Text und Fotos: Reinfried Musch
Das Paar an der Spree liegt klassisch aufeinander in der Frühsonne. Vor neun ist es noch kühl. Wer meint, man müsse am Samstag ausschlafen, den würde ich schon spießig nennen, sagt Jan zur Kurzbegrüßung und lächelt müde. Die Räume K 1 – 3 sind voll. Wir haben Alternativen, titelt die taz überall.
Die erste Runde: Durch den Magen zum Schönen Leben
Zuerst Pflanzen schützen, dann Tiere, dann Menschen? So kann Mensch das nicht berechnen, schimpfe ich mich nach innen. Wir sind Getreide oder Römersalat oder der Knüller – Äpfel – von Netto. +++ Die Stadt hat viele international erfahrene Experten, sie müssen gestalten können. Durchmischen, Markt draußenhalten, die Gruppe tragfähig bekommen, Wedding, sagt Wedding. Hier dauerte es Jahre. Aber es geht. Ohne QM. Die haben den Titel besetzt: Soziale Stadt. +++ Alles ist durch Brüssel verboten, was nicht ausdrücklich erlaubt ist, sagt Thilo Foodwatch. Der Smiley ist schwer umkämpft, keiner will als Gammelfleisch in die Medien. Die Verbraucherrechtsbewegung geht von Deutschland aus und muss europaweit von unten vor Ort aufgebaut werden. – Hier sitzen die meisten. Liebe zu Veränderung geht wohl doch überwiegend durch den Magen. Konsum als Widerstand und der Widerstand als Verweigerung von Fastfood.
Ich treffe die Rätin. Sie zieht aus. Gegen den Antisemitismus- Vorwurf will sie nicht für ihr Haus kämpfen. Es wird der gleiche Makler sein, der die Umwandlung von denkmalsgeschütztem Garten in Bauland als Wiedergutmachung gemanagt hat. Senat und Bezirk haben zugestimmt, ohne die jüdischen Erben in Amerika mit den Scheunenviertlern zusammen zu bringen zu wollen. Wer weiß, was geworden wäre.
Zweite Runde: Serielle Monogamie in Hausgemeinschaft mit Freier Schule
Zeit ist knapp, aber ohne gibt es keinen Rückhalt. Statt Familie fürsorgliche Freundschaft. Nicht nur gleichgeschlechtlich, sondern gemischt. Hier ist alles knall voll, auch der Intendant. Er ist noch jung. Frau Osterland will gemeinschaftlich alt werden. Als rasende Rentnerin und serielle Monogame mit hohem Aktivitätsniveau. Allein im Gemeinschaft der Nachbarn. Interessegeleitete Wahlverwandtschaft, pflegende Angehörige und Gemeinachaftsräume. Im Linienhaus geht es ohne diesen Leerstand. +++ Holstein will nach vorn, nicht nach unten, sagt Der Grüne Dichter Habeck. Windumbau. Im TheaterSaal sind deutlich weniger Holsteiner. Das dortige Schulsystem sei ziemlich unterirdisch und nicht die Zukunft, sagt eine Diskutantin und vielleicht ist das die Vermutung: Ohne Schule wird wohl wenig. Die guten Schulen seien die freien, übergreifenden, projektorientierten. Ich habe Holstein nur für meinen Jüngsten im Blick. Glück ist eine politische Kategorie, denn gelingendes Leben ist nicht Zufall. Aber auch nicht ohne. Man muss auch darauf stoßen.
Dann kommt Gott und Habeck lächelt, dass es sicher viel gebe zwischen Himmel und Erde.Er lebe sicher deutlich unten. – Das macht wohl wirklich den Unterschied, würde ich der Freien Christin sagen, die aber nicht begleitet. Vom Himmel aus sieht alles gut geordnet aus und mensch muss nicht tiefer hinsehen. Aber diese Gute sicht hat doch was Gutes: ein starkes Wohlwollen.
3. Runde: Eingeschränkt flexibel ist entspannt
Gemeinschaftsräume sagt Osterland abschließend, man findet sich nicht auf den Flur. Wir schon und wir bitten uns in die Wohnung. ++++ Reden zum Selbstzweck ist Code einer therapeutischen Gesellschaft erklärt die Bloggerin in Speakerrs Corner. Sie schafft freundliche Menschen, verbraucht ummäßig Zeit und Energie. Leerquatschen hilft nicht, auch nicht im Netz. Da steht sie im kleinen Schwarzen mit schönen weißen Strümpfen. Jeden Tag wird die Welt in den Medien etwas schlechter. Öffentliche Ohnmacht macht müde und erschöpft. Das Privatleben hat aber nicht den Rang der politischen. Alles bringt nichts und das gilt für alles. Flexibilität macht uns fertig. Aber ein Festlegen erlaubt Entspannung. Zwei oder drei Prinzipien reichen da schon aus. Ich, erwidert die Rätin auf dem Flur, bin da nicht gemeint. Ich gehe, wo ich gern gesehen bin und die da sind, sehe ich gern und wenn es reicht, war es genug, um wieder sein zu können ohne Stress und Krampf und Therapie.
