vonBlogwart 02.01.2013

taz Hausblog

Wie tickt die taz? Das Blog aus der und über die taz mit Einblicken, Kontroversen und aktuellen Entwicklungen.

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Über 30 Jahre wurde die westdeutsche Auflage der taz bei „Caro Druck“ in Frankfurt gedruckt, am 30.12.2012 lief die letzte taz dort aus der Maschine.

Klaus Sutor, seit 1972 Herz und Seele von Caro, erinnert in seinem Rückblick nicht nur an die bewegte Geschichte des Unternehmens und des Druckgewerbes, sondern auch an die der linken Bewegungen und ihrer Zeitungen.

Klaus Sutor an der „Solna“. Foto: Bernd Hartung

„Carola rollt“ titelte die „Bockenheim Tribune“ im März 1996. Carola war die dritte Rollenoffsetmaschine, die bei Caro installiert wurde.Nebenbei: Da wir Herausgeber und Produzent der „Bockenheim Tribune“ und im Übrigen seit jeher jegliche Piraterie aus vollster Überzeugung ablehnten und daher immer auf das Urheberrecht pochten, durfte Franka Potente in ihrem Film nicht als Carola auf einer Vespa rollen, sondern musste als Lola rennen. Ich gebe zu, das ist sicher keine besonders gute Pointe und entspricht auch nicht ganz der Wahrheit, aber ich brauche das, um auf einen bestimmten Umstand hinzuweisen, der aber erst etwas später von Bedeutung sein wird. Doch zunächst zum Anfang. Wie schon gesagt, war Carola die dritte Zeitungsmaschine bei Caro. Doch zu Beginn war Caro keine Zeitungsdruckerei. Begonnen hat es klein, Ende der 60er Jahre als Druckerei Jochen Noth in Heidelberg in der Bahnhofstraße. Wie ihr vielleicht schon vermutet habt, kommt jetzt ein kurzer Grundriss der Geschichte von Caro Druck.

Da ich nicht von Beginn an dabei war, sondern erst ab 1972, kenne ich die Zeit von 1968/69 bis zum 8. Mai 1972 nur vom Hörensagen. Neuere Forschungen könnten darauf schließen lassen, dass der Verlauf doch etwas anders war, als ich ihn darstellen werde. Da die Quellenlage jedoch noch sehr dürftig ist, bleibe ich bei meiner ursprünglichen Darstellung, da sie zudem auch noch einigermaßen schlüssig ist. Aber auch in den nachfolgenden Jahren, könnten mir kleinere Fehler und Verwechslungen unterlaufen, das bitte ich meinem doch etwas nachlassendem Gedächtnis zuzurechnen und damit großzügig zu entschuldigen. Zudem gibt es nachher bestimmt die Gelegenheit den einen oder anderen Fehler zu diskutieren.

Zurück nach Heidelberg, in die Bahnhofstraße. Als maschinelle Ausrüstung gab es wohl eine A3-Maschine vom Typ AB-Dick, eine Maschine mit Hydrocolor-Farbwerk. Dieses wird uns später noch einmal begegnen. Mit dieser Maschine konnte man immerhin bis zu 8.000 Bogen/h drucken. Als weitere Ausrüstung gab es eine Reprokamera und einen Kohlebogen-Kopierrahmen, sowie eine Tischfalzmaschine Multipli. Aufgabe der Druckerei war, die studentischen und die proletarischen Massen mit Information zu versorgen, auf dass der Kampf gegen das Kapital und den bourgeoisen Staat erfolgreich geführt werden könne.

In dieser Zeit waren viele Menschen in Bewegung, vor allem Studenten und Schüler Und wie das dann bei Studenten so ist, sie versuchen – wissenschaftlich korrekt – Sichtweisen der gesellschaftlichen Verhältnisse und deren Fortgang zu entwickeln. Dazu reichten Flugblätter und Demonstrationsaufrufe nicht aus. 1968 erschien die Nummer 1 der Zeitschrift „Forum Academicum“, als Publikation des Heidelberger Allgemeinen Studentenausschusses. In dieser Ausgabe veröffentlichte ein gewisser Hans-Gerhard Schmierer einen Artikel zum Thema „Geschichtswissenschaft und Politik“. Im weiteren Verlauf des Jahres publizierte derselbe Autor Texte zur Notstandsgesetzgebung und den Artikel „Die ideologische Offensive der noch herrschenden Klasse“. Joscha – wie er hauptsächlich genannt wurde – Schmierer war Mitglied in der Heidelberger Gruppe des SDS, des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes, und dieser stellte zu jener Zeit den „AStA“. Ob dieses „Forum Academicum“ bereits bei Caro gedruckt wurde, weiß ich nicht. Im Juli 1969 jedenfalls wurde das „Forum Academicum“ durch Beschluss des Studentenparlaments der Universität umbenannt in „Rotes Forum“. Ab der Nummer 5, die im Oktober 1969 erschien, wurde dieses Organ bei Caro gedruckt. Nun, Caro hieß anfänglich noch nicht Caro, aber dazu später.

Als ich am 08. Mai 1972 bei Caro begann, stand da schon eine Heidelberger KORD 64, maximale Druckgeschwindigkeit 6.000 Bg/h. 64 bedeutet nicht das Baujahr, sondern die Einlaufbreite der Maschine, statt A3, wurden nun A2 Bogen verarbeitet. Eine Steigerung der Produktivität um 50 %. Überhaupt Produktivität: Die klassische Einteilung des Druckgewerbes war Satzherstellung, Umbruch, Druckvorlagenherstellung, Lithographie, dann Druckformherstellung, dann der Druck selbst, sowie nachfolgend die Druckweiterverarbeitung und schließlich die Arbeiten, die das Druckerzeugnis zu dem Kunden brachte, also der Versand. Diese Gliederung kann man heute noch anwenden, auch wenn sich die Begrifflichkeit verändert hat. Als kurzen Einschub: der Offset-Druck war damals noch nicht die beherrschende Drucktechnologie. Vorherrschend war der Hoch-Druck und für Magazine mit hohen Auflagen gab es den Tiefdruck. Doch zurück. Was verbarg sich damals hinter diesen Begriffen an konkreter Tätigkeit?

Heerscharen von Setzerinnen und Setzern tippten auf IBM-Kugelkopfmaschinen endlose Fahnen, die dann fein säuberlich beschnitten und auf Umbruchbogen aufgeklebt, anschließend verfilmt und entwickelt wurden. (rechte vordere Seite, linke hintere Seite, vordere linke Seite, hintere rechte Seite. 2-2 ½ Minuten lang, dann schnell ins Fixierbad, wässern, zum Trocknen an die Wäscheleine, dann Fehlstellen – davon gab es reichlich, denn das Filmmaterial war damals noch nicht sehr gut – also Fehlstellen mit Erdfarbe abdecken, zur Druckform – natürlich negativ – montieren und dann endlich unter der Kohlebogenlampe auf Ozasoldruckplatten von Kalle (Wiesbaden) kopieren und dann noch einfärben. Wenn man Pech hatte, dann brach inmitten der Belichtung der Lichtbogen zwischen den beiden Kohlestiften zusammen, weil sie zu weit abgebrannt waren, und man konnte die Platte wegwerfen. Das Einfärben der Platte war nötig, um die druckende Schicht wasserabweisend zu machen, und gleichzeitig vor mechanischer Abnutzung zu schützen. Blau für Auflagen bis 2000 Drucke, Rot bis zu 5000 Drucke. Die blauroten Hände waren damals das Erkennungsmerkmal für Druckformhersteller im Offsetbereich.

Der Theoriehunger, das heißt, die Nachfrage nach linken politischen und ökonomischen Schriften musste gestillt werden. Diese Schriften waren in der Regel etwas älter und in der Regel nicht erhältlich. Ich erinnere mich noch, dass ich 1966 oder `67 in Ansbach in der Bahnhofsbuchhandlung Sessler eine Fischer Taschenbuchausgabe vom „Kapital“ gefunden habe. Das war es dann aber auch. Die richtigen Schriften waren einfach nicht mehr erhältlich, entweder weil die Planwirtschaft sie nicht im Plan hatte, oder die oberste Meinungsbehörde sie als nicht vertretbar hielt. Bis heute unterbricht und stört die Reihe der blauen Bände in meinem Bücherregal die Paperback-Ausgabe vom MEW Band 3, die „Deutsche Ideologie“. So also entstand der Zwang sich gegen die ureigensten – und damit wären wir beim Urheberrecht – Überzeugungen zu entscheiden, und Drucke zu fertigen, deren Urheberrechte nicht bei uns lagen. Man nennt so etwas unschön Raubdrucke. Und so richtige Raubdrucke waren das natürlich auch nicht. Diese Schriften wurden halt einfach zu der Zeit nicht verlegt, aber es gab eben eine große Nachfrage.

Als ich bei Caro anfing, war die Druckerei bereits umgezogen in größere Räume, in die Lutherstraße in Heidelberg Neuenheim. Neben Flugblättern und Betriebszeitungen wurde eben jene Zeitschrift „Neues Rotes Forum“ gedruckt. Wie kam es vom „Roten Forum“ zum „Neuen“? Nun, wie bereits erwähnt waren die endsechziger Jahre bewegte Jahre, und das baden-württembergische Innenministerium bestätigte dem Heidelberger SDS besondere Bewegungsfähigkeit. Die Bewegungsfähigkeit war so groß, dass das Regierungspräsidium einen Beschluss des Heidelberger Gemeinderates zur Erhöhung der Fahrpreise aussetzen musste.

Im Jahre 1970 wurde die Bewegungsfähigkeit immer größer. Während einer Demonstration, die am Amerika-Haus vorbeiführte, entzündete sich just im selben Moment aus ungeklärten Gründen, ein Bücherregal in besagtem Amerika-Haus. Es entstand ein Schaden von etwa 400 DM. Es gab weitere Demonstrationen, und der Wert der Kollateralschäden wuchs.

Im Juni 1970 fand in Heidelberg eine internationale Entwicklungshilfekonferenz statt, an der auch der Weltbankpräsident Robert McNamara teilnahm. Dieser ist vielleicht noch vielen bekannt als US-Verteidigungsminister. Bei dieser Konferenz sollte auch über den Bau des Cabora-Bassa-Staudammes in Mozambique geredet werden. Der Bau dieses Staudamms wurde von vielen abgelehnt.

