Die Geschichte der taz ist stets eine Geschichte von drangvoller Enge in zu kleinen Redaktionsräumen. Daran hat sich fast nichts geändert:
Wattstr. 11, 1 Berlin 65. Die Adresse der taz für ein paar Hundert Quadratmeter rechts und links von einem langen Flur mit Platz für 80 Leute. Zum Schluss quetschten sich dort über 120 tazlerInnen. Ein Provisorium, pragmatisch in Besitz genommen für die tägliche linke radikale Zeitung, als sie selbst noch ein Provisorium war.
Nach rund zehn Jahren Anlauf sollte das Projekt als mittlerweile professionelles Produkt am Ort seiner Bestimmung im Berliner Zeitungsviertel ankommen. Die Kochstraße 18, heute Rudi-Dutschke-Straße 23, ist ein würdiges Kontorhaus, erbaut Anfang des 20. Jahrhunderts. Die großzügigen Etagen boten doppelt so viel Raum. Der 17. Juni 1989, damals noch als „Tag der Deutschen Einheit“ ein bundesweiter Feiertag, fiel auf einen Samstag.
Das hieß: zwei Tage in Folge keine Zeitungsproduktion und damit der beste Slot für einen Umzug. Das ist jetzt 25 Jahre her. Die taz hatte es dabei Ende der Achtziger nicht immer leicht. Mangels bezahlbarer Fläche war die Medienredaktion im notdürftig umgebauten Klo untergebracht. Für einen einigermaßen keimfreien Bodenbelag für die schmucklose Fabriketage im Wedding war kein Geld da.
Der von einer Ausstellung in den Berliner Messehallen für lau abgezweigte Teppichboden verschwand in den diebischen Fingern von Leuten, die meinten, die taz habe ihn nicht verdient. Aber ansonsten, muss man sagen, lief es eigentlich optimal.
Nach der vom „Freigestellten“ (Chefredakteur) Thomas Hartmann angetriebenen Blattreform (1985: „lieber eine bessere taz als gar keine taz“), die mit der Einführung einiger branchenüblicher Konventionen eine „richtige“ Zeitung aus der taz machte, katapultierte die Kompetenz der Redaktion zum Atomunfall in Tschernobyl die taz publizistisch als konkurrenzfähige Wettbewerberin in den Markt.
Abos und Erlöse stiegen schneller, als durch Kosten für immer mehr Mitarbeitende ausgegeben werden konnte. 1987 war das erste und für lange Zeit einzige Jahr, in dem die taz keine Verluste machte. Dann fiel die Mauer, der Wert der frisch bezogenen Immobilie vermehrfachte sich und verschaffte der taz erstmals eine werthaltige Grundlage. Doch vom Raumgewinn blieb bald nicht mehr viel übrig. Denn wenn es einen konstanten soziologischen Befund zur inneren Bedürfnislage der taz gibt, dann ist es die Forderung nach mehr Personalstellen.
Mitte 1990 waren zwei Dutzend KollegInnen der flugs im Währungskreis der „Mark der DDR“ gegründeten und nach Einführung der harten D-Mark wieder eingestellten Ost-taz aufzunehmen. Das frisch bezogene Haus war zum Bersten voll.
Erst die wunderschöne im Jahr darauf mit Hilfe von taz-LeserInnen und einem letzten Subventionsinstrument des Berlinförderungsgesetzes angebaute „gläserne Zeitungsmanufaktur“ schaffte für ein paar Jahre hinreichend Platz.
Zusätzliche Seiten, neue Blattkonzepte, Le monde diplomatique, der taz.shop, das eigene Café und schließlich taz.de und die starke taz.am wochenende – mittlerweile arbeiten schon wieder ein Drittel der Belegschaft in zusätzlich angemieteten Räumen.
Zeit also, den nächsten Schritt zu gehen. Der projektierte Neubau wird wieder Platz für alle unter einem Dach bieten und noch einige zusätzliche Raummeter für die nächsten Entwicklungen. Sie glauben gar nicht, wie sehr wir uns darüber freuen.
Andreas Bull, 59, ist taz-Geschäftsführer seit ewigen Tagen. Er war beim damaligen Umzug dabei.
Das Foto (von Isabell Lott) aus dem Oktober 1990, zeigt taz-Redakteur Georg Baltissen, der besichtigt was die Rddaktion beim Umzug hinterlassen hat.
Weitere Infos zum Neubau der taz hier: taz.de/neubau
Beim Betrachten des Fotos fiel mir gleich eine Lösung gegen den Platzmangel ein: AUFRÄUMEN!
Vielleicht bräuchte die taz dann nicht einmal einen Neubau :-)