Mühselig ist das: Zwei Ampelphasen sind täglich mehrfach für diejenigen zu überwinden, die als das ausgelagerte Drittel der taz-Mitarbeitenden zu Besprechungsterminen über die Charlottenstraße und die Rudi-Dutschke-Straße in die dort gelegene Verlagszentrale wollen.
Wer geschickt ist, kann das Hindernis unter Ausnutzung der optimalen Phasenfolge um wenige Wartesekunden verkürzen oder, ein bisschen riskanter, die Straßenseite bei Rot wechseln. Sehr unterhaltsam, aber mit den Jahren eine Menge verschleuderter Energie.
Im Sommer vorigen Jahres bot sich eine einzigartige Gelegenheit, alles, was die taz macht, wieder unter einem Dach und Fach zusammenzuführen. In der unmittelbar benachbarten Südlichen Friedrichstadt wird nach einem dialogischen Verfahren ein Quartierskonzept umgesetzt, gemäß dem bestimmte Grundstücke als Baufelder für konkrete Nutzungen im Konzeptverfahren an Bauherren bevorzugt verkauft wurden.
Die taz bekam als später Bewerber die Chance, sich als Zeitungsverlag im historischen Berliner Zeitungsviertel um die Grundstücke Friedrichstraße 20-22 zu bewerben. Am 30. Oktober 2013 hat der Steuerungsausschuss des Liegenschaftsfonds einstimmig der Direktvergabe der Grundstücke an die taz zugestimmt.
Und nun, ab sofort, geht es los. Seit gestern ist der „nichtoffene Wettbewerb für ArchitektInnen mit vorgeschaltetem Bewerbungsverfahren“ auf der Architektenplattform competitionline.com/taz veröffentlicht. Die taz erfüllt damit eine Forderung, die im „Standortentwicklungskonzept Kunst- und Kreativquartier am früheren Blumengroßmarkt Südliche Friedrichstadt, Berlin-Kreuzberg“ auch für das an die taz vergebene Baufeld enthalten ist (www.kreativ-quartier-berlin.de).
Den Wettbewerb hätten wir allerdings auch ohne diese Auflage ausgelobt. Denn die Beteiligung der Öffentlichkeit an der Entwicklung der taz und ihrer Projekte ist elementarer Bestandteil ihrer Unternehmenskultur. Die Vielfalt von Ideen steckt nicht nur in der täglich demonstrierten Pluralität ihrer publizistischen Präsentation. Sie soll sich auch im Baukörper zeigen und im Dialog mit den sozialen und städtebaulichen Rahmenbedingungen.
Wir gehen davon aus, dass sich bis zum Ende der Bewerbungsfrist am 31. März mehr als 100 Architekturbüros um eine Teilnahme beworben haben werden. Ein Auswahlgremium wird entsprechend des mit der Architektenkammer abgestimmten Verfahrens 25 Büros finden, die dann die vollständigen Wettbewerbsunterlagen erhalten. Noch in der ersten Aprilhälfte wird der „richtige“ Wettbewerb beginnen. Für Ende April ist ein für alle TeilnehmerInnen transparentes Rückfragekolloquium geplant, in dem Gelegenheit besteht, Antworten von der taz als Bauherrin zu bekommen.
Nach insgesamt 60 Bearbeitungstagen müssen dann die Entwürfe anonymisiert dem Preisgericht vorgelegt werden. Dieses wird nach jetziger Planung Anfang Juli tagen und die besten Entwürfe prämieren. Unmittelbar darauf werden alle Arbeiten öffentlich ausgestellt.
Wenn alles weiter so glattläuft wie bisher, könnte bereits im nächsten Jahr mit den ersten Bauarbeiten begonnen werden. Spätestens zum 31. Dezember 2017 wird dann auch der tägliche Hindernislauf durch den Kreuzberger Straßenverkehr für die taz-Mitarbeitenden Geschichte sein. Dann nämlich enden dort die Mietverträge aus: ein gutes Motiv für einen termingerechten Umzug.
Andreas Bull, 58, taz-Geschäftsführer, hat auch den Umzug der taz von der Watt- in die Kochstraße (heute: Rudi-Dutschke-Straße) mit organisiert.