So ergab es sich, dass es zu Demonstrationen und zu heftigen Auseinandersetzungen kam. Dies war wohl der letzte Anlass, den das BaWü-Innenministerium brauchte, um eine Verbotsverfügung gegen den Heidelberger SDS zu erlassen, und die „Rädelsführer“ mit Strafverfolgung zu bedrohen. Was hat das jetzt mit Caro zu tun? Ja, genau hier liegt der Ursprung des mystischen Namens „Caro“. Um die Produktionsmittel der Arbeiterklasse vor dem Zugriff des bürgerlichen Staates zu beschützen – und Jochen Noth war einer dieser „Rädelsführer“ – wurde die Druckerei an Personen übergeben, die nicht angreifbar waren. Und unter diesen Personen war eine Redakteurin des Südwestfunks, und deren Vorname war Carola, also Caro. Also nichts mit romantischer Liebe, sondern reiner Pragmatismus. Bis hierher alles Hörensagen, aber aus der glaubwürdigen Quelle des ersten Druckers von Caro.

Dieser beschriebene Pragmatismus zeigte sich auch in anderen Dingen, denn Caro war zu dieser Zeit auf Wirtschaftlichkeit ausgerichtet, also es wurden neben den eigenen Publikationen wie dem neuen Roten Forum, der Juristenzeitschrift „Rote Robe“ – dies hat nichts damit zu tun, dass die Macher der Zeitschrift später Verfassungsrichter werden wollten -, der Zeitung für die Arbeiter, also die Arbeiter-Zeitung hergestellt. Daneben eben Bücher und Broschüren, darunter auch solche, die man als Raubdrucke bezeichnen könnte. Da Caro damals auch schon bundesweit tätig war, fertigten wir ein solches Objekt für die Arbeiterbasisgruppen in München. Ich erinnere mich noch gut – wir waren damals eigentlich nur zu zweieinhalb, also mussten viele der eingangs beschrieben Tätigkeiten in Personalunion ausgeführt werden, also geringe Arbeitsteilung. Also ich erinnere, dass wir nach Fertigstellung des Objekts von einem Genossen seinen wunderbaren Citroen DS Kombi liehen – Ladefläche ca. 2 m mal 1 Meter Zwanzig, ihn beluden, und uns Richtung München aufmachten. An der Geislinger Steige, damals ein beliebtes Staugebiet, schaffte es dieser wunderbare Wagen nicht. Also was tun? Nun, unten die Hälfte der Ladung ausladen und verstecken, hochfahren, die andere Hälfte verstecken, zurück, und naja, muss, ich jetzt nicht weiter ausführen. Die Aufgabe war gelöst und die Ware kam am Abend beim Kunden an.

Aber wir produzierten nicht nur für die Bewegung. Es gab Aufträge durchaus vom sogenannten freien Markt, wie etwa Prospekte für Häuser von der SÜBA, einem Bau- und Immobilien-Unternehmen. Einer dieser freien Aufträge ist mir in besonderer Erinnerung geblieben. Es handelte sich um einen Band mit zeitgenössischer Lyrik. Nachdem alles fertig und versandbereit war, lehnte der Dichter die Annahme des Produkts ab, da ich in meiner Gründlichkeit den verlorenen Punkt am Ende einer Seite als Fehlstelle im Film interpretiert und mit Erdfarbe eliminiert hatte. Dieses Vorgehen war aber in den Augen des Dichters eine komplette Fehlinterpretation, und die Auflage wanderte in die Tonne.

Neben solchen sogenannten „Fertigungsrisiken“ gab es auch damals schon das Risiko des Forderungsausfalls. So produzierte in den letzten Tagen ihres Bestehens das Zentralbüro der Kommunistischen Partei Deutschlands Marxisten/Leninisten die letzte Nummer ihres Zentralorgans „Rote Fahne“. Nach der Produktion und der Entgegennahme des Produkts verabschiedete sich das Zentralbüro mitsamt der zentralen Kasse und reiste, so weit ich mich noch erinnern kann, nach Norwegen.

Nun, auf der politischen Bühne ging es voran. Es hatten sich damals aus den Resten der Studentenbewegung diverse kommunistische Parteien und lokale Zirkel gebildet. Innerhalb der lokalen Zirkel wurde die Frage diskutiert wie sich der Organisierungsprozess der Arbeiterklasse wiederum organisieren ließe. Die Auflage des Neuen Roten Forum stieg, zunächst auf 10.000. Das war für eine KORD zuviel. Also, neue Maschinerie musste her. In eine Heidelberger SORK wurde investiert, als auch in eine neue – gebrauchte- Taschenfalzmaschine von Herzog und Heymann. Ich glaube die hatten wir aus einer Buchbinderei in Esslingen. Nach der Besichtigung dieser Maschine wurde ich noch von Bernd V. an den legendären Ort der Schlacht um die Auslieferung der Bild-Zeitung in Esslingen geführt – war im Übrigen auch ein Punkt in der Verbotsverfügung gegenüber dem Heidelberger SDS.

1973 war dann die Debatte innerhalb und zwischen den Zirkeln soweit fortgeschritten: der Kommunistische Bund Westdeutschland wurde gegründet, und Caro Druck sozusagen als Mitgift der Kommunistischen Gruppe Neues Rotes Forum Mannheim/Heidelberg – schöner langer Name – in diesen Bund eingebracht. Dabei ist anzumerken, dass Caro gesellschaftsrechtlich weiter eigenständig war und nicht einfach in das sogenannte Firmengeflecht des KBW integriert wurde. Neue Aufgaben waren zu bewältigen. Geplant war die Herausgabe einer wöchentlichen Zeitung, die „Kommunistische Volkszeitung“ sowie einer theoretischen Zeitschrift mit dem programmatischen Titel „Kommunismus und Klassenkampf“, kurz “KuK” genannt. Die erste Nummer der KVZ also der Kommunistische Volkszeitung, wurde bei Caro gedruckt. Auflage 25.000 Exemplare, Umfang 16 Seiten.

Der gelernte Drucker rechnet: 8 Durchgänge zu 25.000 Bogen ergibt 200.000 Drucke netto. Auf 60-gramm-Papier bei einer Nettogeschwindigkeit von 6.500 Bogen per Stunde ergibt das eine Netto-Druckzeit von 31 Stunden. Tatsächlich waren es rund 50 Stunden. Und das Zeug musste auch noch gefalzt werden: also 4 mal 25.000 Bogen sind 100.000 Falzbogen, Gott sei dank nur ein Parallel-Bruch. Aber immerhin 24 Stunden Falz-Zeit. Ja, und die Endfertigung? Alle verfügbaren Genossen der studentischen Massenorganisation „Kommunistische Hochschulgruppe“ wurden in den Marstall, der Mensa der Heidelberger Universität, gebeten, und haben dort mit großem Eifer die gefalzten Einzelbogen zusammengetragen und die Zeitung kommissioniert. Es war klar, das würde auf Dauer nicht zu machen sein. Eine Zeitungsdruckerei wurde gesucht und gefunden: Die Wormser Verlagsanstalt. Die druckte im Wesentlichen auf ihrer alten – ich glaube, es war eine VoMag, also Vogtländer Maschinen AG – Schnittmuster für den Burda-Verlag. Es war eine alte Hochdruckmaschine, doppelt breit, doppelter Umfang, 2 Rollenständer mit Gurtbremse. Die Gurtbremse muss man sich so vorstellen: ein breiter Ledergurt hing über die Rolle, beschwert mit einem schweren Stein. Der Eine oder die Andere wird sich vielleicht noch an die sogenannte Arschbremse erinnern, die mehr als ein Arbeitskleidungsstück von mir verschlissen hat, wenn mal eine unserer pneumatischen Bremsen ausgefallen ist. Das war die Erinnerung an die VoMag der Wormser Verlagsanstalt.

Zurück. Nun wurde zu dieser Zeit die Druckform nicht mehr nur aus Blei gefertigt. BASF hatte eine Druckformvariante entwickelt, die Nyloprint hieß. Nur hatte dieses Material seine Tücken. Hatte der Film, der für die Übertragung der Seite auf die Druckform nötig war, nicht die ausreichende Deckung, wurde alles wegbelichtet und im anschließenden Auswaschprozess weggespült, war der Film zu spitz, brach die Schrift, oder die Punkte in den Bildern weg. Hatte der Druckformhersteller auch noch frische Chemie, war alles zu spät. War sie zu alt, ging auch alles in die Hose. Die Älteren bei der TAZ werden sich sicherlich an dieses Verfahren erinnern, denn zumindest in Burgdorf bei Hannover, wo die TAZ gedruckt wurde, bevor sie zu uns kam, wurde noch mit diesem Verfahren gearbeitet. Also jede Ausgabe eine Wundertüte.

1972 bereits befassten wir uns mit eventuellen Veränderungen der technischen Ausrüstung. Auf der Drupa 1972 standen wir staunend vor Geräten, die einen Bildschirm hatten, auf dem man eine Zeile sehen konnte, und die direkt auf Fotopapier oder auf Film belichten konnte. In Wikipedia steht, dass das Highlight dieser Messe der Kleinoffsetdruck bis zu 8000 Bg/h war. Nein, das hatten wir schon! Das Highlight war der Durchbruch des Fotosatzes.

Kurz zum Staunen: Keiner der damals bei Caro beschäftigten Menschen hatte eine Ausbildung im grafischen Gewerbe. Es waren alles Studenten und auch ein Schüler war darunter, und alle Fertigkeiten wurden sich im Selbststudium und durch Versuch und Irrtum angeeignet, etwas, was sich in der Geschichte von Caro in gewisser Weise immer irgendwie tradiert hat.

Also es sollte investiert werden. Den genauen Ablauf kann ich nicht mehr genau erinnern, also ich weiß nicht mehr genau wann wir die gemütlichen Räume in der Heidelberger Lutherstraße verließen, um nach Plankstadt, einem Ort zwischen Heidelberg und Mannheim, in die leere Halle eines klammen Bauunternehmers zu ziehen. Für ein Fundament wurde in Eigenarbeit eine Grube ausgehoben, ca. 1m 50 tief. Dunkelkammer, Kopierbereich und Satzbereich wurden durch Rigips-Wände abgetrennt.

