Von Dominic Johnson, Leiter der taz-Auslandsredaktion
Es gibt zwei Möglichkeiten, sich per Lektüre über das Weltgeschehen zu informieren. Man kann sich für eine dreistellige Eurosumme ein empfindliches, regelmäßig aufzuladendes elektronisches Gerät kaufen, sich damit in die Reichweite einer Internetverbindung begeben, die richtigen Programme und Applikationen herunterladen und öffnen und einzelne Artikel und Medienprodukte studieren, sofern die Lichtverhältnisse es zulassen, die Batterie nicht schon wieder den Geist aufgibt, alle Programme noch funktionieren, das Ladekabel nicht vergessen wurde, kein Vogel auf den Bildschirm scheißt und man nicht erst haufenweise Mails beantworten, Twitter und Facebook updaten und aufdringliche Werbung wegschalten muss.
Oder man besorgt sich eine Tageszeitung und liest.
Das Lesen einer gedruckten Tageszeitung ist nicht nur in technischer Hinsicht angenehmer. Die tägliche Qualitätszeitung, auf Papier gedruckt und jeden Tag frisch produziert, liefert Orientierung im Dschungel der Gegenwart. Sie trennt PR, Gelogenes und Selbstbeweihräucherndes von realen Tatsachen und Geschehnissen. Sie stellt Zusammenhänge her und hebt auch mal Dinge als wichtig hervor, von denen die Leser vorher möglicherweise gar nicht wussten, dass es sie überhaupt gibt.
Wer im Internet liest, wird entweder aufgrund der unstrukturierten Endlosigkeit des Netzes wahnsinnig – oder konzentriert sich auf Lieblingsthemen, die dann in einer bunten Mischung von Qualität und Quatsch auf den Bildschirm regnen. Wer in der gedruckten Tageszeitung liest, erweitert das Bewusstsein, begibt sich in die Realität in all ihrer Vielfalt und Unfertigkeit, nimmt teil am Denkhorizont anderer und spürt den täglichen Herzschlag der Welt.
Und es macht einfach Spaß. Probieren Sie es mal. Setzen Sie sich mit Ihrer Tageszeitung an einen belebten Ort. Beobachten Sie die Masse Ihrer vorbeihechelnden Zeitgenossen, die mit ihren Ohrstöpseln so gut wie taub gestellt sind, die mit ihren Händen auf viel zu kleinen Tastaturen herumstochern, die durch das permanente Starren auf kleine Bildschirme praktisch blind herumirren, verdrahtet und verkabelt wie freilaufende Versuchsäffchen, vor lauter technischer Übersättigung komplett von ihrer Umgebung abgeschottet und mit sämtlichen sensorischen Fähigkeiten auf Schlafmodus gestellt. Demgegenüber sind Sie frei wie ein Vogel. Sie lassen anhand des gedruckten Wortes auf geschmeidigem Papier, das Sie jederzeit konzentriert studieren oder verträumt betrachten, umblättern oder wegwerfen können, die Gedanken schweifen. Der billigste und einfachste Luxus, den es gibt.
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