Die Bundeswehr darf Anzeigen in der taz schalten. Manche fragen sich deshalb, ob wir noch ganz bei Trost sind. Doch die Angelegenheit muss sachlicher betrachtet werden.
2,3 Millionen Euro hat die die taz im Jahr 2014 an Erlösen durch die Veröffentlichung von Anzeigen eingenommen. Eine ganz schöne Menge, wenn man bedenkt, dass allein die Position Redaktionskosten, in denen Text- und Bildhonorare, Reise- und Agenturkosten undsoweiter addiert werden, im selben Zeitraum 2,7 Millionen Euro betrugen.
Ganz schön wenig, wenn man feststellt, dass damit der Anteil an den gesamten Umsatzerlösen nicht einmal 9 Prozent beträgt. Und erst recht, wenn man diesen Anteil ins Verhältnis setzt zu den marktüblichen 33 Prozent*. Wir spüren dies Monat für Monat an den traditionell niedrigen taz-Gehältern, die wir uns auszahlen können.
Doch der relativ geringe Anteil an Anzeigenerlösen hat auch sein Gutes. In der Medienkrise ist die taz deutlich weniger von bitteren Erlöseinbußen betroffen als die anderen Marktteilnehmer. Darüber hinaus schützt er vor mehr oder weniger subtilen Versuchen, die journalistische Unabhängigkeit der Redaktion zu beeinflussen.
Wir können Ihnen mit großem Selbstvertrauen versichern: Die Unabhängigkeit der Redaktion bleibt jederzeit von der Einschaltung kommerzieller Anzeigen vollständig unangetastet. Aber die Einnahmen von Anzeigen sichern, so gering sie auch sein mögen, die Handlungsfähigkeit der taz.
Dabei wird die Annahme von Anzeigen nach ihren inhaltlichen Aspekten immer vom Verlag daraufhin geprüft, ob sie wegen Sexismus, Militarismus oder Rassismus abzulehnen sind. Nach unseren Kriterien, auf die sich die Mitarbeitenden der taz in vielen Diskussionen im Hause und mit den LeserInnen und GenossInnen geeinigt haben, sind das Bundesministerium für Verteidigung und die Bundeswehr nicht grundsätzlich als militaristisch in diesem Sinne zu bewerten.
Für bestimmte Werbeaussagen könnte dies dennoch zutreffen, und der Abdruck solcher Anzeigen würde im Hause von der dafür zuständigen Anzeigenabteilung mit Sicherheit abgelehnt.
Die Redaktion der taz bewertet kommerzielle Anzeigen nicht, beeinflusst nicht ihre Inhalte und sortiert auch nicht nach „guten“ und „schlechten“ Im Gegenteil, die Redaktion der taz arbeitet vollständig unabhängig und veröffentlicht ihre Erkenntnisse ohne Rücksicht auf die Interessen der Kunden.
Auch wenn Ihnen persönlich der Gedanke widerstrebt, dass eine Anzeige der Bundeswehr in der taz erscheint, bitte ich Sie dennoch um Ihr Verständnis.
Mit besten Grüßen aus der taz,
Andreas Bull, Geschäftsführer
*Bis vor 10 Jahren bestand das marktübliche Verhältnis der beiden wichtigsten Erlösquellen von Zeitungen noch aus 1/3 Vertriebserlösen (aus Abonnements und Einzelverkäufen) und 2/3 Anzeigenerlösen. In der seither eingetretenen digitalen Transformation der Mediennutzung hat sich das Verhältnis umgekehrt. Dieser Prozess geht irreversibel weiter und bedroht den professionell betriebenen Journalismus existentiell.
Titelbild: dpa