Der Satzbereich könnte meiner dunklen Erinnerung nach durch eine feste Wand abgetrennt gewesen sein. Zunächst wurde die komplette Druckvorstufe erneuert: Fotosatzmaschine VIP von Linotype, die auf Fotosatzpapier Spalten am Meter belichten konnte. Die Eingabegeräte waren burgunderrot und hatten kleine, niedliche Bildschirme, Schwarzer Hintergrund mit grüner Schrift, und ich denke man konnte darauf bestimmt 10 Zeilen auf einmal sehen. Im Dunkelkammerbereich löste eine Vertikalkamera die Kompaktkamera aus der Lutherstraße ab. Maximales Aufnahmeformat DIN A2+. Dieses Gerät stand auch noch in der Mainzer Landstraße. Im Kopierbereich ein neuer Kopierrahmen mit Quecksilberleuchte von Theimer, sowie neue Leuchttische und Ablageschränke. Alles ausgelegt auf A1, und zu guter Letzt eine Rollenoffsetmaschine vom Typ Albert Frankenthal ROF 1.1 mit 2 Druckeinheiten und Falzapparat. Eine solche Maschine stand auch bei der Druckerei Gschwilm in Bad Vilbel, aber auch in Pinneberg bei Beig. Das nur für die anwesenden Tazler. Wir waren also bereit, den Druck des wichtigsten Organs der Arbeiterklasse, die KVZ wieder in die eigenen Hände zu nehmen.

Ach, es war natürlich nicht alles rechtzeitig fertig geworden, und so zogen wir auf eine Baustelle. Die Druckauflage der KVZ lag damals um die 70.000 Exemplare. Böse Zungen behaupten ja, dass durch diese Auflagenhöhe auch die Einstiegshöhe in die Betten der Zeitungsverkäufer gewaltig nach oben getrieben worden wäre. Aber wie gesagt: böse Zungen.

Neben der Zeitung wurden auf der Rotation auch Broschüren gedruckt, als A3 ausgelegt. Unser Einstieg in die Druckverarbeitung. Bis dato hatten wir alle Weiterverarbeitung in Heidelberg am Schlossberg in der Universitätsbuchbinder fertigen lassen. Klebebindungen wurden dort auch weiter gemacht, aber die Drahtheftungen übernahmen wir nun selbst. Und machten damit auch Erfahrung mit der Planwirtschaft. Qualität aus dem Osten wurde eingekauft: eine Brehmer Falzmaschine mit Rundstapelanleger und eine Brehmer Sammelheftmaschine mit Handanlage und ich glaube es waren 6 Stationen. Wieso Erfahrung mit der Planwirtschaft? Nun, im Bau grafischer Maschinen war die DDR sicher mit einer der Marktführer. Aber diese Marktführerschaft ging immer mehr verloren, nicht weil die Maschinen schlecht waren, sondern die Ersatz- und Verschleißteilversorgung nicht gesichert war, und so die Maschinen immer anfälliger wurden. Mir hat ein Vertreter der hiesigen Niederlassung einmal gesagt, als ich Treiber und Messer für die Heftköpfe bestellen wollte: Ja, das ist halt so, Treiber und Messer sind erst wieder im nächsten Quartal im Plan.

Letztlich versuchte Papyrus, so hieß die Vertretung, diese Verschleißteile im Westen auf eigene Rechnung zu fertigen. Das ging aber auch schief, weil die Genauigkeiten nicht gestimmt haben und so der eine oder andere Heftkopf so beschädigt wurde, dass man ihn entsorgen musste. Im KBW hatte sich inzwischen die Meinung gebildet, dass aufgrund der Verschärfung des Klassenkampfes es unbedingt notwendig wäre, der Bourgeoisie direkt entgegenzutreten, also sie in ihrem Zentrum zu stellen, also in ihre Metropole zu gehen, und das war Frankfurt. Es wurden verschiedene Objekte geprüft. Eines davon direkt gegenüber der FAZ, das Gebäude von Schulz und Souard. Der Zuständige im Ständigen Ausschuss des Zentralen Komitees malte sich aus, wie schön es doch wäre, direkt gegenüber der gegnerischen reaktionären Presse in einem Schaufenster die Rotation der Arbeiterklasse produzieren zu lassen. Daraus wurde nichts. Aber einige Meter ostwärts gab es das alte LiBri-Haus, das zum Verkauf stand und es wurde dann auch gekauft. Die Planungen für den Umzug liefen an. Firmen wurden bestellt und Termine abgesprochen. Auch gab es Überlegungen, im Zuge des Umzugs, die Maschine durch eine größere Maschine zu ersetzen. Da die Geldmittel allerdings knapp waren, konzentrierte sich die Suche auf Gebrauchtmaschinen. So kam ich zu einem meiner ersten Auslandsaufenthalt für einen Tag. Ich sollte mir eine Solna-Commercial, also eine Akzidenzdruckmaschine in Whithstable ansehen. Vergeudete Zeit. Eine andere Maschine stand in Limburg bei Pallotiner-Druck. Die Maschine stand mitten im Kloster.

Es handelte sich um die meines Wissens einzige Rollenmaschine die Roland, also noch Faber und Schleicher, je gebaut hat. Auch das, war eine Akzidenzmaschine, aber von so einer Größe, dass sie nicht in die vorgesehenen Räumlichkeiten gepasst hätte. Pläne wurden geschmiedet, dass man ja auch aus zwei Stockwerken durch Entfernen der Zwischendecke ja auch eines machen könnte. Doch dann kam alles ganz anders. An einem Abend bekam ich einen Anruf, dass ich dringend nach Mannheim in die Zentrale kommen müsse. Dort wurde mir mitgeteilt, dass der Umzug nach Frankfurt unverzüglich stattfinden müsse, um die Reaktion zu überraschen und ihr jegliche Möglichkeit aus den Händen zu schlagen, unseren Plan zu verhindern.

Mein Einwand, dass wir Gefahr laufen, durch unsachgemäße Demontage und Remontage, Schäden anrichten könnten, wurde zunächst einfach weggewischt. Aber meine politische Einstellung war sowieso suspekt, da ich als ein latenter Rechtsabweichler eingeschätzt wurde. Nun, so kam es, dass nur Satz und Repro nach Frankfurt umgezogen sind, Druckformherstellung und Druck zunächst in Plankstadt verblieben. Für deren späteren Umzug nach Frankfurt wurde dann ein professionelles Transportunternehmen beauftragt, die Rollenmaschine wurde von einem Monteur von Albert ab- und wieder aufgebaut.

Das Proletariat begrüßte diese Aktion. Man konnte das daran sehen, dass die Leute der Firma Fels/Eppelheim, damals Hausspediteur der Heidelberger Druckmaschinen AG, ihre Gabelstapler mit roten Fahnen schmückten und so freudig über die Ladestraße hinter dem Haus herumfuhren. Ach, und es war ja klar, dass nicht alles fertig geworden war, und so zogen wir auf eine Baustelle.

Nun, in Frankfurt wurde Caro langsam in den Apparat integriert. Das zeigte sich schon in der Preisgestaltung. Der Preis für die Publikationen wurde nicht mehr wirtschaftlich kalkuliert, sondern man musste solange rechnen, bis der Preis passte, also musste auch nicht mehr gerechnet werden. Auch im Materialeinsatz gab es keine Hemmungen. Zum Beispiel sollten auf der Rotation kurzfristig Plakate 3-farbig gedruckt werden auf 80 Gramm-Papier in hoher Auflage. 3-farbig war kein Problem, da das DiLitho-Verfahren bekannt und auch schon getestet war. Dieses Verfahren haben wir im Übrigen auch zunächst beim Druck der Le Monde angewandt. Das Papier war das Problem. Kurzfristig war nur ein Rollendurchmesser von 125 cm zu erhalten. Die Maschine war aber nur für einen Rollendurchmesser von 100 cm ausgelegt. Also wurden die Rollen mit einer Kettensäge auf den richtigen Durchmesser gebracht. Holz mit einer Kettensäge zu bearbeiten geht ganz gut. Wer aber glaubt, dass Papier, eigentlich auch aus Holz hergestellt, sich genau gleich verhält, täuscht sich. Es ist mühevoll. Der Versuch, das abgeschnittene Papier zu Bogenware zu verarbeiten, war ebenso mühevoll und die Abfallmenge an ungenutztem Papier war immens.

In dieser Periode stieg Caro auch in die Buchproduktion ein. Ernst E. kam aus dem grafischen Gewerbe, und hatte die Vorstellung, dass auch die Propaganda eine ansprechende Form haben müsse. So kam die Idee in Fadenheftung und englische Broschur einzusteigen. Eine Brehmer Fadenheftmaschine wurde gekauft und eine Umschlageinhänge-Maschine. So lernte ich dann Bücher zu nähen, was ich zugeben muss, mir einigermaßen Spaß gemacht hat. Der Output war jedoch gering, vor allem gab es Engpässe an der Einhänge-Maschine. Die Einstellung dieser Maschine war sehr empfindlich und die Fehlerquote demnach einfach zu hoch.

In diese Zeit fiel auch dann die Herstellung eigener Farbsätze. Bislang hatten wir solche Sachen fremd vergeben. Anlass war der Film von Joachim Fest über Hitler. Dieser Film sollte in einer Broschüre kritisiert werden. Da das aber alles immer im Verborgenen geschehen sollte, war eine Fremdvergabe für den Titel untersagt. Nach Studium diverser Literatur und der für diesen Vorgang nötigen Utensilien ging es los. Ich weiß nicht mehr genau, welches Maskierverfahren ich angewendet habe, aber nach einem Tag und einer Nacht hatte ich fertige Farbauszüge, und im Druck war das dann auch noch bunt! Ob die Farben dem Original entsprochen haben, entzieht sich gnädigerweise meiner Erinnerung.

