Julian Assange ist ein Popstar und seine Geschichte filmreif. Wie auch immer man dazu stehen mag, dass Wikileaks und sein prominentestes Gesicht in den letzten Wochen mehr und mehr Mythos geworden sind – ignorieren lässt sich das nicht.
Assanges Geschichte ist anschlussfähig an Agentengeschichten, Monstererzählungen – Popstar und Monster sind, wie beispielsweise bei Michael Jackson zu sehen, schließlich nur zwei Gesichter der gleichen Figur – und die Legenden der erweiterten Science-Fiction, insbesondere des Cyberpunk und seiner Ausläufer.
Im Netz wird der Wikileaks-Mitbegründer als „Captain Neo“ bezeichnet, Assoziationen zu Figuren wie Hagbard Celine, Philo Dufresne oder den vernetzen Welten im Rollenspiel-Universums-Shadowrun oder der Roman-Vierer Otherland von Tad Williams bieten sich ebenfalls an. Meines Erachtens nach ist Julian Assange auch deswegen so populär, weil er diese kulturellen Codes so treffsicher bedient, die viele seiner netzaffinen Unterstützer verinnerlicht haben dürften.
Wir haben uns deswegen entscheiden, ein Kinoplakat für die Aufschlagseite des zweiten Teils der taz zeichnen zu lassen und konnten den Zeichner Felix Gephart dafür gewinnen. Inspiration für den Titel waren Die 1000 Augen des Doktor Mabuse, ein etwas angejahrtes Werk. Die Matrix-Filme und Science-Fiction-Werke lagen uns zu nahe, ältere Leser kennen diese oftmals zudem gar nicht.
Außerdem ging es uns auch um das Monströse des Außenseiters in der Figur Assange, das ihm des Öfteren mitgegeben wird, ganz ernst nehmen wollten wir die fast schon messianischen Heilserwartungen einiger Zeitgenossen an den guten Mann zudem auch nicht.
Ich hoffe, es gefällt und glaube angesichts der Flut an Ikonografien, die Leuten wie Wolfgang Schäuble oder Ursula von der Leyen zu teil wurden, dass die Karriere von Assange als Bildmaterial noch lange nicht zu Ende ist. Er arbeitet auch ganz gut daran. In den Anfangszeiten von Wikileaks kritisierte er noch Menschen, die mal einen Anzug trugen, inzwischen sieht er aus, als würde ihn bei seinen Einkäufen Oscar Wilde beraten.
Heute schrieb uns eine Journalistin aus Italien, wir wären nur beinahe die ersten gewesen. Denn der italienische Rolling Stone hat Assange als „Rockstar of the Year“ auf seinem Cover.
Nun denn, ich finde den Gephart schöner. Aber wie gesagt, Assanges Karriere als Götze ist noch ganz am Anfang.
..ein Blickfang ist das Plakat in jedem Fall.
Das Originalplakat zu Marbuse war etwas mehr durchgezeichnet bzw. „ausgemalt“.
Die beiden Frauenfiguren auf dem Plakat von F. Gephart hätten – für mein Empfinden – vielleicht noch etwas mehr ausgestaltet werden können.
Aber insgesamt finde ich das Motiv sehr gelungen, vor allem weil es in gut geeigneter Weise – plakativ und comicartig – den Hype um Assange aufgreift.
Einerseits ist die Auseinandersetzung mit den Themen „Pressefreiheit“ und „Rechtmäßigkeit“ von Wikileaks angesichts der Themen, die Wikileaks bereits in die Öffentlichkeit gebracht hat, tatsächlich von großer gesellschaftlicher Bedeutung.
Andererseits wirkt die Berichterstattung wie losgelöst vom eigentlichen Thema, weil meinem Eindruck nach unglaublich viel Oberflächliches und „mal eben zwischendurch“ berichtet wird, um die Menschen mit nur scheinbar wichtigen News und nur scheinbar informativen Inhalten zu füttern und als Rezipienten/Kunden bei der Stange zu halten bzw. an zu locken.
Das Originalplakat zu Marbuses 1000 Augen siehe z.B. hier:
http://www.google.de/imgres?imgurl=http://www.filmposter-archiv.de/filmplakat/1960/1000_augen_des_dr_mabuse_die.jpg&imgrefurl=http://www.filmposter-archiv.de/filmplakat.php%3Fid%3D6677&usg=__JqBeZETLVYmkbDELog9b1Ulgs74=&h=700&w=485&sz=102&hl=de&start=25&sig2=fJKaBa0FU6OgbzfBqvk6mQ&zoom=1&itbs=1&tbnid=WFzWMkTRU-GYXM:&tbnh=140&tbnw=97&prev=/images%3Fq%3D1000%2Ba)