Sehr zufrieden kann die taz gegenwärtig auf ihre Zahlen schauen. Der Zeitungsmarkt schrumpft, die taz wächst:
Abos
Ablesen können wir das zunächst an der hier alles dominierenden Abokurve, die seit etwas über einem Jahr kontinuierlich steigt. Lehman-Pleite, 30-Jahre-taz-Jubiläum und die taz-Rundumerneuerung sind die Stichworte, denen der Erfolg zuzuordnen ist. Konkret materialisiert sich dieser Prozess in 1.408 bezahlten Abonnements, die im Jahresdurchschnitt 2009 gegenüber dem von 2008 dazugekommen sind und sich aktuell auf einem Niveau von 51.286 befinden. Und auch am Kiosk, wo es republikweit besonders schwer ist, etwas für die Verkaufsförderung zu tun, war vor allem die Strategie, am Samstag mit der Sonntaz eine spürbare Verbesserung anzubieten, mit mehr als 20 Prozent Zuwachs besonders erfolgreich.
Die Auflage der monatlichen deutschen Ausgabe der Le Monde Diplomatique steigt ebenfalls unentwegt, vom Themenheft „Afrika“ musste eine 2. Auflage gedruckt werden und vom neuen Atlas der Globalisierung haben wir in den ersten sechs Wochen bereits gut 45.000 Stück verkauft.
Digitale Abos
Im gerade abgelaufenen Monat sind zudem 1.842 sogenannte Digiabos täglich ausgeliefert worden, ein Zuwachs von satten 31 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Mit diesen Abos bieten wir den digitalen Bezug verschiedener Formate der gedruckten taz an, vom ASCII-Format, das sich z.B. besonders für die Konvertierung der taz in Blindenschrift eignet, über PDF-Dokumente, die der gedruckten taz wie ein Ei dem anderen ähneln, bis zum epub-Format für die ultramodernen e-Reader (nur auf dem Kindl von Amazon läuft das nicht!) oder das iPhone. Für dieses Abo berechnen wir mit 10 Euro pro Monat etwa jenen Deckungsbeitrag, der sich aus dem Bezugspreis für das gedruckte Exemplar abzüglich der darin enthaltenen Druck- und Vertriebskosten ergibt. Ob diese Entwicklung ein hilfreicher Beitrag zur aktuellen Paid-Content-Debatte ist?
Genossenschaft und Stiftung
Aber nicht nur bei den Abos und dem Einzelverkauf läuft es so gut. Denn die taz ist doch deutlich mehr als die Zeitung. In diesen Tagen erwartet die taz-Genossenschaft ihr 9.000stes Mitglied. Die taz Panter Stiftung hat parallel mehr als 1,3 Millionen Euro „ewiges“ Stiftungskapital erhalten und damit den Hypothekenkredit vom Rudi-Dutschke-Haus abgelöst, aus den Erträgen den Panter Preis für zivilgesellschaftliches Engagement an Helden des Alltags verliehen und angehende junge JournalistInnen in der taz Akademie fortgebildet.
Das Geschilderte ist die Erfolgswelle, soweit sie sich direkt wirtschaftlich auswirkt. Und tatsächlich wird es wohl sogar reichen, in diesem Jahr ausnahmsweise mal einen kleinen Gewinn zu erzielen. In der taz-Geschichte gab es das schon zwei Mal zuvor: das erste Mal im Jahr 1987, als die Auflage der taz in Folge der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl schneller stieg als die kleine Organisation die Einnahmen wieder ausgeben konnte; und das zweite Mal 1994, als die Einführung des dreistufigen Preissystems fürs taz-Abo, der sogenannte taz-Solidarpakt, eine ungeplante Erhöhung des durchschnittlichen Abopreises zur Folge hatte. Nun ist der derzeitige Erfolg sicher kein Anlass, in Jubelgeschrei auszubrechen, nein, das sicher nicht. Aber ein kurzer Moment der Freude, wenn man nach all den Jahren des hartnäckigen Ringens im Haifischbecken mal Luft schnappen kann, sei doch gestattet. Und wir vergessen es nicht: Die Konkurrenz arbeitet weiter mit unvergleichlich höheren Mitteln!
www.taz.de
Nun gibt es aber einen weiteren Geschäftsbereich, dessen Kennziffern ein noch dynamischeres Profil zeigen: die Internetseite taz.de. Vor gut zwei Jahren noch zeigte sie die reine 1:1 Publikation der taz-Texte, die einmal am Abend der taz-Roboter vornahm. Damals wurde die Seite durchschnittlich knapp 200.000 Mal am Tag aufgerufen (PI’s) und verzeichnete dabei gut 50.000 Besuche (Visits). Dann nahm eine kleine fünfköpfige Online-Redaktion ihre Arbeit auf. Die Internetseite der taz ist mittlerweile in die Ränge der 20 reichweitenstärksten deutschen Nachrichten-websites aufgestiegen und liegt damit zum Beispiel deutlich vor der Seite der Frankfurter Rundschau. Im November 2009 zählt die Interessengemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e.V. (IVW) 12.211.363 PI’s auf taz.de, das sind mit durchschnittlich 407.045 täglich mehr als doppelt so viele wie im November 2007. Die in der Fachwelt derzeit als aussagekräftiger eingeschätzten Visits wuchsen von 1.601.155 im November 2007 auf 3.468.309 im Monat November 2009. Auch dies ergibt mit durchschnittlich 115.610 visits täglich einen Zuwachs von 117 Prozent. Und wer es jetzt ganz aktuell wissen will: PI’s Oktober 2009: 11.778.949, November 2009: 12.211.363, Steigerung 3,67% — und weil der Oktober 31 Tage hatte, der November aber nur 30, ergibt sich im Tagesdurchschnitt sogar eine Steigerung um 7,13%. Und bei den Visits zählen wir im Oktober 2009: 3.426.927, November 2009: 3.468.309, Steigerung 1,21% beziehungsweise 4,58% täglich.
Fazit
Natürlich wissen wir, dass man Visits nicht essen kann. Und PI’s schon gar nicht. Aber die Popularität der Internetseite verstärkt auch die Popularität der taz insgesamt. Sie bringt der taz die Aufmerksamkeit eines weitaus größeren Publikums als es die gedruckte taz allein vermöchte. Und sie bringt den medientypischen Schwung in die Debatten der Lesercommunity. In der Regel folgen die LeserInnen-Kommentare in der Nutzungsstatistik täglich auf Platz 4, hinter der Startseite, dem Tom-Shuffle und den Inland-Politik-Seiten. Im Gegensatz zum vorherrschenden Motiv von Verlagsmanagern sind Popularität und in PI’s oder Visits gemessene Quoten kein Selbstzweck. Sondern sie müssen das Interesse an der Marke taz fördern, an der Genossenschaft, an der einzigartigen publizistischen Leistung der taz-Redaktion. Genau das ist der Zweck des Ganzen.
Andreas Bull ist einer der beiden taz-Geschäftsführer