In dieser Zeit begann aber auch ein Versuch, Caro zu liquidieren. Die Gliederung der KVZ, die in 3 Regionalausgaben erschien, sollte umgestellt werden auf Bezirksausgaben. Grund war wohl, dass der Absatz nicht mehr gut war und durch Regionalisierung der Nutzen für den Leser erhöht werden sollte. Wie das im Einzelnen war, kann ich mich nicht mehr genau erinnern, ist auch nicht so wesentlich. Wesentlich ist, dass an verschiedenen Orten, Rolle-Zu-Bogen-Maschinen aufgestellt wurden. Ich denke es waren insgesamt 11 oder 12 Maschinen vom Typ Rotagazette. Diese hatten Hydrocolor-Farbwerke, das kannten wir ja schon, sie druckten Gummi gegen Gummi, das kannten wir auch schon und sie hatten ein Eindruckwerk, für eine Schmuckfarbe. Man konnte entweder 2/1-farbig drucken oder auch wieder DiLitho 3/0-farbig. Der Kauf dieser Maschinen hat mit Sicherheit den bevorstehenden Bankrott der Firma Rotaprint hinausgezögert. Caro wurde jetzt zum Ausbildungsbetrieb. Für die dezentralen Druckereien wurden Leute akquiriert, und die kamen nach Frankfurt, um die notwendigen Fertigkeiten für die Herstellung vor Ort zu erlernen. Aber nicht nur die. Es gab den Plan, der Befreiungsbewegung in Zimbabwe nach der erfolgreichen Unterstützung durch Kauf von Mitteln zur Erhöhung der Beweglichkeit, also Fahrzeugen, Landrover, Scania-LKWs, auch an der Informationsfront zu helfen. Es sollte eine Druckerei nach Maputo in Mozambique, dem damaligen Sitz der Führung der Zanu geliefert werden. Dazu natürlich auch das notwendige Know-how. Also wurden Mitglieder der Zanu nach Frankfurt gebracht, und sollten da die notwendigen Kenntnisse erwerben. Das war nicht ganz so einfach, da die beiden immer wieder heftiges Heimweh verspürten, und dieses Heimweh nur mit viel Whisky in den Griff bekamen. Zusätzlich sollten noch Personen mitgehen, die ebenfalls über diese Fähigkeiten und Fertigkeiten verfügen sollten, und so kam es, dass ich einem Physiker das Drucken auf einer KORD beibringen musste, und eine Mathematikerin in die Geheimnisse der Reprofotografie und Druckformherstellung eingeführt wurde.

Nach dieser Ausbildungsperiode wurde Caro personell langsam entleert. Die alte ROF war bereits vor einiger Zeit verkauft worden. Zu bestimmten Zeiten waren wir nur noch 2, vielleicht auch 3 Personen. Dieser Spuk dauerte bis 1980. Dann wurde klar Schiff gemacht, und der Teil des KBW, der diese Entwicklung eingeleitet hatte, verabschiedete sich, nicht ohne die eine oder andere Maschine mitgehen zu lassen. Die Pläne änderten sich, und der Druck sollte wieder zentral stattfinden. Eine neuerliche Investition stand an. Zur Auswahl standen 2 Maschinen: Solna D 25 oder Albert-Frankental A-200. Nach meinen Erfahrungen mit Albert-Frankenthal wollte ich eine A 200. Doch die Entscheidung fiel aus Gründen der Finanzierung auf die Solna. Auf meine Erfahrungen mit der schwedischen Mentalität, die ich während eines einwöchigen Kurses in Sollentuna gemacht habe, möchte ich jetzt nicht eingehen. Auf jeden Fall kam dann diese Maschine. 3 Druckeinheiten 1+1. Der Druck war wieder zentral, und das Personal nahm langsam wieder zu. Bestimmte Umstände veranlassten mich im Jahr 1981 eine ca. 6-Wöchige Auszeit zu nehmen. Deshalb steht in meiner Personalakte als Eintrittsdatum nicht der 8. Mai 1972, sondern 1981. Bereits vor meiner Auszeit begann der Versuch, Caro wieder auf die Beine zu bringen, und die Wirtschaftlichkeit in den Vordergrund zu stellen.

Nun ging es auf die Suche nach Aufträgen auch von außerhalb. Aber auch im Binnenverhältnis gab es noch immer genug zu tun, denn der Sendler-Verlag existierte weiter und veröffentlichte eine Reihe an Bücher. Buchproduktion hat seine bestimmte Hochzeit, nämlich die alljährlich stattfindende Buchmesse. Das waren immer arbeitsintensive Wochen. 1984 investierten wir in diese Buch-Produktion und nahmen die Heidelberger Speedmaster in Betrieb. Das bedeutete die Vervierfachung der Produktionsleistung. In diese Zeit fiel meiner Erinnerung nach auch der Kauf der ersten Plattenentwicklungsmaschine. In Heidelberg und in Plankstadt wurden anfänglich die Druckplatten noch von Hand entwickelt: nach der Belichtung Chemie auf die Platte gießen, dann mit einem Schwamm – Entwicklungspads gab es damals noch nicht – mit kreisförmigen Bewegungen langsam die nichtdruckende Schicht von der Platte lösen, anschließend spülen und dann eine Gummierschicht auftragen. Hatte man zulange gewischt, ging auch die druckende Schicht mit in den Abfluss, wollte man vorsichtig sein, druckten auch die nichtdruckenden Stellen der Platte. Das alles sah man dann erst im Druck. Entweder nahm man das in Kauf, und man kann das an vielen frühen Produkten sehen, bei denen mit einem leichten Grauschleier das grelle Papierweiß getönt wurde, oder aber es gab leichte Fehlstellen, bis hin zur Unleserlichkeit. Das waren allerdings seltene Ausnahmen. Auch die Platten selbst zu beschichten, war damals noch üblich. Wir hatten ein solches Gerät in Heidelberg und noch in Plankstadt. Das waren zwei angetriebene Gummiwalzen, die untere lief in einer Wanne, in der sich die Schichtemulsion befand. Und zwischen diese zwei Walzen schob man das Aluminium-Rohstück. Waren die Walzen nicht genau justiert, war das Ergebnis unbrauchbar, hatte irgendjemand die unbeschichtete Platte mit seinen Fingern im Druckbereich berührt, wurde der Fingerabdruck dann im Endprodukt sichtbar. Doch zurück zur Buchproduktion. Dank erfolgreicher Verkäufer, konnten wir unseren Marktanteil immer weiter ausbauen. Dies führte dazu, dass Dr. Kierzeg, der Eigner der Fuldaer Verlagsanstalt, damals ein führendes Unternehmen in der Buch-Herstellung uns besuchte, um zu sehen, ob wir ein ernsthafter Konkurrent sein könnten. Insgeheim hatten wir natürlich das Ziel, so etwas zu werden. Das kann man auch an der Personal-Entwicklung sehen, denn zeitweise waren wir ungefähr 50 Beschäftigte. Das waren dann natürlich nicht mehr un- und angelernte Leute, sondern Leute vom Fach. In der Regel aber noch ohne große Berufserfahrung. Es gab in Hanau-Steinheim ein Nest, aus dem viele dieser Kücken unter unsere Fittiche schlüpften. Also Selbststudium und Versuch und Irrtum auf einer höheren Ebene.

Buch-Produktion ist eigentlich ein Saisongeschäft. Die Hochzeit war immer vor der Frankfurter Buchmesse. Alle Verlage wollen natürlich ihre Neuerscheinungen da präsentieren. Aber sie rechnen natürlich nicht damit, dass sie ihre selbst gesetzten Ziele erreichen, sprich die Abgabetermine nicht einhalten können. In keinster Weise können sie jedoch akzeptieren, dass dann auch noch die Widrigkeiten des Produktionsprozesses, die erfolgreiche Präsentation ihres Produktes verhindern könnte. Das führte dann im schlimmsten Fall dazu, dass sogenannte Blindbände produziert werden mussten. Jeder, der auf der Buchmesse war, kennt diese: ein schön gebundenes Buch mit Schutzumschlag, dessen Inhalt jedoch ausreichend Platz für Notizen bot. Aber selbst die Erstellung solcher Blindbände stand manchmal vor dem Scheitern. Ich erinnere mich noch sehr gut, dass der Umschlag für das im Sendler-Verlag erschienene Buch von Werner Bätzing über die Alpen einfach nicht trocknen wollte. Also griff ich zur Heißluft-Methode, will heißen, ich habe die einzelnen Umschlagbogen in den Backofen gelegt und gebacken. Das Ergebnis war, dass der Umschlag jetzt trocken war und verarbeitet werden konnte, aber durch die Welligkeit sah das Endprodukt nicht sonderlich gut aus. Vielleicht hätte ich eine niedrigere Backtemperatur wählen sollen. Unter den Büchern, die wir produzierten, waren viele, die doch sehr anspruchsvoll waren, und eigentlich wollten wir das auch. Aber das führte regelmäßig zu richtigen Zusammenbruchserscheinungen bei den Beteiligten. Weinkrämpfe und Geschrei waren nicht die Ausnahme. Da entwickelten wir die Kultur der Selbstbelohnung. Das geschah nicht in Form von Geldzuwendungen, sondern wir belohnten uns durch ein Fest, dem Buchmessen-Fest. Das erste Fest fand statt in der Maaschanz, einem Restaurant in Sachsenhausen. Da waren wir unter uns und aßen und tranken reichlich. Das nächste Fest war, soweit ich mich noch erinnern kann, in der Brotfabrik, auch noch intern. Dann jedoch sprach es sich herum, und auch Kunden und Freunde kamen zu diesem Fest und so langsam entwickelte es sich zu einem Geheimtipp, von dem heute noch der eine oder die andere schwärmt. Ein weiteres Ritual wurde damals eingeführt: Ich ging jedes Jahr am ersten Buchmessentag zum Friseur, und ließ mir die Haare schneiden. Dieses Ritual hat sich länger erhalten als das Buchmessenfest, wenn auch in der Form, dass ich nach dem Haareschneiden bis vor kurzem darauf hingewiesen wurde, das doch nicht Buchmesse wäre. Nun gab es auch materielle Verluste bei dieser Buchproduktion, was bei den Bedingungen nicht ungewöhnlich ist. So kann ich mich erinnern, dass ein Buch eines Freiburger Verlages über Rückenschmerzen nicht abgenommen wurde, da auf dem Titel stand „Rückenscherzen“. Keiner hat es gesehen. Dieser Verlag ging später in die Insolvenz, mit der Folge von Forderungsabschreibungen. Die Zahlungsmoral der Verlage war ziemlich schlecht, zudem verlangten sie Zahlungsziele von 90 Tagen und mehr, sodass wir uns später aus diesem Markt langsam zurückgezogen haben.

