von 06.05.2013

taz Hausblog

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Das haben wir wohl unterschätzt. Binnen weniger Tage schon war die Veranstaltung mit der kubanischen Bloggerin Yoani Sánchez ausgebucht, zu der taz, Reporter ohne Grenzen und das Instituto Cervantes am Mittwochabend in das Instituto Cervantes in Berlin einladen. Rund 150 Plätze bietet der Saal, viel mehr haben sich angemeldet. Und nein, wir verlosen nicht – es gilt das Windhundprinzip. Die ersten 150 Personen, die sich angemeldet und eine Bestätigung bekommen haben, werden in den Saal kommen.

Aber: Für alle, die nicht direkt dabei sein können, wird es ab 19.30 Uhr hier im Hausblog einen Videolivestream der Veranstaltung geben. Und Fragen kann man auch stellen: auf Twitter mit dem Hashtag #YoaniBerlin. Moderator Bernd Pickert wird versuchen, so viele Fragen wie möglich ins Gespräch mit Yoani Sánchez einzubringen.

Eigentlich hätte es uns natürlich klar sein müssen, dass das Gespräch mit Yoani Sánchez so viel Interesse weckt. Seit die 37-jährige ausgebildete Philologin im Jahr 2007 ihren Blog „Generación Y“ begann, in dem sie vor allem Geschichten und Einschätzungen aus dem kubanischen Alltag berichtete, ist ihre Leserschaft weltweit ständig angewachsen. Von freiwilligen Helfern wird ihr Blog inzwischen in viele Sprachen übersetzt, Sánchez selbst erhielt diverse internationale Blogger- und Medienpreise – die sie zunächst alle nicht entgegennehmen konnte, weil die kubanischen Behörden ihr stets die Ausreise verwehrten. Auch, als die taz sie vor zwei Jahren nach Berlin einlud. Stattdessen konnte sie damals nur diese Videobotschaft schicken:

Das Reiseverbot änderte sich erst mit dem Inkrafttreten der neuen Migrationsgesetze. Die bieten zwar im Prinzip auch die Möglichkeit, einzelnen Personen sogar ohne Angabe von Gründen die Ausreise zu verweigern, doch wollte der kubanische Staat davon offensichtlich keinen Gebrauch machen. Seit Anfang Februar ist Sánchez jetzt unterwegs, Deutschland gehört zu den letzten Stationen ihrer Reise. Aufmerksamkeit hat sie überall gefunden – solidarische und unfreundliche. Für die kubanische Regierung ist Sánchez eine „Cyber-Söldnerin“, die im Dienst der CIA stehe und feindliche Propagandalügen verbreite. Diese Position findet ihren Widerhall auch in Demonstrationen und Kundgebungen, wo immer Sánchez auftritt. In Berlin wollen die Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba, die Arbeitsgemeinschaft Cuba Si der Partei „Die Linke“ und die Antifaschistische Linke Berlin gegen ihren Besuch demonstrieren.

Yoani Sánchez selbst geht damit gelassen um – immerhin ist sie solche „Actos de repudio“, also organisierte Proteste gegen missliebige Meinungen, auch aus Kuba gewöhnt. „Es ist gut, dass unterschiedliche Meinungen gehört werden – ich wünschte, das ginge in Kuba auch“, sagt sie.

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https://blogs.taz.de/hausblog/livestream-taz-veranstaltung-mit-yoani-sanchez/

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kommentare

  • Chris Gupta hat’s erfasst und auf dem Punkt gebracht, besser kann man es nicht erklären.

    Ausserdem hat Yoani in der Konferenz auf eine neue Taktik gewarnt, auf die ich selber gar nicht darauf gekommen wäre:

    Bei ihrer Reise wurde durch eine bestimmte Minderheit (in verschiedenen Ländern) vermehrt versucht die wirklichen Probleme des kubanischen Volkes, worüber sie sehr genau berichtet, oder die Korruption der kubanischen Regierung, mit Fragen und Inhalte die ihrer Person betreffen abzulenken.

    Von jetzt an werde ich mich demzufolge mit den Aussagen eines David Sanchez nicht mehr beschäftigen.

    Vielmehr sollte von Interesse sein wer die Hochzeit von Mariela Castro Espín in Cancún spendiert hat, oder warum Fidel Castro mehr als 40 ländliche Anwesen besitzt, um mal „light“ anzufangen.

  • Danke für die Veranstaltung.Verschiedene Meinungen und Betrachtungen? Ein Dialog ist doch möglich. Auch in Kuba? oder nicht? Das wollte auch Oswaldo Payá.
    Jorge García Vázquez
    Activista pro Derechos
    Movimiento Cubano Liberación

  • ich fand es großartig-vielen Dank, liebe Reporter ohne Grenzen und taz, für dieses Interview.
    Ich versteh nicht, warum Yoani so umfassende Auskünfte zu allem und alles geben sollte. In erster Linie scheint sie eine unzufriedene Bürgerin Kubas zu sein, die die Zukunft ihres Landes bewegt. Wer von uns nutzt nicht das Recht, täglich unsere Regierung zu kritisieren, zu loben oder was auch immer zu tun. Ohne dafür drangsaliert, bespitzelt, eingesperrt zu werden. Wir reisen, wann wir können, ohne dass uns die Bundeskanzlerin daran hindern wollte oder könnte. Das Recht sollte jeder Mensch in jedem Land haben, egal welcher politischer Einstellung. Eigentlich traurig, dass auch hier diese elementaren Regeln der Meinungsfreiheit so nicht respektiert werden und immer Ausreden gefunden werden…

  • Weil es da Missverständnisse gab: Nicht die ersten 150 Menschen, die anstehen, kommen rein. Sondern die ersten 150 von denen, die sich angemeldet und eine Bestätigung bekommen haben.

