Taz-Leserin Silke Karcher ärgert sich über subtilen Sexismus in der taz. Sie bezieht sich dabei auf vier Texte aus dieser Woche: „Weg mit den Hungerhaken“ (ein Gastkommentar von Kathrin Friederike Müller, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Lüneburg, über die Zeitschrift „Brigitte“, die künftig keine Magermodels mehr abbilden will), „Schwanger war gestern“ (ein Text in der Kolumne „Die Gesellschaftskritik“ auf einer tazzwei-Seite), „Die Stahl-Prinzessin“ (ein Porträt über Megha Mittal von unserem China-Korrespondenten Georg Blume) sowie „Das Genussverbot“ (ein Kommentar von Ines Kappert, Redakteurin im Meinungsressort der taz). Silke Karcher schreibt:
Liebe tazlerInnen,
Sexismus ist nicht nur, zu finden, Frauen gehören an den Herd. Sexismus und Reduzierung von Frauen auf ihren Körper kommt in der taz nur etwas subtiler daher:
Habt Ihr mal nachgezählt, wie viele Artikel Ihr über Frauenkörper(lichkeit) – und wie viele über Männer schreibt? Warum dürfen Merkel und Käßmann nicht genauso langweilig und professionell agieren wie z.B. Steinmeier (s. Genussverbot), warum wird Understatement nicht auch als Zeichen von Selbstbewusstsein anerkannt? Protzen muss doch nur, wer eigentlich selbst nicht glaubt, dass er toll ist. Warum darf Klum nicht so schnell oder langsam abnehmen wie sie lustig ist (s. Schwanger war gestern)? Warum diese Häme? Oder ist es doch … Neid? Sie ist erfolgreich und inszeniert sich – anders als Merkel – ganz klar als Frau – aber das ist dann auch wieder nicht recht. Dann – vielleicht weil mal einen Tag der persönliche Angriff auf bestimmte Frauen fehlte? – Ein Hungerhakenartikel, sicherstellend, dass Frauen=Körperlichkeit im Gedächtnis bleibt.
Klar, vermutlich keine böse Absicht, aber merkt Ihr nicht, dass Ihr praktisch 1:1 reproduziert, was ihr zu kritisieren vorgebt? – Lasst es doch einfach mal – zumindest eine Weile – ganz sein! Das wäre erfrischend und erholsam.
Und den puren Sexismuss spart Euch doch bitte einfach ganz: So wie in „Stahlprinzessin“, wo M. Mittal, studierte erfolgreiche Geschäftsfrau aus efolgreicher Familie, die in ein neues Unternehmen einsteigt – und die Belegschaft begeistert! – als Prinzessin diffamiert und ihr – bar jeder (vorgebrachten) Grundlage – auch noch eine Quasi-Zwangsheirat unterstellt wird.
Viele Grüße (wenn auch etwas genervt)
Dr. Silke Karcher
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Habe verstanden: 1. Über das zu berichten, was unter anderem Folge alltäglichen Sexismus‘ ist, ist selbst Sexismus. Aha. 2. Die taz sollte nicht sexistisch sein. Gut. Hmmmm… Sie soll natürlich auch nicht rassistisch, antisemitisch, pro-imperialistisch usw. sein. Dann darf sie also – s.o. – nichts berichten oder kommentieren, das unter anderem durch Rassismus, Antisemitismus, Imperialismus usw. in die Welt gekommen ist. Wobei unter der Welt sowohl die materielle als auch die ideelle (Gedanken-, Emotions-, etc.-) Welt zu verstehen ist. Hm. Gut daran: Die taz wird billiger, weil dünner. Schlecht daran: Och, jetzt hab ich keine Lust mehr.