Mit taz.gazete will die taz türkischen JournalistInnen ein Exil für freie und unabhängige Berichterstattung über die Türkei bieten. Am 17. Januar wurde das Projekt offiziell vorgestellt.
„Wenn die Pressefreiheit an der einen Stelle in Gefahr ist,“, sagt Georg Löwisch, Chefredakteur der taz, „dann muss es an einer anderen Stelle mehr Platz dafür geben.“ Das Online-Projekt taz.gazete will einer dieser Zufluchtsorte sein. Nach relativ kurzer Planung ist sie nun bereit, am 19. Januar online zu gehen. Sie soll als vielseitiges und pluralistisches Medium der türkischen Presse ein Exil geben.
Die hatte in den letzten Monaten verstärkt unter den Repressionen der türkischen Regierung zu leiden. Eine kritische Linie wird für Medien in dem Land immer riskanter. Kritische Positionen führen mitunter zu Drohungen, Inhaftierungen, Gewalt und Schließungen von Redaktionen. Über 150 JournalistInnen und VerlagsmitarbeiterInnen, überwiegend aus der oppositionellen Presse, sitzen momentan in türkischen Gefängnissen.
GenossInnen spenden für das Projekt
Die taz.gazete (www.gazete.taz.de) möchte türkischen AutorInnen eine Plattform geben, auf der sie frei berichten können. Fünf Artikel pro Woche sollen sie auf der Internetseite veröffentlichen, allesamt in deutscher und türkischer Sprache und für alle Interessierte erreichbar. 110.000 Euro spendeten rund 650 taz-GenossInnen der taz Panter Stiftung. Genug Geld, um das Solidaritätsprojekt für ein Jahr zu finanzieren. Um die Texte aus der Türkei und dem Exil ebenso zu bezahlen wie deren Übersetzung in und Überarbeitung für die jeweils andere Sprache. Was nach dem ersten Jahr mit taz.gazete geschieht, ist vorerst offen.
Dass am Ende allerdings doch nicht jeder auf die Seite zugreifen kann, dessen ist sich Projektleiterin und taz-Redakteurin Fatma Aydemir bewusst: „Natürlich sorgen wir uns darum. Aber bevor die ganze Seite in der Türkei gesperrt wird, würde man vermutlich erst einzelne Artikel sperren.“ Außerdem stehe man schon jetzt in Kontakt mit türkischen Bloggern, die das dem Team sofort melden würden.
Die Sicherheit der AutorInnen
Auch Ali Celikkan, ein ehemaliger Journalist der türkischen Zeitung Cumhuriyet, wird in Zukunft für die taz.gazete schreiben. Er sieht die mögliche Sperrung der Seite in der Türkei nicht als großes Problem. „Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Sperren zu umgehen, und viele nutzen diese bereits auf Social-Media-Plattformen.“ Sorgen bereitet ihm und Aydemir aber die Sicherheit der AutorInnen. „Momentan bereiten wir eine Art Toolkit, einen Guide für Journalisten vor Ort vor“, so Celikkan, „in dem wir erklären, wie man sicher kommuniziert und wie man sich in seiner Kommunikation selber schützen kann.“ Außerdem biete die Redaktion ihren AutorInnen an, unter einem Pseudonym zu veröffentlichen, was diese aber bisher nicht in Anspruch genommen hätten.
Die oppositionelle Presse in der Türkei, sagt Fatma Aydemir, sei mutig und die taz habe ein großes Interesse daran, diese Stimmen zu stärken. „Dabei geht es nicht um Nachrichten in Echtzeit, sondern um Analysen, Interviews, Meinungsstücke. Sie sollen helfen, einen Überblick zu bekommen, in einer Zeit, in der es sehr schwer ist, überhaupt einen Überblick zu behalten. Das geschieht immer zu einem gewissen Preis, aber in der Türkei ist dieser Preis aktuell eindeutig zu hoch!“
JOHANNES DROSDOWSKI
taz.gazete – ab 19. Januar online und zweisprachig auf www.gazete.taz.de
Titelbild: Bei der Pressekonferenz zur Vorstellung der taz.gazete: Konny Gellenbeck (Projektleiterin taz-Genossenschaft), Georg Löwisch (Chefredakteur der taz), Andreas Lorenz (Kuratoriumsmitglied taz Panter Stiftung), Fatma Aydemir (Projektleiterin taz.gazete), Ali Celikkan (Redakteur taz.gazete), Elisabeth Kimmerle (Redakteurin taz.gazete) [v.l.]