von 09.04.2011

taz Hausblog

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Von Alexander Kohn, Philipp Möcklinghoff und Volker Haaß

„Das Bloggen hat mir geholfen, meine soziale Situation zu verbessern. Mittlerweile werde ich auch auf der Straße von den Menschen erkannt und bin dadurch besser vor der Polizei geschützt“, berichtet die tunesische Bloggerin Lina Ben Mhenni zur Auftaktveranstaltung des Medienkongresses von taz und Freitag. Der Schutz durch die Öffentlichkeit verpflichte sie aber auch, weiterhin mehr zu sagen als andere.

Der Medienkongress steht unter dem Slogan „Die Revolution haben wir uns anders vorgestellt“. Aber wie dann? Lina Ben Mhenni hat deshalb am Freitag mit Bloggern aus den arabischen Ländern, mit einem Aktivisten aus Weißrussland und einem aus Deutschland über die Frage diskutiert, ob die vielen Möglichkeiten der soziale Netzwerke im Internet und das Bloggen nicht auch Gefahren für den Aufbau ziviler Gesellschaften bergen.

Evgeny Morozov. Foto: Fiona Krakenbürger
Evgeny Morozov. Foto: Fiona Krakenbürger

Zuvor wies der weißrussische Journalist und Blogger Evgeny Morozov auf ein gefährliches Potential der neuen Medien hin: „In Zukunft werden Staaten durch die Neuen Medien auch neue Instrumente der Kontrolle entwickeln.“ Vor fünf Jahren habe der weißrussische Journalist und Medienwissenschaftler noch gedacht, dass die demokratischen Bewegungen dank Twitter oder Facebook einen Vorteil gegenüber autoritären Staaten hätten – aber auch die Regime lernten sehr schnell, neue Formen der Überwachung, Zensur und Propaganda einzusetzen.

Als Beispiel führte er die so genannte 50-Cent-Armee in China an, die durch gezielte Bloßstellung von Bloggern oder das Anlegen von Fake-Accounts Opposition im Netz mundtot machen möchte. Dabei belohne das Regime genehme Kommentare in Foren und Blogs mit Geld.

„Wir sollten den erwirkten Wandel nicht der Technik allein zuschreiben, da er ja von menschlichen Netzwerken gemacht wurde“, erklärte Morozov. Es komme eben auf den Menschen an, der die Technik benutze. So wie von Öl- und Energieunternehmen soziale Verantwortung eingefordert werde, müssten auch Internetkonzerne in die Pflicht genommen werden. Zum Beispiel mittels der Durchsetzung des Rechts auf Anonymität im Netz, die Aktivisten vor Strafen schützen könne.

taz-Chefredakteurin Ines Pohl. Foto: Fiona Krakenbürger
taz-Chefredakteurin Ines Pohl. Foto: Fiona Krakenbürger

Das Internet als eine Wiege für neuen staatlichen Paternalismus statt Mittel zur Herausbildung einer globalen Zivilgesellschaft? Für taz-Chefredakteurin Ines Pohl gibt es darauf eine klare Antwort: Durch den Kongress möchte sie die Menschen „ermutigen, sich bei gesellschaftlichen Fragen einzumischen“. Sie wünsche sich eine Kontrolle der staatlichen Institutionen und eine wache, engagierte Bürgergesellschaft. Allerdings solle man sich von den technischen Innovationen nichts Falsches versprechen: „Zwar sind die Medien neu, deren Aufgaben bleiben aber traditionell.“

Wer beobachten will, wie das Internet alte Verhältnisse überwindet und neue Freiräume schafft, der konnte sich durch die Videobotschaft der kubanischen Bloggerin Yohani Sánchez begeistern lassen, die im Auditorium als Teil der Auftaktveranstaltung abgespielt wurde. Die taz-Autorin, die wegen einer verweigerten Ausreisegenehmigung der kubanischen Behörden bei der Diskussionsrunde fehlte, ließ es sich trotzdem nicht nehmen, die Zuhörer über eine Videocam an ihrem Wirken teilhaben zu lassen: „Ich werde dafür bestraft, eine eigene Meinung zu haben“, begründete sie ihre Abwesenheit. „In der virtuellen Welt kann ich mich endlich wie ein Bürger verhalten. Wer einmal dieses Gefühl hat, der wird sich nie wieder die Maske der Unterdrückung aufziehen lassen.“

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