Aber auch in dem anderen Segment unseres Produktportofolios waren wir nicht untätig geblieben. So inserierte ich im Deutschen Drucker, dass eine Rollendruckerei im Frankfurter Raum noch die eine oder andere kleine Kapazität frei hätte. Tatsächlich war es zu jener Zeit so, dass wir eigentlich nur die KVZ druckten, und die Auflage war verschwindend gering. So kam es, dass der erste Kunde aus dem kommerziellen Werbezeitungsmark zu uns kam. Ich kann das Jahr nicht mehr genau sagen, aber es muss wohl um 1982 gewesen sein. Diese Zeitung hatte 8-16 Seiten Berliner Format, schwarz einfach mit einer Schmuckfarbe auf der Titelseite. Auflage am Anfang 12.000 Exemplare. Dieser Kunde wuchs im Verlauf der Jahre und wurde zum zweitgrößten Kunden nach der Taz, leider.

Nun, aber auch Andere wurden auf uns aufmerksam. Ich weiß heute nicht mehr genau, wie die Zusammenarbeit eingefädelt wurde, weiß nur noch, dass ich mit Gisel, Daniel Cohn-Bendit und den Druckerinnen des Druckladens zusammen saßen, und Cohn-Bendit dann sagte, Caro macht den Inhalt, der Druckladen den Umschlag. Und so war es dann auch. Natürlich gab es damals in den damals noch zahlreichen selbstverwalteten Druckereien Vorbehalte, und auch die Befürchtung, dass das Schwarze Loch Caro alles in sich aufsaugen könnte. Und natürlich ergab das eine Sogwirkung. Zeitschriften wie „Päd-Extra“ und „Sozial-Extra“ kamen zu uns. In Zusammenhang mit diesen beiden Zeitschriften hatten wir zuerst Kontakt mit Christoph S., der später bei der Entwicklung der TAZ-NRW noch eine Rolle spielen wird.

TAZ

Wann die ersten Kontakte mit der TAZ waren, kann ich mich nicht mehr genau erinnern, aber irgendwann fuhr ich mit Jürgen nach Hannover und besprachen dort Details für eine Zusammenarbeit. Anschließend fuhren wir nach Burgdorf, um uns die TAZ-Produktion anzusehen. Daher weiß ich übrigens das mit dem Nyloprint. Neue Maschinerie musste her: eine Adressiermaschine und eine Veränderung der Rotationsauslage. Bis dahin mussten die Produkte von Hand aus dem Schuppenstrom abgenommen werden. Zwar gab es eine Trenneinrichtung, die jedes 25. Produkt leicht schräg legte, aber das war doch zu ungenau.

So wurde die Auslage verändert und ein sogenannter Paketausleger installiert. Der hatte einen Zählkopf und nach 25 Exemplaren schob eine Stange das Zeitungsbündel aus. Natürlich war dieses Gerät nicht unfehlbar, und es kam zu Staus, die, wenn sie aufgelöst wurden, einen heftigen Knall erzeugten. Dies war der Lieblingsarbeitsplatz von Volker A., wahrscheinlich deshalb, weil er keine Angst vor diesem Knall hatte. Relativ bald wurde dieses Gerät durch einen richtigen Kreuzleger ersetzt, der heute noch hier bewundert werden kann. 1982 war es dann soweit: die erste TAZ wurde produziert. Nun die Produktion der TAZ stellte neue Herausforderungen. Vor allem arbeitskräftemäßig. Heerscharen von Studentinnen und Studenten wurden angeheuert, um den Versand der TAZ zu bewerkstelligen. Ein sehr großer Teil der Auflage ging, da ja die TAZ bis heute noch im Wesentlichen eine Abonnements-Zeitung ist, über die Post an den Kunden. Das wurde aber damals noch über Postzüge organisiert, und unser Standort in der Nähe des Bahnhofs war ideal. Die Zeitungen wurden also adressiert, zu Bunden zusammengefasst, dann verbeutelt – ja, das ist der richtige Begriff, wie mir ein Post-Instrukteur einmal erklärte, und es heißt nicht Postsack, sondern Postbeutel, und nicht Sackschließe, sondern Beutelschließe. Zurück zur TAZ. Die Zeitungen wurden adressiert. Wir hatten dafür in eine Adressiermaschine investiert, die Papieretiketten auf die Zeitungen aufklebte. Wenn dann die Postbeutel für bestimmte Regionen fertig waren, wurden sie von Fahrern, ich glaube das waren damals vor allem Leute von Magazintrans, zu den bereitstehenden Postzügen im Hauptbahnhof gefahren, und dort hoffentlich auf die richtigen Richtungswagen aufgeliefert. Insgesamt waren in dem Versandablauf bis zu 14 Arbeitskräfte tätig, unter anderem auch deshalb, weil wir die Zeitungsbunde damals liebevoll mit Packpapier umhüllten, damit das wertvolle Leseprodukt beim Transport nicht beschädigt werden konnte. Bei einem Besuch in Pinneberg bei Beig sah ich dann, dass die ganz anders vorgingen. Keine liebevolle Umhüllung, sondern einfach mit Bündelschnur umreift und ab in den Sack, Entschuldigung, Beutel. Das spart natürlich Zeit, und damit den einen oder anderen Heizer auf der E-Lok. Die Geschichte von Maggie Thatcher und den englischen Gewerkschaften, mit Konsequenzen für die englische Heizergewerkschaft will ich jetzt nicht erzählen, die meisten kennen sie sowieso, und eigentlich fand sie glaube ich niemand sonderlich lustig, wahrscheinlich deshalb, weil man sich selbst nicht gern als Heizer sieht. Also dachte ich mir, das könnten wir auch so machen und sah schon die großen Beträge, die das Betriebsergebnis verbessern würden. Dieses Verfahren, auch Hamburger Methode genannt, die Tätigkeit als „Hamburgern“ bezeichnet, wurde von den Packern, so nannten sich die Beschäftigten im Versandbereich, auf das Schärfste zurückgewiesen. Viel später, ich glaube es war irgendwann in der Vorweihnachtszeit, in der es krankheitsbedingt immer personelle Ausfälle gibt, die nicht auszugleichen sind, ließ sich Dieter dazu hinreißen und rief „Ich hamburgere jetzt“. Und so geschah es. „Hamburgern“ wurde zum Standard, an der Personalbesetzung aber hat sich nichts geändert.

Die TAZ erschien damals an 5 Tagen in der Woche und hatte einen Umfang von 12-16 Seiten, schwarz einfach mit Schmuckfarbe Rot, ich glaube damals HKS 15 Z, auf dem Titel. Die Samstags-Ausgabe hatte 20-24 Seiten. Da wir damals nur 3 Druckeinheiten 1+1 hatten, musste die Schmuckfarbe entfallen. Also erschien eine Zeit lang die TAZ am Wochenende im Süden und im Westen der Republik mit Schwarzem Titelkopf. Das war natürlich auf Dauer nicht haltbar, und so musste die Maschine erweitert werden um eine neue Druckeinheit 2+1. Ich glaube es war auf der Drupa 1986, als wir den Kauf abschlossen.

Ab diesem Zeitpunkt kamen auch die Leser im Süden und im Westen in den Genuss einer richtigen TAZ am Wochenende. Einschub: Einige werden sich verwundern, dass ich so wenig über die Entwicklung im Satzbereich sage. Das liegt daran, dass meine Erinnerungen so vage sind, dass ich nur Wirrwarr erzeugen würde. Zudem war es zu der Zeit auch so, dass Satzbereich und der Rest räumlich in anderen Welten waren: der Satz im Himmel von Frankfurt, also im 4.Stock der Mainzer Landstraße und der Rest im Keller. Der Name der ersten Caro-Band war übrigens dank Johannes „Die Kellerkinder“.

Nun, beim Satz bin ich zurückhaltend, aber über die Druckvorlagenherstellung der TAZ kann ich doch einiges sagen. Die Daten für die Zeitung kamen per Fernübertragung aus Berlin. Auf Fahnen ausbelichtet, zurechtgeschnitten und mit Klebestift bearbeitet zu Seiten zusammengefügt. Die Bilder kamen per Luftfracht aus Berlin, und wehe es gab da Verspätung. Zusammengefügt wurde das Ganze nach einem Layoutplan, der per Fax von Berlin geschickt wurde. Nun waren all die elektronischen Übertragungswege sowie die Sende- und Empfangsgeräte bei weitem nicht so sicher wie heute. Und so kam es das eine oder andere Mal vor, dass der Zeitungsinhalt per Fax übertragen und so mit dem gefaxten Material die Seite layoutet werden musste. Die Qualität der damaligen Fax-Geräte war aber so schlecht, dass man dem Endprodukt diesen Notzustand von weitem ansah. Aber Notsituationen, die von außen kamen gab es auch. So erinnere ich mich an eine Delegation von Loni Mahleins Truppen, also der damals noch sehr starken IG Druck, die verlangte, den Druck einzustellen. Es waren ja Leute vom Fach, die wussten, wie man einen Falzapparat mittels eines Holzkeils zum stehen bringen konnte. Man muss dazu wissen, dass Sicherheitseinrichtungen an den damaligen Maschinen Mangelware waren, und auf die heute übliche Kapselung, die jegliche Virtuosität in der Bedienung der Maschine verhindert, gab es gar nicht. Nach langen und zum Teil heftigen Diskussionen mit Gewaltandrohung war es aber dann doch möglich, die streikenden Kollegen davon zu überzeugen, dass das Erscheinen der linken Tageszeitung ihre Sache nur voranbringen könnte. Eine weitere Situation entstand, als eine Unterstützergruppe der Gefangenen der RAF die Räume der TAZ in der Mainzer Landstraße besetzten, und versuchten ihre Inhalte in die Zeitung zu bringen, und sie drohten Produktion und Auslieferung der Zeitung zu verhindern. Ich weiß noch wie Heinrich den Besetzern mit einem großen Schraubenschlüssel, mit dem die Spindeln in den Rollen festgezogen wurden, anzeigte, wie er solche Versuche zu verhindern wüsste. Ich glaube, dass die Zeitung also doch jeden Tag erschien. Das Haus wurde dann durch eine große Versammlung der fortschrittlichen Kräfte Frankfurts durch demokratischen Beschluss dann „entsetzt“. Eine weitere kleine Begebenheit an die sich meine Tochter, damals 8 Jahre alt, noch heute sehr gut erinnert, war im Januar 1988. Eine Abordnung der Staatsmacht durchsuchte den Betrieb und meine Privatwohnung. Im Anschluss daran sahen wir uns genötigt, einen Brief an unsere Buchverlagskunden mit einer Gegendarstellung zu versenden, denn der Durchsuchungsgrund war der Verdacht des Raubdrucks. Wie absurd! Die Erinnerung meiner Tochter rührt daher, dass sie am nächsten Tag in der Schule keine Hausaufgaben hatte, weil die Staatsmacht so gewütet hätte. Dieser Grund wurde ihr zwar abgenommen, aber doch mit dem Gesichtsausdruck der Lehrer und Schüler: was ist das für ein Milieu in dem dieses Kind aufwachsen muss. Ob allerdings die Staatsmacht wirklich schuld war an den fehlenden Hausaufgaben?