  • Lieber Gerardo und Bernd,

    Natürlich ist politische Diskussion gut und wichtig. Ich werde mir den Livestream von Yoani heute ansehen und bin gespannt. Eventuell habe ich auch mit meinem Kommentar etwas über das Ziel hinausgeschossen, aber eine kritische Auseinandersetzung mit ihren teilweise konservativen Positionen finde ich wichtig. Die gibt es im übrigen auch auf Cuba Encuentro. (Beitrag vom 7.5.2013 von Domingo Amuchástegui Álvarez) Und lieber Gerardo, natürlich wird sie vom DSE eingeschüchtert und wir wissen alle wie das MININT agiert, kein Zweifel. Allerdings finde ich es nach wie vor schade, dass sie kritische Positionen auch gegenüber den USA leider zugunsten einer besseren Beziehung zu Miami, ad akta gelegt hat. Das Obama einer Bloggerin antwortet, dürfte das erste und letzte Mal geschehen sein und ich finde es nach wie vor Unvorteilhaft für Yoani, sie stellt sich dadurch in Frage. Es ist und bleibt unrealistisch, weder Merkel noch Gauck und viel weniger Obama würden einem Blogger auf seine Fragen antworten.
    Viele Grüsse !

  • Hallo David,

    mich würde interessieren, woher du das Wissen ob der Verbindungen zwischen Yoani und der Exil-Rechten nimmst und ob es sich hierbei konkret um die CANF handelt.

    Es ist doch wohl offensichtlich, dass sich die USA die entzückt Hände reiben und unterstützen, wo sie können, wenn eine Kubanerin ihr Land so offen kritisiert und dies auch noch so öffentlichkeitswirksam. Wahrscheinlich ist es auch eine indirekte Retour-Kutsche für die „Niederlage“ im Fall Elián González damals.

    Gut finde ich, dass du auf Buena Fe und die Aldeanos verweist.

  • Hochgeehrter David

    Wenn du mit unparteische parteilos meinst, dann sind wir einer Meinung, aber Yoani „war“ nicht eine kritische Bloggerin sondern sie ist es noch.

    In deinem Kommentar vermisse ich einiges, wie z.B. die tägliche Einschüchterung, die technische Blockade und die öffentliche Diskreditierung seitens des kubanischen Geheimdienstes (kubanische Regierung versteht sich) … Massnahmen die letztenendlich nichts gebracht haben

    Desweiteren ist sie NICHT die Dissidentin, die das System komplett umkrempeln möchte, sondern nur eine einfache unzufriedene Bürgerin, die nicht mehr schweigen will.

    Tatsache ist das IHR viel unterstellt wird, so wie DU es hier auch versuchst:

    1. Vorher konnte sie nicht ausreisen, und jetzt wo sie reisen darf soll sie es deiner Meinung nach auch nicht tun

    2. „Der Blog wird in vielen Sprachen übersetzt“ sehe ich als normal

    3. „Sie schreibt sich mit Obama“ nicht nur, sondern auch mit Raul Castro, mit dem Unterschied das der letztere nicht antwortet.

    4. Nachgeschmack hast Du. Ich freue mich sie hier zu sehen

  • Lieber David Sánchez,
    Ihren ersten Text für die taz hat Yoani 2008 geschrieben, ihren Mann, Reynaldo Escobar, kennen wir noch länger – sein erster Kommentar in der taz erschien 1994. Wir sind da auf keinen Zug aufgesprungen. I
    Über politische Positionen wollen wir ja gerade mit ihr diskutieren, deshalb macht man ja so eine Veranstaltung. Allein die Tatsache jedenfalls, dass sie Erfolg hat – also viel Aufmerksamkeit, viele Leute weltweit, die ihren Blog übersetzen, etliche -honorierte – Beiträge in internationalen Medien schreibt und Preise gewinnt, diskreditiert sie ja nun nicht.
    Für uns jedenfalls war klar, dass wir was mit ihr machen wollen, wenn sie nun endlich nach Berlin kommt – nachdem unsere Einladung vor zwei Jahren noch an den kubanischen Behörden gescheitert war.
    Sie sind herzlich eingeladen, sich per Twitter (#YoaniBerlin) an der Diskussion heute Abend zu beteiligen.
    Viele Grüße
    Bernd Pickert

  • Yoani Sánchez war eine unparteische und kritische Bloggerin. Sie forderte Meinungsfreiheit auf Kuba, Beteiligung der Zivilgesellschaft und gleichzeitig die Beendigung des Embargos sowie Normalisierung der Beziehung beider Staaten. Nach Kritiken aus Miami hat Sánchez ihre Ausrichtung völlig auf die alte Linie eines rechtskonservativen Exils in den USA orientiert und wenig ist von der dynamischen und basisdemokratischen Position von ihre geblieben. Zudem bleibt nach wie vor doch fragwürdig wie realistisch es ist, dass ihr Blog in sehr viele Sprachen übersetz, Obama ihr persönlich schreibt und sie in 80 Tagen fast um die Welt reist. Es bleibt ein bitterer Nachgeschmack, dass dort doch nachgeholfen wird. Letzteres ist nicht per se negativ, jedoch bringt es unabhängige Positionen in Gefahr und Yoani scheint schon des Längeren nicht mehr unabhängig zu sein. Schade und schade, dass die TAZ etwas spät auf einen Zug aufspringt, wo es sich schon lange nicht mehr lohnt. Vor allem wenn es Menschen wie Leonardo Padura, Musiker wie Buena Fe und Los Aldeanos gibt, welche authentischer und wahrhaft unabhängiger aus und über Kuba berichten könnten.

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