Es wird langsam anspruchsvoll. Der Kaffee einfach also 2, das Baguette 3€, das ist ein Angebot, sagt der Kellner hinter dem Tresen zu einer murrenden Besucherin. Auch das ist HdK.
Runde vier: APO plus und ahoi
Arabien ist drei nach elf zu klein für das Auditorium. Mubarak war eine Show fürs Volk, aber die Kandidaten sind Alte. Das Alte System etabliert sich über die alten politischen Formen, stellt die Soziologin klar. Die Revolution war besetzt, zuerst durch die Strasse, dann das Militär und dann die Moslembrüder. Marktliberalisierung hat die alten Wohlstandsversprechen erschüttert.- Ja, es ist unklar, wie die Energie der Strasse und der Plätze, im Parlament landen soll, außer, sie wird APO. Das liegt doch nahe und ist eigentlich auch noch drin. Parlament plus APO gleich Gutes Politisches Leben?!
+++ Und die deutschen Piraten sehen das nicht? Die Frontfrau kommt von Grün und ist für Transparenz, der Grüne Netzspezialist meint, das sei nur Wunsch und Hoffnung ohne Boden. Postideologie zielt auf Verfahren, sagt der Wissenschaftler. Offen gesagt, sagt der Grüne, kann man harte Themen so nicht behandeln und das Vertrauen der Leute nicht halten. Ehrlich sein heisst, liquide Feedback als Sprengstoff benennen und Aktivistentreffen als Abschluss von Öffentlichkeit. Parteipolitik bleibt bei ihren Regeln, erklärt der Forscher der Piratin. Wir werden sehen, erwidert der Pirat. Auf unsere Kosten, sagt der Grüne nicht. Erfahrung muss man sammeln, weiß ich. Jede Generation braucht ihre Revolution, sagte Müller. Wer hat, der hat, sage ich.
K1 wird das nicht fassen. Es sind mehr Wirtschaftler, als erwartet. Sie quellen die Treppe hinunter, vorbei an den Piraten mit Grün, die der Chef des Taz- Parlamentsbüros verwaltet. So richtig klar ist mir im letzten Jahrzehnt noch nicht geworden, warum die Taz ein wachsendes Parteibüro an der Spree braucht und das einen Chef. Ich erwarte ein Bewegungsbüro Bewegter mit hohem Aktivitätsniveau und Suchneigung. Der Kongress als Einstieg?? Nach Bildung Basis zu schönerm Leben?
Fünfte Runde: Money makes the world go round (deutsches Volkslied)
Wenn Geld Waren vermitteln soll, muss es unter die Leute, sagt der Genossenschaftler Spreeblüte. Das klingt immer plausibler als beim letzten Mal. Ich wollte immer in einen Tauschring gehen,um schöner zu leben, aber das muss man halt mögen. Ich glaube, dass ich Blüten nicht lieben kann. Ich schätze als Budgetierer Geld halt als allgemeines Planungsmittel der Taz. Das sind wir beieinander. +++ Südkorea scheint mehr zu versprechen. Herr Koo steckt mit der Taz- Finanzexpertin im Hausstau. Zwei Menschen vor mir schließt der Saal. stand vor 15 Jahren vor Japan und keiner meinte, daraus lernen zu können. Alles falsch, alles langsam, alles rauf und runter, alles wie Amerika. Die Bewegung der Hauspreise war der Indikator. Die Geldsteuerung der Zentralbank greift nicht 1:1, sondern gar nicht. Die Unternehmen borgen nicht. Trotzdem funktioniert alles für alle und mit der Zeit werden die Schulden abgeschrieben statt zu investieren bei Null Zinsen. Die Wirtschaft schrumpft, wie im den amerikanischen Dreißigern. Die Immobilienpreise fallen auf Japan um 87%! Was hätte Deutschland da gemacht ,fragt Koo lächelnd und leuchtet mit der Taschenlampe hinterrücks auf die Kurve. Und die Staatsverschuldung gleicht alles aus. Bonds. Bush habe es es kurz nach auf der G 20 gehört. Staatssparen wäre falsch. Aber die meisten sparten. Und die Investoren kaufen deutsche. Bonds. Also Deutschland. Koo hat Recht. Deutschland macht es in Europa recht. Europa wird als deutsche Bonds ausgeben, was dort gespart wird und Deutschland wird die Schulden geduldig abschreiben wie Japan, wenn die Welt weiter mit deutschen Waren aus China spielen will. Ob die das kann? Und will? Und muss?
Ich will zu Kretschmann. Unfried spricht mit ihm und schon heut früh mit dem Schleswiger war Peter in Hochform. Wenn Sie wollen, schloss er, können sie klatschen. Das ist doch ein trockener Abschluss. Aber ich bin am Global erschöpft hängengeblieben. Und, weil da vorne so gemütliche Menschen mit bäuerlichem Profil sitzen. Sie müssen bereits schöner leben.