Natürlich gab es auch mal Probleme mit der Maschine. Eines Tages stand sie und wollte einfach nicht mehr. Techniker aus Schweden wurden eingeflogen. Trotzdem war zunächst nichts zu machen. Wir karrten Platten und Papier nach Geisenheim und konnten dort auf einer baugleichen Maschine die Zeitung drucken. Ich glaube, das ging 2 Tage so. Dann fuhren die Schweden nach erfolglos abgeschlossener Arbeit wieder ab, und ließen uns mit einer bewegungslosen Maschine zurück. Zu der Zeit gab es einen sehr pfiffigen Elektriker, ich weiß nicht mehr, ob die Firma damals schon „als druff“ hieß. Dieser Mensch setzte sich vor den Schaltschrank und prüfte penibel alles durch. Und auf einmal: die Maschine gab wieder Töne von sich, und ließ sich auch wieder bewegen zu drucken. Ein loser Kontakt war die Ursache. Und das kurz nach der Abreise der schwedischen Techniker. Die Produktion konnte wieder aufgenommen werden.

In dieser Zeit hat sich unser Kundenstamm ausgeweitet. Zeitschriften wie „Strandgut“ und „Schrot & Korn“, eine Zeitschrift, die heute noch in Bioläden ausliegt, wurden bei uns gedruckt. Und damit zog auch die Farbe bei uns ein. Farbe darf man sich nicht so vorstellen wie heute, also Farbseparation am PC, 4 Filme, 4 Platten und dann CMYK. Nein: alle Vorlagen waren Papiervorlagen, auf denen auf einem darüberliegenden Blatt angezeichnet war, welches Element in welcher Schmuckfarbe zu erscheinen hatte. Das bedeutete auf Maskierfilm sogenannte Decker oder Freisteller zu schneiden um dann durch Kopie der aufgelegten Decker die Endfilme zu erstellen. Dieses Verfahren haben wir schon früher gelernt, denn bei Kühl erschien einmal ein Buch, das unter dem Arbeitstitel „Imperialismusbuch“ bei uns lief. In diesem Buch, waren massenhaft Landkarten in Farbe, um dem Leser die Entwicklung der imperialistischen Mächte deutlich vor Augen zu führen. Dies war eine Arbeits- und Materialschlacht ohne Gleichen. Tage- und nächtelang saßen wir vor den Leuchttischen und versuchten, den verschiedenen Ländern die richtige Farbe zu verpassen. Damals habe ich im Übrigen beschlossen, nie wieder auf Landkartenpapier zu drucken. Diese Karten sollten auf diesem doch sehr teuren Papier gedruckt werden, doch nach dem 8-ten Durchgang auf unserer SORK, konnte man die Druckbogen en Block entsorgen, was sehr mühevoll war, was jeder verstehen kann der weiß wie viel Gewicht 4.000 Bogen 135 Gramm A2 haben.

Nun bin ich ein wenig von der chronologischen Darstellung abgewichen, deshalb wieder zurück. Also 1980 Spaltung des KBW, langsamer Beginn des Wiederaufbaus von Caro, 1985 dann die endgültige Auflösung des KBW und die Übergabe der Betriebe in die Hände der Belegschaft. Die Zeit der Selbstverwaltung begann, und wir mussten uns Gedanken machen, wie dieser Betrieb einmal aussehen sollte. Dazu verfasste ich ein programmatisches Papier mit dem Titel „Caro 2000“. Ich glaube ca. 2 ½ Seiten, mit dem etwas naiven Inhalt, dass wir eine Betriebsgröße von ca. 10 bis 15 Personen Vollzeit anstreben sollten. Der Grund lag in meinen Erfahrungen mit dem ursprünglichen Caro Druck, denn da war es so, dass der Betrieb verfasst war wie ein frei umherschwebender Bauernhaufen in den Bauernkriegen, also es gab zwar Führung, aber das Hauptelement lag im Beschluss des ganzen Haufens. Das hatte in den Anfängen bis 1975/76 ganz gut funktioniert. Aber diese Vorstellung wurde von der Wirklichkeit überrollt, zeitweise lag die Stärke der Belegschaft bei 50 Leuten. Wir mussten das damals schon geahnt haben, denn die Diskussion, die in der Krebsmühle bei Rotwein stattfand, endete in einer sehr feuchtfröhlichen Runde.

In der Folgezeit experimentierten wir sehr viel an der Struktur unserer Selbstverwaltung, ohne die Schwierigkeiten, einen demokratischen Prozess zu organisieren jemals richtig überwunden zuhaben. Ein Teil der Schwierigkeiten hing sicher damit zusammen, dass die Selbstverwaltung sich auf mehrere Betriebe bezog und so die Einzelprobleme der unterschiedlichen Betriebe nicht adäquat behandelt und gelöst werden konnten. Aber auf diesen Teil will ich jetzt nicht näher eingehen, das soll Späteren überlassen werden.

Zurück zur Chronologie. Es begab sich aber, dass die Commerzbank Interesse an diesem Häuschen in der Mainzer Landstraße zeigte. Die Liegenschaften darum herum hatte sie glaube ich schon erworben oder stand kurz vor dem Erwerb. Sie wollte just an diesem Standort ihr Hochhaus bauen. Darüber gab es doch einige heftige Diskussionen innerhalb der Belegschaft, denn mancher wollte nicht weichen, und als Stachel im Fleisch des Kapitalismus hier stecken bleiben. Irgendwann fiel aber die Entscheidung und es wurde daraus nicht ein Kauf- sondern ein Tauschvertrag. So entstand hier an diesem Ort nach Suche und Auswahl der richtigen Architektur das Öko-Haus. Nun erneut umziehen. Damals machte die TAZ immer noch zwischen Weihnachten und Neujahr Betriebsferien, im Jahr 1991 das letzte Mal. Also musste der Umzugtermin auf diese Zeit gelegt werden. Nach der letzten TAZ des Jahres wurde angefangen alles zu demontieren und dann in die Kasseler Straße zu transportieren und dort den Wiederaufbau voranzutreiben. Das gelang nur durch endlose Einsätze und die Zuhilfenahme eines verrückten Engländers, den wir seit der Inbetriebnahme des 4. Druckwerks kannten. Es klappte, und am ersten Tag des Neuen Jahres konnte die TAZ an einem anderen Standort gedruckt werden. Natürlich war nicht alles fertig geworden und so zogen wir wieder auf eine Baustelle.

Mit dem Umzug begann auch eine neue Zeit in unseren Arbeitszeiten. Bis dahin hatten wir ein- bis zweischichtig gearbeitet mit der entsprechenden Überarbeit des nächtens und an Samstagen und Sonntagen. Aber wir hatten eine neue Kampagne gestartet, um unsere Auslastung zu verändern.

Dazu: Wir waren extrem abhängig vom Druck der TAZ: Ging es der TAZ gut, ging es uns gut. Leider ging es der TAZ in diesen Zeiten überhaupt nicht gut, was man an den verschiedenen Rettungskampagnen sehen konnte. Also diese Abhängigkeit musste weg, und so wurde die Akquise im Werbezeitungsmarkt durch Anette vorangetrieben. Das führte dazu, dass wir ein Objekt aus dem Odenwald drucken sollten, was Nachtschicht bedeutete. Das war zunächst nicht durchzusetzen. Nach viel hin und her, und die zeitweilige Besetzung der Nachtschicht durch mich und einen Helfer, konnte dieser Auftrag angenommen und gefertigt werden. Akzeptiert wurde die Nachtschicht dann, nach Beschluss, hier vom Einheitslohnmodell abzugehen und einen doch erheblichen Nachtzuschlag von 97 komma weiß ich nicht wie viel Prozent zu zahlen.

Im gleichen Zusammenhang wurde die Maschine um ein weiteres Druckwerk erweitert. Und so lief es auch eine Weile ganz gut. Dann kam Le Monde diplomatique. Möglichst alles 4-C. Das war für Maschine und Mensch eine Herausforderung, da in der vorhandenen Installation dies nur durch das schon mal erwähnte DiLithoVerfahren möglich war. Das roch nach Investition, zudem war die Maschine doch etwas ins Alter gekommen. Eine neue Maschine sollte her, 5 Druckeinheiten 2+1. Als Maschinentypen kamen in Frage: Solna und MAN. Auch hier entschied der Preis, aber nicht nur, denn die MAN hatte eine starre Längswelle, und bei heftigen Wicklern nach Papierrissen konnten dadurch Schäden im Antrieb entstehen. Ich hatte da so meine Erfahrung mit unserer ersten Maschine. Dieses Problem war bei Solna durch eine Rutschkupplung intelligent gelöst. Die Entscheidung ging Richtung Schweden. Harry hatte damals den Gedanken, dass man doch drei der alten Druckeinheiten und den Falzapparat behalten sollte. Das war weitsichtig, und wahrscheinlich aber auch dem Umstand geschuldet, dass er die Farbe der alten Maschine liebte, dieses beige. Solna wollte aber eine komplett neue Installation, ich denke auch aus Werbegründen, da Frankfurt mit der Flughafenanbindung ein guter Demonstrationsort ist, und so kam es, dass auch diese Teile neu sein sollten, und für einen entsprechend niedrigeren Preis angeboten wurden. Also wurde dies so abgemacht und es begann die Vorbereitung. Und wir waren wieder auf einer Baustelle. Der gesamte Laden musste umgedreht werden, keine Maschine blieb an dem Platz, wo sie vorher stand, aber alles wurde wie üblich mit vollem Einsatz aller bewerkstelligt und Carola konnte 1996 anlaufen. Doch wie bei jeder Installation gibt es Probleme. Hier waren es Bahnspannungsprobleme. Drucken konnten wir nur mit einer sehr hohen Bremse, was auf Dauer dazu führte, dass wir alle Bremsen nach und nach ruinierten. Der Grund dafür war, dass in der Steuerung der Zugwalze am Falzapparat die Werte für ein kleineres Druckformat eingespeist waren.

