Redaktionskonferenz, Montag morgen, 9:45 Uhr. Der Raum ist leerer als sonst, die Sonne scheint durch die riesige Fensterfront. Eigentlich ist der Konferenzraum hier am Wochenbeginn immer rappelvoll besetzt. Jetzt heißt es: Abstand halten.
Physisch, körperlich. Zwischenmenschlich, so ist es nach wenigen Minuten der Konferenz klar, ziehen alle wie an einem Strang. Alle kooperieren, besser denn je. Maßnahmen, die vor einigen Wochen noch für undenkbar gehalten worden wären, werden eingehalten, Türklinken nicht mehr mit der Hand, sondern mit dem bedeckten Ellbogen geöffnet. Und wem das, mit Kaffeebecher in der Hand, nicht gelingt, bekommt Hilfe.
Die Ressorts indes sind fast leer, kaum besetzt, nur an wenigen Schreibtischen tippt jemand auf einer Tastatur, sonst: Stille. In der Kantine, die aktuell nur noch für Mitarbeiter*innen und zu verkürzten Öffnungszeiten geöffnet hat, ein ähnliches Bild: Wo sich sonst größere Grüppchen hungriger Menschen tummeln, sitzen heute nur vereinzelt Redakteur*innen und Verlagsmitarbeitende. Nie mehr als zwei Personen an einem Tisch.
Die Arbeit des Pandemie-Teams der taz und der EDV des Hauses läuft
Das ganze Haus ist für die Öffentlichkeit unzugänglich, die Eingangstüre vor dem taz-Shop verschlossen. Rein kommt nur noch, wer wirklich rein muss. Aber die, die noch präsent sind, arbeiten voller Tatendrang daran, die Arbeitsprozesse zu sichern und so zu gestalten, dass das übergeordnete Ziel, nämlich die taz am Laufen zu halten, gewährleistet ist.
Auf den Fluren und in den Ressorts trifft man nur noch wenige – und das ist gut so. Für viele, die heute anwesend sind sogar eine Erleichterung. Das bedeutet nämlich, dass die Arbeit des Pandemie-Teams der taz und der EDV des Hauses läuft.
Schon unter Normalbedingungen hat die EDV vielfältige Aufgaben: Sie sichert nicht nur den Fluss der digitalen Ströme im Haus und zur Außenwelt, sondern versieht sie auch mit Schutzwällen. Auch ist die EDV jene Abteilung, in der die Rechner verwaltet, bereitgestellt und gewartet werden.
Homeoffice-Hilfe, für jene, die zu Hause ihre Kinder betreuen
Während der Rest des Gebäudes atmosphärisch eher an eine Sonntagsbesetzung erinnert, laufen die Telefonleitungen der EDV nun heiß. Das Ziel ist klar und die Klickzahlen der taz-Homepage bestätigen dies: Alle, die an dieser Mammutaufgabe arbeiten, das tägliche Erscheinen unserer Zeitung und die Publizistik auf taz.de zu ermöglichen, machen es mit Leidenschaft: für Leser*innen und Kolleg*innen.
Und für die Gewährleistung des Informationsflusses: Dass unsere Kanäle angesteuert werden mehr denn je – das besonders ist eine Motivation stärkster Güte. In der EDV wird derweil, bis in den späten Abend hinein, im Akkord telefoniert, getippt, zurückgerufen. Laptop für Laptop gilt es, Homeoffice-Strukturen gerade für jene Kolleg*innen schnell einzurichten, die sich angesichts der neuen Situation nun zu Hause um ihre Kinder kümmern müssen und wollen.
Ein*e Mitarbeiter*in nach der anderen, ein Rechner nach dem nächsten. So lange, bis zum Ende der Woche hoffentlich die meisten von Zuhause aus schreiben und recherchieren können. Jeder und jede kann natürlich ins Haus an der Friedrichstraße kommen, aber wenigstens die Chance zur Arbeit von zu Hause aus muss gegeben sein.
