Um die Pressefreiheit in Vietnam ist es schlecht bestellt. Doch auch Journalist*innen in Berlin haben zunehmend Angst. Ein Nachbericht.
Selten war es so voll in unserem Café in der Berliner Rudi-Dutschke-Straße wie Mittwochabend. Die taz hatte zu einer ihrer Diskussionsveranstaltungen geladen, im Mittelpunkt stand diesmal: Vietnam und sein Umgang mit Journalisten und Bloggern – unter der Überschrift „Der lange Arm Hanois?“.
Durch den Abend geführt von der Berliner Journalistin Marina Mai, berichteten ihr Kollege Trung Khoa Le und der prominente Blogger Bui Thanh Hieu über ihre jüngsten Erfahrungen: wie sie und ihre Familien direkt und persönlich bedroht und ihre Webseiten, Blogs und Facebook-Accounts gelöscht wurden – oder mit gefälschten Videos geflutet.
Anne Renzenbrink von Reporter ohne Grenzen, die gemeinsam mit der taz eingeladen hatten, informierte über die miserable Lage der Pressefreiheit allgemein in Vietnam. Was die Gespräche auch deutlich machten: Die Angriffe gegen regierungskritische Landsleute gehen längst über die Grenzen Vietnams hinaus.
Bui und Trung leben in Berlin. Mehrere der vielen Vietnamesen im Publikum berichteten ihrerseits, dass sich derzeit ein Gefühl der Angst und Unsicherheit in der vietnamesischen Community in Berlin breitmacht – besonders seit dem Skandal um die Entführung des Geschäftsmanns Trinh aus Berlin (die taz berichtete) im vergangenen Juli.
„Ich habe Respekt vor Ihrem Mut, hier aufzutreten“, sagte ein Besucher – und erntete dafür zustimmenden Applaus. Niemand beschwerte sich darüber, dass es – nach Drohungen gegen die Veranstaltung – Sicherheitskontrollen beim Einlass gegeben hatte.
Jutta Lietsch, Redakteurin taz eins
Foto: dpa