von 18.09.2010

taz Hausblog

Wie tickt die taz? Das Blog aus der und über die taz mit Einblicken, Kontroversen und aktuellen Entwicklungen.

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Die taz will die Honorare ihrer Auslandskorrespondenten im Schnitt um 15 Prozent senken. Dadurch soll mehr Geld im Auslandsetat zur Verfügung stehen – etwa für Reisen unserer Korrespondenten. Eine Reihe unserer Korrespondenten wehrt sich gegen die Honorarkürzungen mit einem viertägigen Streik, einem Video, einer Facebook-Gruppe und einer Petition. An diesem Samstag wird die Versammlung der taz-Genossenschaft über einen ihren Antrag abstimmen, „den Auslandsetat spürbar zu erhöhen“ (PDF, Seite 32-33). In der heutigen taz erscheint ein Pro & Contra zu der Auseinandersetzung:

Pro

Von Ines Pohl, Chefredakteurin

Die taz ist anders als andere Zeitungen: Sie gehört keinem Verleger oder Konzern, sondern ihren MitarbeiterInnen und GenossInnen. Wenn sie ihre Kosten im Griff behalten muss, dann nicht, weil Gewinne für Shareholder oder Eigentümer abgeschöpft werden sollen – sondern damit es die taz weiter geben kann. Auch unsere Unternehmenskultur ist anders: Mit viel Mitbestimmung, Konfliktfreude und Transparenz tragen wir unseren Streit über die Bezahlung unserer KorrespondentInnen im Ausland auch in aller Öffentlichkeit aus.
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In enger Absprache mit dem Auslandsressort haben wir, die Chefredakteure der taz, uns vorgenommen, den Einsatz unserer beschränkten finanziellen Mittel zu überprüfen. Die Auslandsberichterstattung ist und bleibt ein Kernelement der taz. Deshalb wird ihr Etat, der immerhin ein Fünftel des Gesamtetats unserer Zeitung ausmacht, auch nicht gekürzt. Was wir aber verändern, ist die Art und Weise, wie deren Pauschalen verteilt werden sollen.

Wir verfolgen dabei zwei Ziele: Die Auslandsredaktion soll in der Lage sein, gemeinsam mit den KorrespondentInnen auf aktuelle Entwicklungen reagieren zu können. Es kann nicht sein, dass keine Korrespondentenreise ohne Gelder anderer Medien finanziert werden kann. Und die Bezahlung der PauschalistInnen soll gerechter verteilt werden: Für gleiche Arbeit wollen wir gleiches Geld zahlen.

Da der Etat nicht die Chance bietet, beides durch Aufstockung hinzubekommen, müssen wir umverteilen. Wir wissen, dass diese Entscheidung für Einzelne schmerzhaft ist: im Schnitt bekommen sie von der taz künftig 15 Prozent weniger Einnahmen. Um Härten abzumildern, werden wir Übergangslösungen für jene aushandeln, die am stärksten betroffen sind. Außerdem wollen wir einen „Verein für die FreundInnen der taz-Auslandsberichterstattung“ gründen, um Geld zu akquirieren.

Eine Chefredaktion hat die Aufgabe, eine Zeitung in die Zukunft zu tragen. Das gilt auch für die taz mit ihrer besonderen Geschichte und ihren besonderen Strukturen.

Contra

Von Gerhard Dilger, taz-Korrespondent für Südamerika und einer der beiden Sprecher der taz-AuslandskorrespondentInnen

Die Auslandsberichterstattung gehört seit je zu den Aushängeschildern der taz. Auch wir 32 AuslandskorrespondentInnen wollen, dass das so bleibt. Streit gibt es über den richtigen Weg.

Erstmals hat man uns im April 2009 mit dem strukturellen Defizit des Auslandsetats konfrontiert. Zwei Gründe haben dazu geführt: Es wurde eine neue, notwendige Redakteursstelle eingerichtet – und in der taz findet „mehr Ausland“ statt, vor allem auf den Schwerpunktseiten. Die Folge: Von 2007 bis 2009 sind die Kosten für jene Auslandstexte, die außerhalb unserer Basispauschalen geschrieben werden, um ein Fünftel gestiegen.

Im Februar wurde 14 PauschalistInnen deshalb ultimativ mit Änderungskündigungen gedroht. In monatelangen Gesprächen kam uns die Chefredaktion in keinem einzigen Punkt entgegen, während wir konkrete Sparvorschläge vorlegten. Im Juli wurde uns gekündigt und Folgeverträge ab November in Aussicht gestellt, die für neun von uns Einkommenseinbußen von 18 bis 28 Prozent bedeuten.

