von 18.05.2010

taz Hausblog

Wie tickt die taz? Das Blog aus der und über die taz mit Einblicken, Kontroversen und aktuellen Entwicklungen.

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Zu unserer heutigen Seite 1 und einer Analyse von Andreas Rüttenauer auf Seite 5 erreicht uns folgender Leserbrief von Jochen Rögelein aus München:

Mich regt Fußball auf! Männlicher Fußball ist nichts anderes als Massenpsychose samt rückwärtsgewandtem Führerkult und bedient alle niederen Instinkte, immer laut, immer grob, völlig unkultiviert und dahinter steht auch eine ganze Industrie. Nicht umsonst ist er das letzte gesellschaftliche Refugium für Homophobie. im Frauenfußball würde eine lesbische Spielerin möglicherweise sogar erwartet, vielleicht ist das der Grund, warum die Frauenfußball-WM nicht annähernd ernst genommen wurde.

Und warum muß Deutschland eigentlich immer gewinnen in allen Sportarten, warum unterstützen Medien diesen Hype? Warum hat die taz die „Wade der Nation“ auf der Titelseite? Politiker und Manager sollten uns auch mal endlich verschonen mit rückwärtsgewandten Vergleichen aus dem Fußball, die bringen uns nicht weiter. Fußball gehört auf den Fußballplatz und sollte nicht die ganze Gesellschaft dominieren.

Und Christopher Wimmer aus dem bayrischen Taising meint zur Schlagzeile „Wir brauchen keinen Boss“:

Prinzipiell ist dem natürlich zuzustimmen. Aber kann mir die taz jetzt noch erklären, wer „wir“ eigentlich sind und warum man das auf die Titelseite packen muss? In der Tat: wenn „wir“ trotz Euro-Krise, Griechenland oder der zum Bürgerkrieg ausufernden Lage in Thailand keine größeren Sorgen haben als ein verletzter Fußballer-Knöchel, dann kann es „uns“ in Deutschland ja so schlecht nicht gehen.

Was meinen Sie: Sollte die taz grundsätzlich nur auf der Sportseite über Sport berichten, oder sollten besonders wichtige Sportthemen auch mal auf die Seite 1 kommen? Oder sollten wir sogar ganz darauf verzichten? Und wenn wir über Sport berichten: Finden Sie es zulässig, wenn dabei erkennbar wird, dass ein taz-Autor Fan der deutschen Mannschaft ist?

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https://blogs.taz.de/hausblog/fussball-als-massenpsychose-samt-rueckwaertsgewandtem-fuehrerkul/

aktuell auf taz.de

kommentare

  • Ich ignoriere die Fußball-Berichterstattung normalerweise völlig, und auch die Leibesübungen betrachte ich nur, wenn ich irgendwo warten muss und die taz mein einziges Lesematerial darstellt.

    Wenn nun aber eine große Leserschaft unbdingt Fußball-Berichterstattung braucht/möchte – dann bitte doch nicht auf S.1-Niveau. Ja, mag sein, dass das für manche ein „wichtiges“ Thema ist – aber es wird immer Wichtigeres geben als das, was man vorne drauf packen kann – den (gerne separat abgetrennten :P) Fußballteil kann man ja weiter hinten verpacken (zwischen Fernsehprogramm, Börsennachrichten und die Supermarktreklame…. ;)).

  • @Heinrich: Und wer entscheidet, was für „Gesellschaft und Leben“ relevant ist? Offensichtlich sind es Informationen zu genau dem Thema, das die Leute interessiert. Fußball gehört zum Leben vieler Menschen in Deutschland dazu. Die WM erlebt man mit, man fiebert bei den Spielen mit, guckt in Gesellschaft, feiert zusammen. Wie wirkt es sich auf die Masse in der Bundesrepublik aus, wenn im Mittelmeer Menschen ertrinken, in China Menschen auf Grund schlechter Arbeitsbedingungen krepieren oder ein durchgeknallter General in Somalia fünf Kleinkinder hinrichten lässt? Gar nicht. Anscheinend ist also die WM und der Trubel drumherum für die meisten Menschen hier wesentlich relevanter als solche Ereignisse. Das kann man bedauern oder als Missstand anprangern, es ist aber nunmal so.

