Was wurde aus den bisherigen Gewinnern des taz Panter Preises? Am Samstag verleiht die taz den Preis wieder an Menschen, die sich sozial, politisch oder einfach nur menschlich engagieren und im Verborgenen große Taten vollbringen. Den Preis gibt es inzwischen im fünften Jahr. Ein Preisträger sitzt wegen seines Engagements derzeit im Gefängnis, andere machen ihre Arbeit erfolgreich weiter, einige engagieren sich auch nicht mehr weiter. Hier eine Übersicht.
Vor vier Jahren stimmte die Jury für Sinan und Saithan, zwei türkische Jungs aus Berlin, die sich als Models für eine Postkartenaktion des Jugendtreffs „MaDonna Mädchenkultur e.V.“ gegen Ehrenmorde und Zwangsverheiratungen zur Verfügung stellten. Sie „kämpfen offensiv für die Freiheit ihrer Schwestern“, schrieb die taz damals in dem Portrait der beiden. Nach der Preisverleihung bekamen die beiden allerdings Probleme mit ihren Eltern und haben sich mit dem Verein MaDonna überworfen. Es besteht kein Kontakt mehr.
Im gleichen Jahr vergaben die LeserInnen ihren Preis an Helga Dieter und ihr Projekt „Ferien vom Krieg“. In 14 Jahren hatte sie Ferienfreizeiten für über 20.000 Kinder und Jugendliche aus verfeindeten Krisen- und Kriegsgebieten wie Israel und Palästina oder dem Balkan organisiert. Noch immer organisiert sie jährliche Fahrten, heute geht es eher um Friedensarbeit als um Freizeit.
Vor drei Jahren stimmten die LeserInnen für Sabine Ball, die sich in Dresden mit ihrem Verein Stoffwechsel e. V. für die Zukunftsperspektive Jugendlicher einsetzte. Bis zu ihrem Tod am 7. Juli dieses Jahres war die 83-Jährige fast täglich in der Dresdner Neustadt unterwegs, um mit Jugendlichen ins Gespräch zu kommen. Stoffwechsel e. V. hat heute vier Anlaufstellen für Jugendliche in Dresden.
Die Jury vergab in dem Jahr gleich zwei Preise. Der eine ging an Barbara Cybard für die Gründung eines Schlecker-Betriebsrats, in dem sie bis heute arbeitet. Für ihr Engagement erhielt sie ein Jahr später auch das Bundesverdienstkreuz. Der zweite Jurypreis ging an Benny Adrion, der mit seinem Verein Viva con Agua de St. Pauli für sauberes Trinkwasser für Kinder in Süd- und Mittelamerika sowie Afrika sorgt. Adrion musste Ende 2006 seine Fußballkarriere beim St. Pauli wegen ständiger Verletzungen beenden und widmet sich heute nur noch seinem Verein.
Vor zwei Jahren ging der LeserInnenpreis an Sebastian Klauder und Philipp Gliesing, die sich in dem Ort Pößneck (Ost-Thüringen, gut 13.000 Einwohner) gegen Rechtsextremismus engagierten. Damals hatten sie fast fünfzig Mitstreiter. Doch nach der Preisverleihung wurden sie von manchen Pößneckern als „Zeitungshelden“ verspottet. Inzwischen ist in der Stadt das Interesse an der Arbeit gegen Rechtsextremismus erlahmt, sie sind nur noch zu dritt in ihrer Initiative. Die Probleme mit Rechtsextremismus in der Stadt nehmen dagegen wieder zu, schreibt taz-Autor Paul Wrusch in der Reportage, die am vergangenen Wochenende in der Sonntaz erschien.
Die Jury stimmte für Monika Bitter, die als Berufswahlpatin HauptschülerInnen half, einen Ausbildungsplatz zu finden. Heute unterstützt sie als Jugendpflegerin im rheinland-pfälzischen Ransbach Jungen und Mädchen, die bereits aus dem Schulsystem geflogen sind, und hat im April 2009 ein Tagespflegehaus für physisch und psychisch Kranke eröffnet.
Im vergangenen Jahr stimmten die LeserInnen für den Bioimker Michael Grolm, der Felder von Genmais befreite. Seit gut zwei Wochen sitzt Grolm im thüringischen Suhl in Beugehaft, weil er sich weigerte, 1.000 Euro Ordnungsstrafe zu zahlen.
Die Jury wählte im vergangenen Jahr erneut zwei Preisträger aus. Mariam Notten bekam den Panter für ihr Engagement in der afghanischen Provinz Nimros, wo sie Schulen baut und Frauenprojekte fördert. Das Preisgeld floss in die Gründung einer zweiten Schule. Derzeit unterstützt sie Schulbibliotheken und richtet PC-Räume ein. Der zweite Jurypreis ging an Julius Deutsch, der Kommunikationshilfen für Schwerstbehinderte entwickelt. Einige Menschen haben nach der Verleihung ihre Unterstützung im Verein Kommhelp e. V. angeboten. Für die Zukunft plant Deutsch die Gründung einer Stiftung und sucht neue Mitglieder, die Schwerstbehinderte regelmäßig im Umgang mit dem PC betreuen. Im Oktober erhält Julius Deutsch den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland.
Der diesjährige Preis wird vergeben am kommenden Samstag, 19. September, ab 21 Uhr in der Komischen Oper Berlin, Behrenstraße 55-57. Nominiert sind Ole Seidenberg, Jessica Groß, Turgut Altug, Bettina Theresa Ismair, Götz Wörner sowie Silvia Müller und Peter Binz. Die Kartenvorbestellung per Internet ist nicht mehr möglich – aber bis kurz vor knapp gibt es die Tickets je nach finanziellen Möglichkeiten für 0, 10 oder 20 Euro auch im taz-Café in der Rudi-Dutschke-Straße 23.
[…] Den originalen Beitrag finden Sie hier 30jahre.taz.de/2009/ … | Sebastian Heiser […]