Der Auslandsetat soll also auf dem Rücken langjähriger Mitarbeiter saniert werden: Zum einen verdienen sie so viel, dass sich die Kürzungen auch „lohnen“, zum anderen scheinen sie wegen ihres umstrittenen arbeitsrechtlichen Status relativ wehrlos. So gehen defizitäre Betriebe gerne vor. Abstrus aber, dass es ausgerechnet in einem Jahr passieren soll, in dem die taz schwarze Zahlen schreibt.

Publizistisch geht dieser Ansatz vollends nach hinten los. Künftig sollen die Betroffenen für weniger Geld mehr arbeiten. Ja, man fordert sie sogar auf, sich nach alternativen Verdienstmöglichkeiten umzutun! Nun wird aber überall an der Auslandsberichterstattung gespart. Doch guter Journalismus ist zu Dumpingpreisen nicht zu haben. Warum sollte die taz, die vor 31 Jahren angetreten war, vieles anders zu machen als andere Zeitungen, der Konkurrenz ausgerechnet in ihrem Niedergang nacheifern?

Die geplante Gründung eines Recherchefonds begrüßen wir. Nun müssen die Kündigungen zurückgenommen und der Auslandsetat aufgestockt werden.

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https://blogs.taz.de/hausblog/pro_contra_darf_die_taz_honorare_kuerzen/

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kommentare

  • Wenn das Geld fehlt, sind Kürzungen nötig. So viel ist klar und so viel hat die Chefredaktion ja auch mitgeteilt. Was mich aber ziemlich misstrauisch macht, das ist die Art und Weise, wie diese Kürzungen zustande gekommen und wie kommuniziert worden sind. Frau Pohl, wenn Sie von Transparenz und Mitspracherecht schreiben, dann vermisse ich aber den offenen Dialog mit Ihren Korrespondenten. Warum hat man sich anscheinend nicht mit ihnen an einen Tisch gesetzt (aufgrund der geografischen Gegebenheiten natürlich nur bildlich gesprochen) und diese ganze Angelegenheit gemeinsam ausdiskutiert? Wissen die Korrespondenten denn nicht selbst am besten, wo in ihrem Ressort gespart werden könnte, wenn es schon sein muss? Vielleicht wäre dabei ein Ergebnis herausgekommen, mit dem alle oder zumindest die meisten zufrieden wären. Wenn die taz so viel anders als normale Verlage sein will, dann sollte sie das auch bei solchen Entscheidungen demonstrieren. Sonst wirkt diese Maxime irgendwie falsch.

  • Ihr habt doch gehört, wie man das macht:
    Will man, dass Experten bleiben, senkt man nich deren
    Einkommen, sondern man zahlt fette Boni.
    So wie bei der HRE.

  • Ich hoffe mal die Auslandskorrespondenten haben gute andere Angebote und gehen auch.
    Die Taz ist für mich schon länger so unglaubwürdig wie die grüne Partei, schade, aber: The Times, they are a changing…

  • …d’accord. ohne ausland wäre das blättchen quasi zero, es sei denn mann fände merkel interessanter als westerwelle, als wolff, als meine nachbarin usw., deckt das nicht eigentlich schon die bildzeitung ab?-)_mausi.

  • Die TAZ lese ich vor allem wegen der wunderbaren guten AuslandskorrespondentInnen. Gute Arbeit erfordert auch gute Bezahlung! Und das erwarte ich von der TAZ. Insofern unterstütze ich die KorrespondetInnen aus vollem Herzen in ihrem Kampf gegen Honorarkürzungen.

  • …es ist grotesk. honorare verbinden sich ja immer mit leistung…also hat man entweder eine gute optik, die das vermittelt, oder man muss tatsächlich ran. leider reicht meine sehr gute optik nicht aus um arbeit auszuschliessen…ich mache vieles richtig, manches falsch, too much work:-)

  • …das sind ja alles ganz interessante fragestellungen. normalerweise, z.b. bei daimler, siemens usw. würde man wahrscheinlich in dieser art rumreden: ja, ja, alles viel zu teuer usf. ist aber auch viel arbeit usf. da müssen wir mal sehen. selbstverständlich stehen die honorare nicht zu diskussion. wenn ihr zum normalen programm täglich noch drei wichtige blogs, 10 fernsehbeiträge und 5 radioauftritte beibringen könntet wäre für uns und die geschäftsleitung alles suppi, das get doch, oder, immerhin hat ja, wie man weiss, der tag 24 stunden…oder?-)

  • Es fällt auf, dass die chefredaktion fast keine Argumente auffährt. Wenn ich Auslandskorrespondent bei der taz wäre, würde ich jetzt natürlich Angebote anderer Medien annehmen und ganz wechseln. Das würde für die taz natürlich bedeuten, dass sie ihre besten Leute verliert. Wie kann man nur so dämlich sein? Und den betroffenen Korrespondenten wünsche ich einen erfolgreichen Arbeitskampf!

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