt sollte man auf die “Selbstheilungskräfte” der Community vertrauen und auch die Autoren sollten “in die Pflicht genommen werden”, so Bücker und Seeliger. Es reicht nicht, ein Kind auf die Welt zu setzen, man muss es auch beim Wachsen beobachten und erziehen. Gleiches gilt für veröffentlichte Texte und die darauffolgenden Kommentare.
„Rhanjid“
Was genau soll der Link beweisen? ich kann mir auch mal schnell 5 WordPress-Blogs klicken. Und dann?