vonhausblog 21.09.2017

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Am 20. September diskutierten Diana Kinnert (CDU) und Julia Schramm (Die Linke) live im taz Café und auf Facebook über Politik in Zeiten von Angela Merkel. taz-Redakteurin Belinda Grasnick hat den Abend beobachtet.

Europa, Nationalstaat und Wolfgang Schäuble: Wer denkt, dass zwei junge hippe Berlinerinnen schon irgendwie ganz ähnlich ticken würden, konnte am Mittwochabend im taz.café an diesen Themen sehen, dass die Unterschiede sehr grundsätzlich sein können. Dort trafen Diana Kinnert von der CDU und Julia Schramm von der Linken auf Nina Apin, Leiterin des Meinungsressort der taz. Ausgangspunkt war die Frage „Merkel forever?“ – und von da aus wurde es grundsätzlich.

In der Analyse seien sie sich oft einig, aber die Lösungsansätze gingen eben auseinander. So definiert Julia Schramm ihr Verhältnis mit der CDU. Schramm war in der Piratenpartei und ist seit Dezember 2016 im Landesvorstand der Linken Berlin. Diana Kinnert ist Mitglied der CDU, wurde von der Konrad-Adenauer-Stiftung gefördert und setzt sich für einen „modernen Konservatismus“ ein. Sowohl Kinnert als auch Schramm haben Bücher veröffentlicht und sich intensiv mit der Politik Angela Merkels auseinandergesetzt – und kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen.

„Die Grenzöffnung war ein nationalistischer Akt“

Für Schramm war Merkels Entscheidung, die Grenzen für Geflüchtete im September 2015 zu öffnen, eine humanistische. Das sieht Kinnert anders. Die Entscheidung sei sogar ein „nationalistischer Akt“ gewesen, denn es werfe „kein gutes Licht auf Deutschland, wenn Flüchtlinge vor einer deutschen Grenze sterben“, sagt sie. Dass es Grenzen braucht, stellt Kinnert nicht in Frage. Das „Grundprinzip der nationalen Souveränität“ sei trotz Globalisierung unverzichtbar und eine europäische Verfassung würde die Mitgliedsländer nur überfordern. Sie sei deshalb derzeit aussichtslos.


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• Den Mitschnitt des Facebook-live Videos der Diskussion können Sie auch auf der Facebook-Seite der taz ansehen und gerne auch teilen.


Merkel sei keine nationalistische Kanzlerin und kann mit dem Nationalstaat nichts anfangen, findet Schramm: „Merkel führt Deutschland eigentlich wie ein Unternehmen.“ Das habe dazu geführt, dass Deutschland in den letzten zehn Jahren eine „wahnsinnig ungesunde Hegemonie in Europa“ entwickelt habe. Mit dieser Haltung habe sie eine Renationalisierung in Europa vorangetrieben, „weil sie auf dem Rücken der anderen Europäer den Haushalt saniert hat und weil sie deutsche Interessen in den letzten zehn Jahren vertreten hat wie sich das kein Kanzler vorher getraut hätte.“

Wagenknecht als Kanzlerin?

Die Kritik an der deutschen Haushaltspolitik richtet sich zumeist gegen Wolfgang Schäuble, dem viele Linke ein zu hartes Vorgehen in der griechischen Finanzkrise vorwerfen. Gefragt, wie sie zum derzeitigen Finanzminister stehe, der gerade seinen 75. Geburtstag feierte, antwortete Diana Kinnert mit einer konkreten Ansage: „Ich wünsche mir aus generationengerechter Perspektive eine vernünftige Konsolidierungspolitik. Und deshalb wünsche ich mir, dass Schäuble Finanzminister bleibt.“

Da jede Partei ihre zum Teil unbeliebten Stars hat, wird zum Ende des Abends Julia Schramm noch aus dem Publikum gefragt, ob sie denn eine Kanzlerin Sahra Wagenknecht einer Angela Merkel vorziehen würde. Schramms erste Reaktion: „Puh.“ Nach fünf Sekunden Pause: „Ja. Würde ich.“ Überzeugung hört sich anders an. Zu finden ist sie bei Diana Kinnert. Aus dem Publikum angesprochen, ob sie nicht einfach genauso pragmatisch und kantenlos sei wie Merkel, bedankt sich diese mit einem breiten Lächeln für das Kompliment.

BELINDA GRASNICK, Redakteurin der taz

Titelbild: Nina Apin (re.) im Gespräch mit Diana Kinnert; Foto: Screenshot

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