Nicht nur im vorderen Teil der Zeitung, im Politikteil wird die Wochenendausgabe der taz am 9. Oktober neu – auch weiter hinten in unserer sechsten Ausgabe der Woche passiert etwas: Die taz am Wochenende bekommt eine Wissenschafts-Seite.
Wir bauen unsere Wissenschaftsberichterstattung aus, weil wir meinen, dass Naturwissenschaft – denn die ist im Wesentlichen gemeint – besser verstanden und besser erzählt werden muss. Und wir sind zuversichtlich: Dafür werden der Redakteur Andrew Müller und die Wissenschaftskorrespondentin Kathrin Zinkant sorgen.
Andrew Müller kennt die taz aus seiner Zeit 2020 als Vertretung im Ressort Wirtschaft + Umwelt. Andrews Schwerpunkt ist Biodiversität – seine Masterarbeit schrieb er 2018 an der Humboldt-Uni in Berlin zum Thema „Eat Insects to Save Capitalism?“.
Kathrin Zinkant hat die Redaktion in der Corona-Zeit bereits als freie Wissenschaftsautorin bereichert. 2013 hatte sie auch schon einmal ein Gastspiel als Meinungs-Redakteurin. Die vergangenen Jahre arbeitete Kathrin bei der Süddeutschen Zeitung im Wissenschaftsressort.
„fortschritt“ haben wir die neue Seite getauft, und das ist natürlich anspruchsvoll und doppelbödig gemeint: Erkenntnis soll hier nicht um jeden Preis als Fortschritt verkauft werden. Auch soll diskutiert werden, wie viel Fortschritt denn wirklich drinsteckt, wo Fortschrittsversprechen draufsteht.
Nicht jede Erkenntnis lässt sich dem „Wem nützt es?“-Verdacht aussetzen
„Glaube keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast“; „zwei Wissenschaftler, drei Meinungen“: Das ist die Rede von Leuten, die keinen Wissenschaftsbegriff haben und damit eigentlich jedem Erkenntniswandel hilflos ausgeliefert sind. Die taz hat in der Pandemie gezeigt, wie schnell die Redaktion sich auf eine Berichterstattung über naturwissenschaftliche Prozesse einstellen kann. Wir wissen jetzt, wie wichtig empirische Daten sind; dass nicht alle Studien gleich gut und gleich ernst zu nehmen sind; dass wissenschaftliche Erkenntnis international ist.
Der taz-Blick auf die Welt ist und bleibt links und kritisch geschult, aber wir können dadurch die Naturgesetze nicht außer Kraft setzen. Nicht jede Erkenntnis lässt sich dem „Wem nützt es?“-Verdacht aussetzen, manchmal passt die jüngste Studienlage auch nicht ins Schema antipatriarchaler oder kapitalismuskritischer Theorie. Wir wollen deshalb beschreiben, was die ständige Veränderung im Begreifen der Naturgesetze für unsere Kritik bedeutet.
Als erstes größeres Thema für die erste „fortschritt“-Seite am 9. Oktober haben Zinkant und Müller sich eines gesucht, das mitten zwischen alter Tradition und ökologischem Umdenken steht: Lässt sich Rotwild in Deutschland gleichzeitig schützen und jagen – und wenn ja, wie?
Die „fortschritt“-Seite wird uns bereichern – wir freuen uns drauf.
Von Ulrike Winkelmann, seit 2020 gemeinsam mit Barbara Junge Chefredakteurin der taz
Fotonachweis: privat / taz