von 17.09.2009

taz Hausblog

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Die taz räumt einen handwerklichen Fehler in einem Artikel ein und entschuldigt sich, wenn es dadurch zu Missverständnissen gekommen ist. Den Vorwurf, einer unserer Redakteure habe sich vor den Karren einer PR-Aktion spannen lassen, weist die taz dagegen zurück.

Am 10. September hatte der Filmemacher Jan Henrik Stahlberg einen ungewöhnlichen Weg gewählt, um auf seinen neuen Film aufmerksam gemacht. Er hatte verschiedene Webseiten eingerichtet, darunter auch die Seite eines US-Lokalfernsehsenders. Auf der Seite war ein Bericht über ein Attentat auf ein Restaurant in der Kleinstadt Bluewater zu sehen. Ein Mitarbeiter Stahlbergs hatte bei der Nachrichtenagentur dpa angerufen, sich als Hospitant des TV-Senders ausgegeben und auf die Webseite verwiesen. Die Agentur berichtete um 9:38 Uhr über den Anschlag. Mehrere Nachrichten-Webseiten übernahmen die Meldung. Erst im weiteren Tagesverlauf stellte sich heraus, dass alles gefälscht war.

In der taz erschien am 14. September ein Artikel des Medienredakteurs David Denk. Er wirft in dem Text die Frage auf, warum die Journalisten, die auf die Fälschung hereingefallen waren, nicht misstrauischer gewesen sind. Er beschreibt in seinem Text auch, dass die auf den gefälschten Webseiten genannten US-Telefonnummern in Wirklichkeit nach Berlin führten: „Tatsächlich erreichte man unter den Nummern ein schmuckloses Erdgeschossbüro in Berlin-Friedrichshain, wo drei junge Männer, darunter auch Filmemacher Stahlberg selbst, sich mit komischen Brillen auf den Nasen als Rainer Petersen ausgaben. Im Hintergrund verbreiteten zwei amerikanische Schauspieler Hektik, unterstützt von einer Polizeisirenen-Endlosschleife aus dem iPod.“ In einem Making-of-Video von der Aktion ist zu sehen, dass Denk auch tatsächlich dabei war. Er saß von etwa 7 Uhr bis 14 Uhr im Büro der Agentur, um das Geschehen zu beobachten. Ein anderer Journalist hatte ihn darauf hingewiesen und ihm den Termin vermittelt, damit er darüber berichten kann. Die Filmemacher und die Mitarbeiter der PR-Agentur hat Denk erst an diesem Tag kennengelernt.

In einem Bericht des NDR-Medienmagazins Zapp wird Denk vorgeworfen, seine Anwesenheit vor Ort werde in seinem Artikel mit keinem Wort erwähnt. taz-Chefredakteurin Ines Pohl meint: „Es war ein handwerklicher Fehler, nicht explizit im Text zu erwähnen, dass der Kollege bei der Aktion vor Ort war. Wenn es dadurch zu Missverständnissen gekommen ist, tut uns das leid.“ Denk habe diesen Fakt aber nicht absichtlich verschwiegen. Aus der zitierten Formulierung im Text sei ersichtlich, dass er im Büro der Filmemacher gewesen sei, zudem sei er ja in einem Video über die Aktion zu sehen.

Zapp wirft Denk zudem vor, er sei nicht nur anwesend, sondern auch aktiv „an dieser Täuschungsaktion beteiligt“ gewesen. Der Hintergrund: Als die Macher der Aktion gegen 11 Uhr eine gefälschte Pressemitteilung herausgeben wollten, fragten sie Denk um Rat. „Die waren nicht sonderlich gut vorbereitet, da habe ich ihnen drei gängige Formulierungen genannt“, sagt Denk. So beginnt die Mitteilung mit den drei von Denk vorgeschlagenen Worten „Mit Fassungslosigkeit haben (…)“. Auch die Wörter „mit sofortiger Wirkung“ und „in aller Form“ hatte er vorgeschlagen. Inzwischen beurteilt Denk es als Fehler, diese Formulierungshilfen gegeben zu haben: „Aus heutiger Sicht hätte ich freundlich nein sagen sollen. Aber mir erschienen diese Standardfloskeln für den Ausgang der Aktion nicht entscheidend.“ Jedenfalls wehrt er sich gegen den Vorwurf, er habe aktiv an der Aktion mitgewirkt.

