20. April: “Erfindet. So kann es nicht weitergehen”, Berlin, Haus der Kulturen der Welt
Ist es denn wirklich so, dass die politischen Verhältnisse in Deutschland alternativlos sind? Hätte ein Kandidat wie Sigmar Gabriel gegen Angela Merkel eine bessere Chance als Peer Steinbrück, der eigentlich nie etwas Falsches sagt (Pinot Grigio, Eierlikör, Kanzlergehalt, Kavallerie), dies aber so formuliert, dass es grandios missdeutet werden kann? Oder ist es ohnehin einerlei, ob nun eine Politikerin der Union regiert oder einer der Sozialdemokraten?
Macht es vielleicht gar keinen Unterschied, wenn ein Grüner wie Winfried Kretschmann in Baden-Württemberg den Regierungschef gibt – etwa im Vergleich mit einem Nils Schmid von der SPD, gar einem Mann von der CDU? Würde, beispielsweise in Niedersachsen, irgendetwas besser werden, wenn die Linkspartei zur größten Partei gewählt würde, etwa mit ihrer Wirtschaftsexpertin Sahra Wagenknecht an der Spitze?
Könnte sein. Wenigstens ein bisschen. Andere aber sagen: Am Personal, von welcher der demokratischen Parteien auch immer, hängt es nicht, ob die Bundesrepublik ökologischer, sozial gerechter, kulturell vielfältiger wird. Menschen müssen auch Lust haben, in anderen, für sie besseren Verhältnissen leben zu wollen – und sich für sie einzusetzen. Die ökologisch notwendige Energiewende ist, so gelesen, vor allem ein Projekt, das, aus dem Stadium des Theoretischen hinausgetreten, plötzlich viele Interessen berührt: solche von Menschen beispielsweise, die in puncto Strom nicht sparen wollen, die Hochspannungsleitungen nicht in ihrem Sichtfeld haben möchten, denen jegliche ökologische Transformation als zu kompliziert und zeitraubend auf die Nerven geht.
Aber wie das alles genau funktioniert, wie es sein kann, dass eine Kanzlerin der CDU bis weit in sozialdemokratische und grüne Kreise hinein akzeptiert, ja, sogar als okay respektiert wird, soll auf dem taz.lab des Jahres 2013 erörtert werden. Der taz-Kongress, beinah schon traditionell eine Börse neuer Ideen und intensiver Debatten, verhandelt nicht erst in diesem Jahr das Projekt “Das gute Leben” oder “Wie wollen wir leben?”. Im Kontext der taz kann es gar nicht um anderes gehen als darum: Wo sind Alternativen zum Politischen, Gesellschaftlichen jetzt – ohne sich von parteipolitischen Wetterlagen abhängig zu machen? Das taz-Publikum, Frauen und Männer – Sie also! – wissen, dass die Verhältnisse erst in Schwingung kommen, wenn sie mehr Einflusssphären bieten als irgendein Koalitionsvertrag es formulieren kann.
Das taz.lab 2013 steht unter dem Motto “Erfindet. So kann es nicht weitergehen”. Es nimmt eine Stimmung im Lande, in Europa, in der Welt auf: Die einen nennen sie antikapitalistisch, die anderen – vorsichtiger – zumindest stark reformbedürftig. Auf dem taz.lab 2013 geht es genau darum: Was kann, was könnte erfunden werden, damit die realpolitisch-neoliberale Maschine nicht weiter schnurrt? “Alternativlos”, wie die Kanzlerin sagt, ist nie etwas: Und das festzustellen ist bereits die eventuell wichtigste Kritik an einem Klima im Land, das auf viele Menschen mehlig, zäh und stickig wirkt.
“Erfindet. So kann es nicht weitergehen” ist die Überschrift für eine Fülle von Foren und Werkstätten am 20. April im Haus der Kulturen der Welt in Berlin: Wie kann die Energiewende gelingen? Weshalb fällt das “Selberdenken” und Handeln so schwer? Woran liegt es, dass das als demokratisch-partizipativ gepriesene Internet mehr und mehr von weißen, heterosexuellen Männern beherrscht wird? Wären die Piraten im Bundestag eine Bereicherung – und was wollen sie überhaupt? Welche Zeitungen können noch überleben – oder verkümmert die Lektüre von Medien mehr und mehr zum Wischen über Telefonoberflächen? Ist der Kapitalismus hinfällig? Warum werden Abermillionen von Menschen durch die Bankenkrisen faktisch enteignet zugunsten der ohnehin Wohlhabenden?
Haben Sie selbst Antworten, Alternativen, Ideen? Schreiben Sie einen Kommentar. Kommen Sie am 20. April nach Berlin. Herzlich willkommen!
Bisher haben für das taz.lab 2013 unter anderem zugesagt: Anke Domscheit-Berg, Internetpionierin und momentan Kandidatin der Piraten für den Bundestag; Harald Welzer, Mitbegründer Stiftung Futurzwei in Berlin; Claus Leggewie, Direktor des Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen; Richard Sennett, London School of Economics.
Noch eben meine Meinung. Ja, ich glaube es wäre besser, wenn Merkel nicht mehr regieren würde.
Und ja, ich glaube, Sahra Wagenknecht sollte mehr politischen Einfluss haben.