Seit 12 Uhr an diesem Freitagmittag findet in Chemnitz eine wichtige Gedenkveranstaltung statt. Am Stephansplatz in der sächsischen Stadt versammelt sich die jüdische Gemeinde, um an eine der dunkelsten Stunden der deutschen Geschichte zu erinnern. Heute vor 80 Jahren, am 9. November 1938, brannten Nationalsozialisten dort, wie in vielen anderen deutschen Städten, die jüdische Synagoge nieder. Zuvor hatten sie den Rabbiner der Gemeinde, Hugo Fuchs, abgeholt, mit einem Lastwagen zur Synagoge gebracht – und ihn gezwungen zuzuschauen, wie seine Synagoge brannte.
Chemnitz ist heute ein Ort des Gedenkens. Es ist aber auch, wieder, ein Ort großer politischer Auseinandersetzungen. Rechtsextreme Gruppen rufen für den Tag auf die Straße, einst wollten sie gar mit Fackeln marschieren. Zahlreiche demokratische und antifaschistische Gruppen wollen sich dem heute entgegen stellen, mit mannigfaltigen Aktionen. Die Jusos wollen Stolpersteine putzen, und es gibt Kundgebungen und Demonstrationen. Sie wollen ihre Stadt als einen Ort der Toleranz und Vielfalt behaupten.
Die Stimmung in der Stadt ist jedoch angespannt. Im August waren rechtsextreme Gruppen durch die Stadt gezogen, auf Minderheiten losgegangen und hatten so international für Schlagzeilen gesorgt. Später kam es immer wieder zu Anschlägen, etwa auf ein jüdisches und ein türkisches Restaurant. Bis schließlich Sachsens Landesregierung ein hartes Durchgreifen ankündigte und eine Sonderermittlungsgruppe einrichtete.
Die taz ist aus diesem Anlass am heutigen Tage in Chemnitz präsent. Unser Kollege Kersten Augustin berichtet in seinen Livestreams live von vor Ort – damit Sie sich ein umfassendes Bild machen können. Wenn Sie sich dafür interessieren, folgen Sie Kersten Augustin direkt auf Periscope und Twitter. Er begleitete heute Mittag die Gedenkveranstaltung der Jüdischen Gemeinde, die sie hier anschauen können, und wird Ihnen im Tagesverlauf weiterhin berichten: Von der Geschichte der Stadt, vom stillen Gedenken, aber auch von den ganz aktuellen Versuchen, den Menschenhass der Nationalsozialisten zu relativieren und sich in deren Erbe zu stellen.
80 Jahre nach dem 9. November 1938 ist uns das ein besonderer Auftrag: Ihnen ein ungeschminkte Bild dessen zu zeigen, was auf den Straßen in Deutschland, und heute in Chemnitz, passiert.