    Natürlich könnte eine Zeitung jeden Tag groß auf das Titelblatt bringen, das in Afrika wieder x Menschen verhungert sind. Die Zeitung würde (zu recht) innerhalb kürzester Zeit in die Insolvenz rutschen, weil sie schlichtweg nicht mehr gekauft werden würde. Der Grund ist ganz profan: Von Tageszeitungen wird erwartet, dass sie auf der Titelseite zumindest die ein, zwei aktuellsten Themen vorstellen, die die Menschen zur Zeit am meisten bewegen. Das bedeutet nicht, dass man auf gute Artikel aus anderen Bereichen verzichten sollte, dass man keine Dossiers bringen könnte oder dass die in deinem Beitrag genannten Themen verschwiegen werden sollten; Aber es sind nicht zwingend Titelthemen, wenn nicht grade etwas außergewöhnliches passiert ist.

    Ich bin auch kein großer Fußballfan und ehrlich gesagt geht mir die Wade von Ballack am Allerwertesten vorbei. Man muss sich aber damit abfinden, dass Deutschland eine Fußballnation in Bezug auf Sport ist, weswegen der Ausfall des Kapitäns der Nationalmannschaft grade bei einer WM berichtenswert ist, ganz einfach weil er viele in der Nation berührt.

  • Die taz zeichnet sich durch eine unabhängige und vor allem andere Berichterstattung aus, als andere Medien, und genau das erhoffe ich mir auch bei der Berichterstattung während der WM. Gerade da Südafrika in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerückt wird, wäre eine differenzierte Berichterstattung über das Land interessant, aber dabei sollte natürlich auch nicht die normalen Geschehnisse im Rest der Welt Außen vorgelassen werden. Deshalb würde ich es schade finden wenn gerade die erste Seite für den Fußball drauf gehen würde. Da gehört meiner Anischt nach jeden Tag etwas anderes aktuelles drauf.
    Deshalb: Fussbal gehört zu den Leibesübungen, Satire zur Wahrheit ;-) und der Rest der Zeitung den wichtigeren Sachen dieser Welt.

  • So lange auch dieses Mal auf der Wahrheitsseite bösartige Betrachtungen über Schlandfahnen-Spazierenfahrer und andere national gefühlsbeduselte ihren Platz haben: Her mit der WM-Berichterstattung!

  • gerne WM-berichterstattung im SPORTTEIL. seite 1 für ballaks füsschen finde ich einen (schlechten) scherz – im sportteil eine nachricht, die ich gern auch in der taz lese. vielleicht zur WM einen (leicht) erweiterten sportteil? was ich mir vor allem in den WM-wochen von der taz wünsche, sind ausführliche blicke hinter die kulissen, recherchen zu geschäftsmanieren der fifa, wie setzt die fifa ihr rigides copyright gegen südafrikas straßenverkäufer durch?, das leben in südafrike vor, während und nach der WM,… und das dann gern im ganzen heft.

  • @Miniab : Warum werden Sie persönlich und reden nicht zur sache? Sollte wirklich die Rechtschreibung der „Fußballgegner“ ein ausschlaggebendes Argument zur Streitfrage sein? Ich denke doch nicht! Und wenn, dann fällt mir persönlich auf, dass „Fussbalfreunde“ sich mit rethorischen Fragen und oberflächlichem Geplänkel zufrieden geben. Der Eingangskommentar trifft meine Meinung.

    Ich finde es ärgerlich, dass Fußball eine so große Rolle spielt. Zeitungen sollen demnach natürlich darüber berichten, aber im Rahmen.

    Balack ist kein Titelthema! Treibende Leichen von Flüchltingen im Mittelmeerraum, weil sie Italien nicht annehmen will und ertrinken lässt, das sit ein Titelthema! Wird aber nur in kleinen Kästchen kurz erwähnt. Wir müssen die Reltationen sehen. Es geht nicht nur darum was die MAsse interessiert, sondern was relevant ist für Gesellschaft und Leben. Ich finde es relevant, dass in Bayern Asylanten keine eigene Wohnung beziehen dürfen und in Sammellagern gehalten werden, mit fremden Leuten in einem zimmer zusammengescharrt. Das ist ein Titelthema! Das sollten die Zeitungen berichten! Auch wenn die Menschen das nicht in dem Maße interessiert wie Fußball ist es doch wesentlich relevanter für Gesellschaft und Leben als Fußball. Berichtet über gequälte Tiere in Massentierhaltung und Laboratorien! Über Leukämiehäufung bei Kindern um atomkraftwerke! Berichtet über das Bienensterben! Regenwaldrodung! Apartheitsproblem in Süd Afrika. Meiden sollen Kritisch sein, besonders auf der Titelseite. Was ihr berichtet wird politisch und gesellschaftlich angepackt!