Im Satzbereich hatte sich auch etwas geändert: der Ganzseitenumbruch am Bildschirm hatte sich durchgesetzt, und die Papiermontage entfiel. Langsam nahm in der TAZ auch die Farbigkeit zu, einerseits durch Austausch-Anzeigen, andererseits durch gewinnbringende Werbeanzeigen. Die sollten aber immer an den Stellen platziert werden, wo es durch unsere Konfiguration nicht ging. So wurde bald die erste Wendeeinrichtung installiert, durch die es möglich war, die eine Bahn zu drehen und an eine beliebige Stelle in den Zeitungsstrang wieder einzuführen. Das war zunächst eine Wissenschaft für sich, und wir tüftelten oft lange, wie die Anfrage „4c auf Seite 9, geht das??“ mit der nötigen Sicherheit beantwortet werden konnte.

Im Bogenbereich hatten wir uns zwischenzeitlich aus den schon vorher erwähnten Gründen zurückgezogen, versuchten uns eine zeitlang als Plakat-Druckerei. Ich weiß noch, wie ich an U-Bahnhaltestellen nachgezählt hatte, welchen Anteil die bei uns gedruckten Plakate hatten, und der war so gering auch nicht. Aber unserer Ausstattung war mit einer 2-farben Maschine nicht mehr marktfähig, und so zogen die Aufträge langsam weiter und wir uns aus diesem Markt zurück. Stattdessen versuchten wir die Endfertigung der bei uns gedruckten Zeitschriften zu uns zu holen, sprich wir bauten eine eigene Weiterverarbeitung auf. Also Brehmer Sammelhefter, diesmal nicht mit Handanlegern sondern Headtop-Anlegern, in die die gefalzten Produkte eingelegt, dann geöffnet und hoffentlich im richtigen Moment auf die Sammelkette geworfen. Am Ende natürlich ein Trimmer, der den Inline-Beschnitt besorgte. Daneben noch eine Stahl Falzmaschine mit Rundstapelanleger. Wiederum Heerscharen von Teilzeitkräften, die in diesem Bereich und im Versandbereich der TAZ arbeiten sollten. Sagen wir mal so, es war mühsam und kostete viel Kraft und ich weiß nicht, ob sich das jemals gerechnet hat.

Bei der TAZ tat sich in der Zwischenzeit auch etwas: Versuch der Regionalisierung. Als Gebiet wurde der Kölner Raum und das Ruhrgebiet gewählt. Dazu reichte unsere Anlage nicht aus und somit neue Investition in drei weitere Druckeinheiten und eine weitere, noch komliziertere Wendeeinrichtung. Wieder Umbau und Maschinenrücken, damit dieses Produkt gefertigt werden konnte. Allerdings lag dieses Produkt nicht als eigenes Buch der TAZ bei, sondern in deren Mitte und musste herausgenommen werden. Ein Vorgang, den die Leser der Rundschau seit der Umstellung auf Tabloid-Format regelmäßig vornehmen müssen. Es wurde seitens der TAZ wohl missbilligend hingenommen, und so lief die TAZ-NRW bei uns an. Auf alle Begebenheit mit Christoph S., den ich schon aus Zeiten von „päd extra“ und „Sozial Extra“ kannte, will ich jetzt nicht näher eingehen. Nur so viel: ich hatte noch nie einen Menschen kennengelernt, der so schnell im Vorbeigehen die 1000 Vorbinder für die Adressierung durchsehen und die Auflage für die NRW-Abos ermitteln konnte, und auf einer TAZ-Genossenschaftsversammlung fiel ich vor lauter Staunen und Bewunderung vom Stuhl.

Nun, die Produktion der TAZ-NRW hatte für uns etwas Gutes im Arbeitsablauf. Der etwas anarchische Prozess musste besser strukturiert werden, da wir ab dem Zeitpunk 4 Sorten fertigen mussten: West1 und West2, NRW1 und NRW2. Die Abfolge weiß ich gar nicht mehr so genau. Immerhin hatte dieser etwas striktere Ablauf die Folge, dass die Summe der Nachfahrten, die wir bei Verzögerungen bezahlen mussten, sank, wenngleich die Summe immer noch hoch genug war.

In der Druckverarbeitung hatte sich auch etwas geändert, das Beilagengeschäft der TAZ hatte zugenommen und wir brauchten mehr Kapazität. Ich weiß nicht mehr, wann wir die Weiterverarbeitung endgültig aufgaben, aber auf jeden Fall war wieder Maschinenrücken angesagt, und unsere Beisteckkapazität erhöht. 2 Maschinen von Müller-Martini mit jeweils 3 Beilagenstationen. Beilagenwünsche nahmen zu, am Wochenende gab es das TAZ-Mag, Farbigkeit nahm zu, die die Qualitätsansprüche nahmen zu, uns drohten Kunden deswegen wegzubrechen und brachen auch weg. Eine Runderneuerung stand an. So musste neue Maschinerie her.

Und so war es dann auch. In der Druckvorstufe wurde auf Computer-To-Plate umgestellt, im Versand auf Inkjet-Adressierung, in der Verarbeitung in eine leistungsfähige Einsteckmaschine, die kam allerdings zuletzt, und im Druck dann eine neue Rolle in Turmbauweise mit der man dann Farbe auf jede Seite bringen konnte. Gleichzeitig hatte ich versprochen, dass ab dann die NRW-TAZ als eigenes Buch in der Zeitung war, so blieben 2 Druckwerke stehen und der 2. Falzpparat.

Nun die Installation selbst war ein Abenteuer sondergleichen, denn die alte Maschine musste während der laufenden Produktion demontiert, und die neue Maschine installiert werden. Dies war nur mit sehr viel Kraftanstrengung für alle zu bewältigen. Diese traumatischen Verhältnisse stecken mit Sicherheit noch dem einen oder der anderen in den Knochen. Mir übrigens auch.

TAZ-NRW

Mitten in der Installationsphase bekamen wir die Nachricht, dass die TAZ-NRW eingestellt wird. Zwei Lachende und ein weinendes Auge, zumindest bei mir. Nun, die Installation verlief nicht reibungslos, nicht weil wir unserer Termine, die wir vorgegeben hatten, nicht einhielten, sondern weil die Schweden in der Regel offensichtlich immer verspätet liefern. Dazu kamen Probleme mit der Maschinenelektronik, die uns den Nerv, viel Material und Geld kostete. Wir drohten im Sumpf zu versinken. Aber irgendwie hatten wir uns langsam an das Licht am Ende des Tunnels herangekämpft. Die Maschine lief zwar immer noch instabil, aber wir konnten besser damit umgehen. Aber nun war es der Markt, oder die heute vorherrschende Zahlungsmoral, die uns erneut zurück warfen. Ich glaube, 2010 hatten wir schon einen hohen Bedarf an Forderungsabschreibungen, dennoch näherten wir uns im letzten Quartal 2010 einer roten Null, aber im ersten Quartal hätte es bereits wieder zu einer schwarzen Null reichen können. Der Rückschlag kam, als ein sehr großer Werbezeitungskunde, mit der fadenscheinigen Begründung von Qualitätsmängeln, Knall auf Fall den Druckauftrag aufkündigte. Der eigentliche Hintergrund war aber, dass hier nur der Versuch unternommen wurde, sich zu entschulden.

Also neuerlicher Bedarf an Forderungsabschreibung. Zwar werden wir weiter darum kämpfen, dieses Geld zu bekommen, aber erfahrungsgemäß werden wir das Geld wohl trotzdem nicht sehen.

Wir versuchten noch ab diesem Zeitpunk durch Akquise, das Ruder herumzuwerfen, aber der Mark ist inzwischen so eng, dass alle Mühe vergebens war. So beschlossen wir im Juni, den Betrieb geordnet zu beenden um Schlimmeres zu verhüten. Und aus diesem Grund sind wir heute Abend hier zusammengekommen um Abzuschalten.

In den letzten Wochen wurde ich öfter gefragt, ob die Schließung von Caro etwas mit dem Zeitungssterben zu tun hat.

Zeitungssterben – das ist etwas, das, glaube ich, im Wesentlichen in den Köpfen von Journalisten und Verlegern stattfindet. Entschuldigung, nicht in allen. Mein Lieblingsfeind Hans-Ulrich Jörges, der Beckenbauer der deutschen Journalisten (was interessiert mich mein Geschwätz von gestern). Dieser Mainstream-Journalist, schrieb in der Nummer 49/2012 des Stern in seiner unsäglichen Rubrik „Zwischenruf“ über seine Sehnsucht, die Zeitung von ihrer papierenen Gestalt zu befreien um sie als körperloses Element in der Cloud schweben zu lassen. Zudem wäre dann der Gestaltungsfreiheit keine Grenze mehr gesetzt und durch opulente Bilder und Grafiken sowie weitergehende Recherchemöglichkeit der Lesegenuss und der Nutzen für den Leser vervielfacht.

Doch versteht Herr Jörges etwas ziemlich miss. Bei opulenten Bildern und Grafiken, das weiß ich aus KBW-Zeiten, wird nicht der Nutzen erhöht, sondern ein Lenkungseffekt erzeugt, und bei der Verlinkung: Wer hat sich nicht schon im World-Wide-Web so verheddert, dass er den Ausgangspunkt seiner Suche verloren hat. Bilder und die Werbebanner sind eher Ablenkung, als hilfreich, und ein gutes Schwarzweißbild hat meist eine größere Aussagekraft, als Farbe.