Von Panik ist dennoch nichts zu spüren
Und zwischen dem ganzen Durcheinander, zwischen minütlichem Reagieren auf sich verschärfende Umstände, verliert niemand den Fokus. Die Zeit arbeitet gegen die Techniker*innen, die PCs für diejenigen bereitstellen, die Morgen auf jeden Fall zu Hause bleiben müssen, um sich keinem Risiko auszusetzen, oder schlichtweg nicht kommen können.
Von Panik ist an diesem Montag dennoch nichts zu spüren, stattdessen liegt Solidarität, Konzentration, Pragmatismus und Optimismus in der Luft. Alle eignen sich neue Fähigkeiten an, lernen quasi mit jeder neuen Aufgabe umzugehen. Jedoch werden auch Bedenken geäußert, vor allem was die Kommunikation angeht.
Journalist*innen kommunizieren, das ist ihre Arbeit. Sie kommunizieren mit denjenigen, über die sie schreiben, aber auch mit Kolleg*innen, die die eigenen Ideen weiterdenken. Besonders in dieser Hinsicht wird sich die kommenden Wochen viel verändern.
Der Flurfunk, der kurze Dienstweg fällt nun weg
Die täglichen Diskussionen in den Redaktionssitzungen, das Gespräch in der taz-Kantine, das Debattieren mit Kolleg*innen aus anderen Ressorts, all das wird in den nächsten Wochen auf die üblich direkte Art, von Angesicht zu Angesicht, nur extrem eingeschränkt möglich sein. Eine Minimalstbesetzung bleibt immer – schon der Koordination aller redaktionellen Impulse wegen.
Der Flurfunk, der kurze Dienstweg fällt nun nämlich weg. Wo bis vor einigen Tagen das meiste zwischen Kaffeeküche und Kippe oder auf den mit rotem Teppich bedeckten Treppen besprochen wurde, wird nun telefoniert und gemailt. Und man merkt: Trotz einer riesigen Auswahl an Kommunikationskanälen fehlt eben etwas: Das Gespräch, die Debatte, die Diskussion; kombiniert mit Gestik und Mimik des Gegenübers.
Doch trotz Stress und der sich permanent verändernden Situation bleibt der Ton freundlich. Diejenigen, die im taz-Gebäude präsent sind, schenken einander freundliche Mienen, wenn sie sich dann doch mal auf der Treppe begegnen. Und das obwohl alle buchstäblich alle Hände voll zu tun haben.
Das EDV-Team beruhigt, antwortet pragmatisch und lösungsorientiert
Die Selbstverständlichkeit von allem ist dem permanenten Einstellen auf neue Umstände gewichen: Es muss weiter gehen, der Laden soll laufen – auch mit den Kolleg*innen, die aus der Ferme das Schiff mit steuern wollen.
Der wichtigste Ort in der taz ist an diesem Tag das Büro der EDV. Ständig kommen Kolleg*innen reinspaziert, Anfragen zum Tagesgeschäft vermischen sich mit neuen Fragen, über die bis vor einigen Wochen noch niemand nachgedacht hat: Wie bekomme ich einen Desktop-PC inklusive Bildschirm zu mir nach Hause?
Das EDV-Team beruhigt, antwortet pragmatisch und lösungsorientiert. Und wenn die Antwort auf eine Frage nicht vorgefertigt vorliegt, wird die Antwort eben im Schnellverfahren gebrainstormt. Und es zeigt sich: Lösungen tauchen auf, wenn es sein muss.
Von Klaudia Lagozinski, die taz lab-Redakteurin plante noch bis zum 11. März 2020 den diesjährigen taz-Kongress mit. Am Abend jenes Tages wurde entschieden, das taz lab um exakt ein Jahr zu verschieben – auf den 24. April 2021. Unsere Autorin, die sonst an der Universität der Künste in Berlin Kulturjournalismus studiert, wechselte einen Tag später in die EDV-Abteilung der taz, wo sie nun damit befasst ist, vielen Kolleg*innen zu Homeoffice-Arbeitsplätzen zu verhelfen. #dasmachichanders
Homeoffice ist die Zukunft, flexibilisiert die Arbeitszeit und schafft Zeit für Familien weil der Transfer zur Arbeit sich reduziert und entlastet den Verkehr sowie Umwelt .
Leider geht das mit meiner Arbeit nicht.