Sechste Runde: Waldviertler unter sich
Er hat in Österreich Schuhe aus Dänemark verkaufen wollen oder sö ähnlich. Ein Bieter, Banker, Makler hat für einen Standort, ein paar Häuser, ein Geschäft eine Unterschrift über 25 T€ haben wollen und er hat unterschrieben und das ging. Der Akteur borgt das von Freunden, baut wahrscheinlich aus und produziert Schuhe. Am Ende haben die Kunden die Kredite für die zu kaufenden Schuhe bezahlt und einen Vorschuss von 5 Mio. gewährt. Nun kommen 3000 zu jedem Schuhtag, um die Atmosphäre zu erleben und ihre Schuhe selbst zu machen. Sie kaufen auch , eine philosophische Illustrierte: Schuhe sind Nebensache, erzählt der zweite Waldviertler, Teilen ist Hauptsache und es gibt unmäßig viel zu teilen. 1997 mussten wir sparen. Wir haben die Werbung dadurch durch unseren ihren inneren Weltdialog in Brennstoff ersetzt. Auch Möbel aus Packkisten. Bei Engpässen springen immer welche oder alle ein, berichtet die Waldviertlerfrau. Für immer gleich wenig Geld ist alles in der Firma zu haben, weil das Umland in Bioqualität den break even liefert. Mindestens. Ich muss nicht mehr am den 20 000 unnötigen Waren des europäischen Alltagsverbrauchs vorbeigehen, sagt der Gründer. Fülle erfahren, statt Mangel zu erzeugen via Werbung. +++ Ist die Taz ebenso zukunftsfähig Kalle, fragt Doris moderierend? Schuhe, sagt Kalle, sind schöner als Zeitungen, die es bald gedruckt wohl nicht mehr geben wird. Waldviertel lebt von der Ehe von Gewerbe und Handel und will Genossenschaft werden, wie die Taz – Titanic mit den vielen Luftkammern. Sie haben deshalb Pakete von Mohnzelten mitgebracht. Sie schmecken rauschartig. Ich frag mich, was ihr ohne mich gemacht hättet, fragt Volkswirt Kalle. Alle wollten schreiben. Ich spüre, was der Taz gut tut. Wir wollen nicht Journalismus sein, sondern soziale Bewegung. Zwei meiner drei Kinder wählen die Piraten, so können sie nicht so schlecht sein und uns entlasten in unserer Rolle als Langzeitausnahme. Wir, sagt der Erste Viertler, brauchen weniger, was dafür ordentlich ist. Die Welt ist von den Multis enttäuscht. Wir sind seitdem doppelt gewachsen, um uns entwickeln zu können. Wir beschäftigen nun unter einer Woche einen ordentlichen Orthopäden. Für ein schöneres Leben der Kunden, die die Schuhe nicht selbst bauen wollen. Das ist schön, sage ich, gutes Leben, ich danke und komme zu Besuch. Sehen ist mehr. Noch schöner.
Ich wollte noch Neues über Frau Arendt hören gehen zum Guten Ende. Aber es gab nur für die ersten 40 ein fremdsprachliches Hörgerät. Ich saß erschöpft als erster da als die 43 anstanden. Da gebe ich auf und gehe. +++ Das taz- Zelt schwebt leicht über dem BKA in der Abendsonne. Vor dem Auditorium liegen zwei stämmige SchläferInnen schlaff auf der Heizung. Das Bewegungspuzzel vor dem Global füllt jetzt die Tafel aus: Alles bewegt uns. +++ Was tun, fragt Martin gerade die Buch- Autorin. Das ist, erwidert sie wohl doch überrascht, eine schwierige Frage, sich als Minderheiten nicht gegeneinander ausspielen lassen. Martin fragt nicht weiter. Vielleicht ist die Mehrheit eine Gesamtheit von sich selbst distanzierenden Minderheiten, die sich so zu einem Volk erheben auf Kosten des offensichtlichen Rests. +++ Die Rätin ist auch gegangen. Wir haben kurzzeitig unerwartet eine alte Distanz überwunden. Dann begrüßte sie eine Freundin. Nur gut, dass es danach war, das Alte. +++ Ich komme diesmal auf der Spreeseite aus dem Labyrinth. Das Fahrrad steht an der Großzeltseite. Berlin geht in den Abend. Ich habe Jans mißtrauische Ausgangsfrage vergessen aus dem Dezember: Du gehst doch nicht gerne einkaufen!! Humana, konnte ich seit zwei Jahren locker antworten. Untere Schönhauser. Vorderer Alex. Frankfurter vor dem Tasso. Tasso natürlich. So passt das zum Guten und Schönen Leben und zum taz- Tag. Der Schöne Morgen, begann in der Wende der Ostdeutsche Rundfunk. Ein schöner Tag.