    Würde man nur danach gehen was die Masse interessiert, müsste ja auch ständig McDonalds und Pronos auf der Titelseite sein, nicht wahr?

  • Wenn ich hier die Beiträge von Fußballfreunden (z.B. Redbranch) und Fußballgegnern (z.B. Werner) hinsichtlich Wortwahl, Rechtschreibung, Grammatik, Interpunktion und logisch-folgerichtigem Textaufbau vergleiche und dann noch
    Werte wie Respekt und Toleranz hinzuziehe, stelle ich Folgendes fest: Die Fußballfreunde sind sprachlich fitter (wohlmöglich ein Ausdruck von Intelligenz?) und haben es offenbar nicht soo nötig, ihre „Gegner“ in beleidigender Art und Weise abzuwerten („Sonderschulensport“, „Einzeller“…).

    Wieso gehen die Fußballgegner so unglaublich emotional mit dem Thema um? Glauben sie, hier steht so was wie Armageddon bevor?

    Obwohl mir Fußball an sich nicht wichtig ist, kann ich die Argumente der Fußballfreunde absolut befürworten.
    Daher: Liebe taz, bitte über die WM berichten.
    Solange die anderen Themen dabei nicht zu kurz kommen, soll´s mir recht sein.

  • Werner und ichso haben alles Nötige gesagt. Nur „nationalistisch“?! Ich weiß nicht, vielleicht, aber darüber habe ich mir noch nicht genug Gedanken gemacht…

  • Nein wenigstens ein Blatt sollte den Sonderschulensport nicht auf der Titelseite bringen!
    Auf keinen Fall!!
    Wenn sich 20 unterdurchschnittlich intelligente Leute um einen Ball steiten, und dann Einzeller sie als Helden betiteln
    dann ist doch eindeutig was falsch hier!!?
    Fußballer, Helden??? Nur weil sie nen Ball durch die Gegend treten?
    Wie weit die intelligenz schon in den Keller gesunken ist, sieht man an solchen Aussagen“ wenn einige Fuball nicht kapieren…“??? Da ist doch Hopfen und Malz verloren!
    Also wenn man nicht eine ganze Generation solch einem geistigen Niveau, sonst leider nichts- hervorbingen/unterstützen will, sollte Fußball tunlichst dahin gehören, wo er hingehört:
    In die Sport und Spiel-ecke!! Denn es ist ein Spiel!
    Wer Fußball toll findet hat wirklich genug möglichkeiten suich Tag und Nacht berieseln zu lassen.
    Es muß doch möglich sein ein Blatt zu kreieren, das nicht über Fußball auf der 1. Seite berichtet!
    Als BITTE BITTE NICHT!!!!
    100 Zeitschriften voll damit sind wahrlich genug!

  • Fußball gehört zur Gesellschaft wie viele andere Themen. Eine überregionale Zeitung, die sich und ihre Leser ernst nimmt, muss über Fußball berichten. Auch auf der Titelseite.

  • Von mir aus könnt ihr auch über Fußball und die WM berichten, aber bitte nicht so wie heute auf der Titelseite über einen verletzten Fußballer und dann auch noch groß!

    Bitte fragt euch doch einfach mal selbst: Ist das Verhältnismäßig? Gibt es nicht was wichtigeres? Nur weil es die anderen, die sich selbst als Qualitätsjournalisten bezeichnen, auf ihrer Titelseite berichten, müsste es ihnen nicht nachmachen.

    Solange nicht Deutschland Weltmeister geworden ist, hat eine Meldung darüber nichts, auf der Titelseite verloren.

    Ich habe mich auch schon gestern beim ZDF beschwert, wegen eines ZDFspezials über die Ballack-Verletzung.

    MFG,

    ein großer Fußball-Fan

  • Es gibt kein aktuelles Thema, das mich weniger interessiert als Ballacks Knöchel, aber es ist auch bei Weitem nicht das erste Seite-1-Thema, das mich nicht interessiert.
    Ich weiß, wie man umblättert, und wenn ich auf der letzten Seite angekommen der Meinung bin, dass sich das Umblättern insgesamt gelohnt hat, bin ich zufrieden. Auf welcher Seite dabei was stand, ist mir noch egaler als Ballacks Knöchel.