Ich fürchte, das alles führt zu mehr Mittelmäßigkeit als Qualität, wie auch die Einführung des Fotosatzes den Qualitätsstandard abgesenkt hat, die Verbreitung des PC mit all seinen Möglichkeiten die durch Jahrhunderte gewonnene Erfahrung schnell vergessen lässt, wie ein Produkt gestaltet sein muss, dass es auch gut und aufmerksam zu lesen ist.

Natürlich gibt es einen Rückgang der täglichen Auflage von Tageszeitungen, auch bei den großen Zeitungen. Aber die geringe Zahl von ePaper-Verkäufen erklärt noch lange nicht den doch erheblichen Rückgang. Und das Leseverhalten der Jugend kann auch nicht einfach dafür herhalten. Erst in der letzten Iglu-Studie wurde festgestellt, dass sich das Leseverhalten ändert, und wieder mehr Jugendliche außerhalb der Schule lesen. Die Zunahme ist in den USA im übrigen am höchsten. Böse Zungen behaupten zwar, das wären eben die SMS und Mails die gelesen werden würden, aber wie gesagt böse Zungen.

Ich will mich noch nicht mal dazu versteigen, und wie Arno Luik die Frage stellen: Wer hat schon mal mit seinem iPad nasse Schuhe ausgestopft?

Aber ich denke, die Verlage müssen eher darüber nachdenken, ob es nicht vielleicht an der journalistischen Qualität liegt, die den Ansprüchen der Leser nicht mehr gerecht wird. Ich denke, dass die Verlage eigentlich merken müssten, dass es immer bei spannenden Situationen das Bedürfnis nach gut recherchierten Hintergründen, und noch wichtiger, fundierter Meinungsäußerung kompetenter Leute gibt. Die Qualität der Artikel lässt die Auflagenzahlen nach oben gehen – und nicht einfach der journalistische Einheitsbrei, siehe Frankfurter Rundschau.

Nein, das Ende von Caro hat damit nichts damit zu tun, auch wenn die sinkende Auflage der TAZ im vergangenen Jahr bei Weitem nicht meinen Planungen entsprach.

Es ist die Veränderung der Produktivität, die stattfindet. Neu installierte Maschinen haben beim doppelten Preis den vierfachen Output. Zudem sind sie so optimiert gebaut, dass mit kurzen Rüstzeiten und Voreinstellungen diese Druckereien in der Lage sind, Auflagen zu drucken, die sie vorher nicht angefasst hätten. So ist der Druck der GraWu in ihrer neuen Druckerei, laut Aussage von unserem allseits geliebten Rainer, nur 50 Euro teurer als bei uns, und wenn ihr euch vorstellt, dass die Produktion der TAZ in Gießen mit einem Bruchteil des Zeit- und Personalaufwands abgewickelt werden kann, dann ahnt ihr, dass über kurz oder lang dies auch das Ende bedeutet hätte. Der moralische Verschleiß neuer Maschinerie ist so hoch, und steht in keinem Verhältnis mehr zu der tatsächlich möglichen Lebensdauer von Maschinen. Druckereien wie wir, oder auch wie eine unserer Partnerdruckereien werden verschwinden. Das ist eigentlich der wahre Grund.

Das ist natürlich für Euch, die ihr jetzt mit dem Ende von Caro Euren Arbeitsplatz verliert nicht tröstlich. Aber andererseits will ich euch bitten, Euch das Positive von Caro in Erinnerung zu rufen. Zum Beispiel, dass Caro ein großes Bildungs- und Ausbildungsprojekt war. Zeitweise war die Zahl der Leute, die auf die Technikerschule gingen die anteilsmäßig höchste im Industrie- und Handelskammerbezirks Frankfurt. Dieter könnte mir jetzt widersprechen. Drei Lehrer an der Gutenbergschule haben oder hatten Caro-Hintergrund, in Berlin an der Beuth-Hochschule gibt es eine Dependance.

Andere Caro-Absolventen haben durchaus verantwortungsvolle Positionen in anderen Firmen übernommen. Das will ich jetzt nicht einfach Caro zuschreiben, denn das haben diese Personen auch selbst in der Hand gehabt. Aber Caro hat dies immer gefördert und auch die Arbeitsweise bei Caro hat, so denke ich, ein bestimmtes Selbstbewusstsein geschaffen, dass dies befördert hat.

Ich weiß, dass der Weg aus einem Arbeitsverhältnis in ein anderes leichter ist, als aus der Arbeitslosigkeit heraus. Aber mobilisiert das was Euch hier ausgemacht hat – und jetzt sage ich etwas, was mir, wie ihr wisst, normalerweise schwer über die Lippen kommt: ihr wart und seid besser als ihr selbst manchmal denkt oder gedacht habt.

Ich möchte allen danken, die an der Entwicklung von CARO teilhatten, besonders aber möchte ich denen danken, die bis zuletzt ausgehalten haben und somit ermöglicht haben, diesen Abschluss zu finden. Danke. Ich möchte aber auch an die Kollegen erinnern, die heute nicht mehr da sein können…

So, und jetzt wollen wir abschalten.

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https://blogs.taz.de/hausblog/caro-die-bewegte-geschichte-einer-druckerei/

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kommentare

  • Lieber Klaus, in der Druckerei des bezirks Frankfurt warst du nicht mit dabei ? Da hat Esther Dischereit gelernt und gedruckt. Bei meiner Danksagung an die CARO-Belegschaftsteile für die häufigen außerordentlichen Unterstützungen bei der außerparlamentarischen Basisarbeit diverser Initiativen habe ich dich vergessen. Wie konnte ich nur! Aber du warst auch in dieser Frage oft sehr hart. Verständlicher Weise, denn CARO musste ja -auch-betriebswirtschaftlich rechnen und war kein BenefizzLaden. Sonst hätte er seine Leute selbst auf dem zumindest anfänglich unterdurchschnittlichen Niveau nicht ernähren können. Ich kenne das Drama seit einger Zeit vom Berliner OktoberDruck, vom Druck der Dumpingpreise polnische und Tschechischer Druckereien, vom Druck der kleinen und große Großkunden, die einfach nicht zahlen und dann die fertige Ware unter gestehungspreis abnehmen, weil den Druckern sonst gar nichts bleibt… Und ich kenne aus meinen Nacht-Interviews in den modernsten hessischen Groß(Zeitungs-)druckereien die Verdichtung der Arbeit, die sinkenden reallöhne, die unbezahlten Überstunden und die psychischen Erkrankungen die immer öfetr dazu führen dass immer mehr an der Flasche oder am Arbeitsplatz hängen. Es ist ein tödlicher Job geworden. Mein altes Lied ist das alte Lied nach BBs „Beiß, Bagger beß, die Kohle hat nen Preis, wenn ich mal zu lang scheißen tu, steigte der Kohlepreis im Nu, wasser ist kein Schweiß
    beiß, Bagger beiß! :

    „Druckmaschine druck ,
    sieben Stunden sind genug
    von Dreien sparn sie Zweie ein
    und dann druckst du ganz allein
    dann fliegst auch du Ruck zuck
    Druckmaschine druck.“

    Gehst du jetzt auch in Rente ?
    Ende!
    dein Hartmut

  • Lieber Klaus, ein toller Beitrag, für den dir sicher viele ehemalige Caro-MitarbeiterInnen dankbar sind. Es war allerdings schon aus rein physischen Gründen eine ziemliche Tortur, auf der „Abschalt“-Party am 30.12.2012 deinem fast 2-stündigen Vortrag zu folgen, während im Hintergrund das kalte Büffet aufgebaut wurde und die Frikadellchen köstlich dufteten!

    Eine Episode aus der durchaus spannenden Zusammenarbeit zwischen den schwedischen Druckmaschinenbauern und der Caro-Belegschaft hättest du allerdings trotzdem nicht unterschlagen sollen: Die mit dem Ersatzteil, das keiner bestellt hatte.

    Ersatzteile wurden meist in sogenannten seefesten Kisten geliefert, massive Holzkisten, deren Inhalt in Ölpapier eingewickelt wurde und die ähnlich funktionieren wie Gummischuhe: Nichts dringt hinein und nichts heraus.

    So kam eines Tages – ich glaube, es war im Kurz vor Weihnachten – wieder einmal so eine Kiste, etwa 10 kg schwer. Weil aber gerade nichts kaputt war, wurde sie einfach in eine Ecke gestellt und vergessen, bis der leider schon verstorbene Peter Hass, der immer einer der wenigen ganz ordentlichen Drucker bei Caro war, sie Jahre später bei einer Aufräum-Aktion zu öffnen beschloss.

    Hätte er lieber die Finger davon gelassen! Drin befand sich nämlich (ursprünglich) eine Riesenportion Lachs …

  • Danke an Klaus und an all die Caro-Leute, die mir so lange die Zeitung gedruckt haben. Schön, dass diese Rede veröffentlicht ist, denn er spiegelt die Lange Geschichte eines Betriebs, der viel mehr war als nur eine Druckerei. Klaus hat die ganze Geschichte nochmal aufgerollt – es ist ein Stück Erinnerung an Heidelberg, an die Mainzer Landstrasse und an das Ökohaus das ohne Caro nicht mehr ganz das sein wird, das es für mich war.

  • Es brennt mich festzuhalten, welch toller Artikel das in mehrfracher Hinsicht ist. Nicht nur die Entwicklung einer Technik und die Herausfoderungen einer stark im Umbruch befindlichen Branche, sondern auch welch tolle Bindungskraft die Drucktechnik für die Menschen war und sie in die Lage versetzte an einem Strang zu ziehen und für gemeinsamte Interessen einzutreten. Fast möchte ich sagen „baut die Maschinen nicht ab, vielleicht barauchen sie jene, die nach Euch kommen wieder“.

    Allen Betroffenen und Beteiligten wünsche ich viel Glück, allen voran dem Autor, der nicht nur im Text, sondern auch am Foto „weltmeisterlich“ herüber kommt!

  • Danke an Klaus und die technisch Verantwortlichen für das Veröffentlichen. Beeindruckend. Man wird ganz sentimental. Schön eine Zeitlang dabei gewesen zu sein.

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