Im taz-Café in der Rudi-Dutschke-Straße 23 werden alle Spiele live übertragen – unter den Zuschauern sind auch viele taz-Redakteure. Berlin-Ressortleiter Gereon Asmuth hat für die Kolumne “Spielplätze” (erscheind während der WM auf den Berlin-Seiten) mitgeschrieben, was die Kollegen so sagen.
Anstoß: “Deutschland!”, flüstert der Berlin-Redakteur und macht ein Foto vom rappelvollen taz-Café. “Formidabel!”, sagt der Korrekturleser und beißt in seine Neuland-Wurst.
2. Minute: “Ich hol mir ein Steak”, sagt der Sonntaz-Chef und geht raus zum Grill.
4.: “Ihr alle hier unten?”, fragt der taz2-Chef die guckenden Kollegen und kreuzt gekonnt den Raum Richtung Treppenhaus.
7.: “Oooouuuuuhhh!”, stöhnen der Schwerpunkt-Leiter, der Literaturredakteur und der Kollege vom Vertrieb, als Podolski verschießt.
8.: “Irgendwas passiert?”, fragt der WM-Kolumnist im Uruguay-Trikot, der kurz mal vorbeischaut.
17.: Der Vertriebsfahrer holt sich einen Sitzsack.
20.: “Wenn Deutschland ein Tor schießt, ist die Sache gelutscht”, fachsimpelt ein Besucher. “Aber die Verteidigung der Serben ist nicht schlecht.”
27.: “Jetzt geh! Flanken! Das müsst ihr öfter tun”, ruft der Vertriebsmitarbeiter.
30.: “Ja!”, schreit eine Praktikantin. “Nein!”, stöhnt eine Besucherin. “Abseits”, weiß der einstige Inlands-Chef.
37.: “Das ist doch lächerlich”, beschwert sich eine Besucherin über die Gelb-Rote Karte für Klose. Der taz-Justiziar faltet kenntnisreich die Hände.
38: “Tja, läuft nicht so gut”, weiß der Ex-Inlands-Chef. Es steht 0:1.
Halbzeit: “Das ist der Hammer! Der Hammer! Der Hammer!”, wiederholt ein Raucher draußen auf dem Bürgersteig. “Die Vorspeise war okay”, kommentiert der taz-Progammierer. Er meint sein Steak. Drinnen läuft Werbung für McDonalds. “Stehts noch 1:0?”, will der Inlandsredakteur wissen, der nur runtergekommen ist, weil er für eine Recherche eine Telefonnummer sucht.
50.: Alle sind sprachlos.
58.: Der Literaturredakteur fasst sich an den Kopf. Der Justiziar schlägt die Hände vors Gesicht.
59.: “Du doch nicht, Lukas!”, ruft ein Besucher, als Podolski zum Elfmeter antritt. “Ach du Scheiße”, meint der Meinungsredakteur, als Podolski verschießt.
65.: Die Filmredakteurin zieht die Nase kraus.
72.: “Na klar ist das Foul”, erkennt der Wirtschaftsredakteur. “Von hinten rein ist immer Gelb”, doziert der Geschäftsführer, auch wenn der Schiedsrichter das diesmal anders sieht.
75.: “Och nee!”, meint der Meinungsredakteur.
77.: Gomez kommt. Die Filmredakteurin geht – ganz nach vorn und übernimmt den freien Platz in der zweiten Reihe.
80.: Der tazplan-Redakteur schiebt gekonnt die Unterlippe nach vorn.
84.: Die Fotoredakteurin quetscht sich in die freie Lücke.
88.: “Och nee!”, murmelt der Meinungsredakteur.
92.: Der Vertriebsfahrer geht eine rauchen.
Spielschluss: Das Café leert sich in Minutenschnelle. “Traurige Stimmung überall”, diktiert der taz-Blogwart dem Reporter in den Block und ergänzt dann noch: “Sieben Gelbe und eine Rote Karte. Das ist doch kein Schach!” “Tja”, sagt die Kollegin vom Marketing. Dann ordert sie einen tazpresso an der Bar.
und ich dachte immer, tazmenschen schauen kein fußball. erst recht kein deutschlandspiel. und dann wird noch so viel wurst gegessen – ich bin erschüttert.