Diese und weitere Informationen finden sich in einem Artikel von Daniel Schulz, der morgen auf der Medienseite der taz erscheint.

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https://blogs.taz.de/hausblog/unser-bluewater-fehler/

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kommentare

  • .. Leute Leute Leute,
    ganz ehrlich: Das ist ein Eigentor hoch zehn und Ihr traut Euch nicht einmal zu sagen, dass der Fisch vom Kopfe her stinkt. Da fragt man sich wirklich: Wozu braucht man die taz noch? – Peinlich Peinlich und unverantwortlich beschämender Klüngel! Aber Ihr habt ja immer das Recht auf Eurer Seite, oder?

  • Wenn ein Journalist an einer Pressemitteilung mitformuliert, damit die Täuschung besser gelingt, dann dann ist das eindeutig eine aktive Beteiligung. Und eine Schande für den Berufsstand der Journalisten obendrein.

  • Hmm, als Randnotiz: Wenn man sich die Interview-Sequenzen mit Herrn Denk bei Zapp anschaut – dem Mann ist sichtlich unwohl. Kein direkter Blick in die Kamera, lange Pausen, manche Antwort-Sequenzen ein bisschen vernuschelt. Im Video-Ausschnitt aus dem Büro, auf dem Zapp Herrn Denk entdeckt hat, kann man ihn zumindest zufrieden lächeln sehen. Großes Abenteuer eben – aber wahrlich kein Ruhmesblatt. Vielleicht noch mal an Hajo Friedrichs denken – und nächstes mal besser machen ;-)

  • Die Taz wirkt daran mit, dass PR-Agenturen Medien an der Nase herumführen und berichtet selber hämisch darüber. Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein.

  • Ok, ich habe die Denke verstanden, finde das aber immer noch mäßig präzise. Aber: Es ist gut, dass die Taz dazu Stellung bezieht. So wünscht man sich das.

  • @dekay: Das ist doch auch eine Frage der Bewertung. ZAPP erweckt den Eindruck, als habe Denk eine relevante Rolle bei der Aktion gespielt. Denk sagt: Ich habe neun Wörter für eine Pressemitteilung vorgeschlagen und das war auch nicht richtig. Aber zum aktiven Komplizen – wie ZAPP unterstellt – ist er dadurch nicht geworden. Wenn Du das anders siehst, ist das halt Deine andere Bewertung. Ich finde jedenfalls auch, dass ZAPP massiv übertrieben hat.

  • @dekay
    Einen Vorwurf zurück zu weisen, heisst nicht, dass man Belege gegen den Vorwurf erbringt, sondern dass man einfach sagt „Das war so nicht“ oder so ähnlich.
    Desweiteren läge die Beweislast beim „Ankläger“, in dem Fall bei Zapp. Denn es gilt immer „im Zweifel für den Angeklagten“, auch wenn das, mit freundlicher Unterstützung des Satiremagazins „BILD“ inzwischen nicht mehr zu den journalistischen Grundsätzen in der Bundesrepublik zu zählen scheint….

  • @Roland Chile: Das habe ich ja gelesen. Aber mit fehlt der Beleg dafür. Die Zapp-Autorin sagt: Das war ein Mitwirken, weil er die Pressemitteilung mitformuliert hat. Die taz sagt jetzt: Er hat drei Formulierungen für die Pressemitteilungen spendiert, aber „nicht aktiv mitgewirkt“. Aha.

  • @dekay: Steht doch im zweiten Satz: „Den Vorwurf, einer unserer Redakteure habe sich vor den Karren einer PR-Aktion spannen lassen, weist die taz dagegen zurück.“ Und im letzten Satz: „Jedenfalls wehrt er sich gegen den Vorwurf, er habe aktiv an der Aktion mitgewirkt.“

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