Manchmal hat es ja auch seinen Vorteil, dass die Post in der taz immer so unzuverlässig ankommt. Sieh an, was da dem taz-Redakteur Malte Kreutzfeldt im Vorfeld der Anti-Kohle-Proteste seitens des Vattenfall-Konzerns zugestellt werden sollte: Eine Unterlassungserklärung. Damit wollte der Energiekonzern Vattenfall unterbinden, dass Kreutzfeldt von den Anti-Kohle-Protesten in der Lausitz aus nächster Nähe berichten kann. Interessant: In dem Schreiben bezieht Vattenfall sich explizit auf Kreutzfeldts Berichterstattung von den Anti-Kohle-Protesten, die im August 2015 im rheinischen Tagebau Garzweiler stattgefunden hatten.
Malte Kreutzfeldt, Energieexperte und Parlamentskorrespondent der taz, hatte, wie viele andere Journalisten auch, im vergangenen Jahr die Erstürmung des RWE-Tagebaus in Garzweiler kritisch verfolgt und unter anderem thematisiert, wie dort Polizei und RWE-Mitarbeiter gemeinsam massiv auf Demonstranten losgingen. Einsatzbeamte hatten sich bei dem Polizeieinsatz unter anderem von RWE-Fahrzeugen durch den Tagebau fahren lassen und festgenommene Demonstranten in RWE-Bussen abtransportiert. Dass der vielerseits gelobte Polizeieinsatz bei den Protesten am vergangenen Pfingstwochenende in der Lausitz dagegen einen ganz und gar deeskalativen Charakter trug, kann auch als Folge dieser Berichterstattung gewertet werden.
Kreutzfeldt, der für die taz am letzten Wochenende auch von den sogenannten „Ende Gelände“-Protesten in der Lausitz berichtete, hatte sich im Vorfeld beim Tagebaubetreiber Vattenfall über die Möglichkeiten der Berichterstattung auf dem Betriebsgelände erkundigt. Der taz-Redakteur wollte wissen, ob seitens des Unternehmens die Möglichkeit geschaffen werde, sich über die angekündigten Besetzungsmaßnahmen sowie die Reaktionen von Polizei und Vattenfall ein Bild zu machen. Der Vattenfallkonzern verneinte dies. Kreutzfeldt argumentierte dagegen, dass es der journalistischen Öffentlichkeit möglich sein müsse, sich selbst ein Bild von den Ereignissen zu machen. Und Vattenfall? Sendete daraufhin dieses Schreiben. Darin behauptet der Konzern, Kreutzfeldt wolle sich „illegal“ Zutritt zum Gelände verschaffen. Damit liegt der Konzern falsch.
Der Hintergrund ist einfach: Journalisten sind keine Blockierer und Besetzer, sondern Berichterstatter. Ihr öffentlicher Auftrag leitet sich aus Artikel 5 des Grundgesetzes her. Dass die grundgesetzlich verankerte Freiheit der Presse immer wieder gegen andere Rechtsgüter abgewogen werden muss, ist keine Neuigkeit. Dass der Vattenfallkonzern jedoch meint, sein Hausrecht wiege angesichts der in Rede stehenden Ereignisse, über die international berichtet wurde, schwerer als das Informationsinteresse der Öffentlichkeit an einer als historisch einzuschätzenden Kraftwerksblockade, ist bemerkenswert.
Dabei hatte der Vattenfallkonzern doch Glück, dass sich auch taz-Journalisten am Wochenende selbst ein Bild von der Tagebaublockade machen konnten. Nur so konnten wir schließlich berichten, wie freundlich und kooperativ Vattenfall die Anti-Kohle-Demonstranten empfing. Um eines aber wollen wir dennoch herzlich bitten, Vattenfall: Dass nicht nur Demonstranten, sondern auch Journalisten beim nächsten mal etwas freundlicher empfangen werden als es mit diesem Schreiben der Fall sein sollte. In diesem Sinne und in Ihren Worten: „Wir hoffen auf Ihr Verständnis und verbleiben mit freundlichen Grüßen und Glückauf!“
>Dass der Vattenfallkonzern jedoch meint, sein Hausrecht wiege angesichts der in Rede stehenden Ereignisse, über die international berichtet wurde, schwerer als das Informationsinteresse der Öffentlichkeit an einer als historisch einzuschätzenden Kraftwerksblockade, ist bemerkenswert.
Nein, denn das ist völlig korrekt so. Siehe z.B. http://www.taz.de/1/archiv/?dig=2014/07/03/a0196