  • Die taz sollte schon über die wm berichten, aber natürlich aus taz-sicht und sollte nicht nur den Fokus auf die deutsche Mannschaft richten.
    Wobei die heutige Titelseite aus meiner Sicht auch nicht nötig gewesen wäre. Als ich die Meldung von Ballack gestern gehört hatte, habe ich im Stillen gehofft, dass die taz genau das thema nicht auf die titelseite bringt da das Thema den ganzen Tag breitgetreten wurde. Aber bei der taz weiß man nie:)

  • Es gibt nur eines: berichten! Das kann auch mal auf der 1. Seite sein, warum nicht? Weil einige nicht in der Lage sind, Fußball zu kapieren oder aus ideologischen Gründen nicht kapieren wollen? Es gehört zu den größten Freuden, ein gutes Fußballspiel zweier unterschiedlich spielenden Mannschaften zu verfolgen. Und es ist anspruchsvoll, wenn man in der Lage ist, außerhalb nationalistischem Fantum auch auf die Qualität eines Spiels zu schauen: Unberechenbarkeit, immer neue Situationen, unendliche Möglichkeiten. Fußball ist immer neu! Also, Newspaper, berichte!

  • Fußball ist ein Sport und gehört als solcher in den Sportteil.

    Wenigstens bei der taz wünsche ich mir, dass die omnipräsente Fußball-WM wirklich nur im Sportteil stattfindet. Auf den Titelseiten nahezu JEDER größeren Zeitung und „Zeitung“ (siehe zu zweitem „BILD“) erbricht sich menschem zur Fußball-WM (seltsam, dass der Zusatz „Fußball“ so oft weggelassen wird, als gäbe es nur diese WM) nur diese eine Thema.
    Wenn die taz auch während dieses nationalistischen Rausches eines Großteils der Bevölkerung eine gewohnt gute Berichterstattung brächte, wäre das eine sehr wohltuende Ausnahme.

    Ich habe kein Problem damit, wenn bei einem Artikel über Sport (hier speziell Fußball) durchschimmert, dass der Autor oder die Autorin Fan der deutschen oder einer anderen Nationalmannschaft ist.
    Es soll ja noch Menschen geben, die bei solchen Ereignissen wirklich den Sport und nicht „ihr Land“ feiern.

  • Bitte stellen Sie die Berichterstattung von allen Sportarten ein, die eine Spielart der Verharmlosung von in einem künstlichen „Legalrahmen“ ausgeführten Gewaltakten ist. Dazu zähle ich Fußball.
    Zudem lenkt der Bericht von solchen Sportarten davon ab, dass in unserer Gesellschaft viele gehandicapten Menschen leben. Wie wäre es, statt sich mit so etwas Primitivem wie Fußball zu befassen, freie Zeit mit (bspw.) freiwilliger Hospizarbeit zu verbringen?

  • Bei mir ist angekommen, dass es hier in erster Linie um die Fußball-WM geht, oder?

    Ihr solltet auf jeden Fall über die WM berichten! Wieso denn nicht?
    Die Freude am Fußball ist nunmal auch global gesehen ein gesamtgesellschaftliches Phänomen.
    Wenn ich an die WM 2006 denke – wann hatten wir denn hierzulande mal so eine fröhliche, unbeschwerte und gastfreundliche Atmosphäre? Wann zuvor konnte weltweit ein derart positives Deutschbild rübergebracht werden? Vor 2006 war da einfach nichts.
    Außerdem werden während solcher Ereignisse auch Barrieren zwischen den sozialen Schichten abgebaut. Beim gemeinsamen Fußballgucken wird eben zusammen gejubelt, gejammert und gefeiert.

    Diese miesepetrige Überheblichkeits-Schiene „Hach, ich bin ja soooo klug und intellektuell und deshalb interessiert mich diese Fußball-Prollerei natürlich üüüberhaupt nicht und deshalb hat die taz gefälligst auch über den Dingen zu stehen“ scheint mir ausgesprochen unangemessen. Es soll tatsächlich hochintelligente Akademiker, ja sogar international anerkannte Spitzenforscher geben, die Fußball lieben.
    Das Leben besteht glücklicherweise nicht nur aus Katastrophen, Ärgernissen und Tragödien, sondern auch aus erfreulichen Ereignissen. Und auch darüber darf gern mal berichtet werden.

    Deshalb: BITTE BITTE BITTE berichtet über die WM!!!! Und zwar ausführlich, kritisch, witzig und differenziert. Und gerne auch auf Seite 1!

    Der taz-Autor darf sich natürlich als Fan der deutschen Mannschaft outen, was sollte denn dagegen sprechen?

    Die taz-Berichterstattung über die WM 2006 war übrigens so gut, dass sie sogar von jemandem gelesen wurde, der Fußball ursprünglich ziemlich blöd fand. Das hat sich durch die taz-Lektüre geändert.

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