Von Carmela Negrete
Bio ist unzureichend, meint Thilo Bode, Leiter des gemeinnützigen Lebensmittel-Verbraucherschutzvereins Foodwatch. Allein durch den Kauf von Bio-Produkten oder den Boykott herkömmicher Produkte werde sich nicht alles ändern. Es sei nicht realistisch, zu denken, dass man die Agrarwende so schaffen wird. Denn „heute sind wir immer noch weit weg davon, dass 20 Prozent der Lebensmitteln bio sind“, sagt Bode. Noch nicht einmal die Hälfte davon sei nachhaltig erzeugt.
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Der Fleisch-Konsum müsse halbiert werden, fordert Bode. „‚Öko‘ bedeutet lediglich eine bestimmte Form der Agrikultur. Ich kann nicht sagen, wenn ich bio kaufe, dass ich mich ökologisch ernähre. Wenn man zu viel Fleisch isst, kann es nie ökologisch sein.“
Die wahren Kosten der Fleisch-Produktion spiegeln sich nicht im Konsumenten-Preis. Bio-Plantagen brauchen mehr Fläche und allein die Tieren essen mehr Getreide als die gesamte Menschheit, erklärt Bode. Den Fleischkonsum pro Person auf 55 Kilo pro Jahr zu halbieren wäre eine Möglichkeit, mehr Land für ökologische Agrarwirtschaft zu schaffen. In der EU gäbe es viel zu viel Sorgen um Subventionen, und weniger um ein nachhaltiges, ökologisches und kollektives Agrarsystem, so Bode.
„Die Nahrungsindustrie definiert Transparenz ganz anderes als wir. Woher kommen die Früchte der Marmelade, wen sie als bio kennzeichnet sind?“, fragt er. Eine zentrales Problem der Lebensmitteln-Industrie sei, dass es sehr schwer sei, die Herkünfte der Zutaten und die ganze Verarbeitung bis zum fertigen Produkt nachzuvollziehen.
„Verbraucherpolitik ist keine Kuschelpolitik“, antwortet Bode auf die Frage des stellvertretenden Chefredakteurs des taz, Reiner Metzger, zu Forderungen zum Verbot von bestimmten Zusatzstoffen. „Nur weil man sich Bio ernährt, bewegt man sich in kein Paradies. Es gibt Bio-Chips, das macht diese Snacks nicht gesünder. Bestimmte Zusaztstoffe wie Carrageen oder Glutamat können gesundheitsschädlich sein.“
Welche politischen Maßnahmen sind nötig und machbar? Welches sind die Schritte in eine nachhaltigere Gesellschaft?, fragt ein junger Mann aus dem Publikum. „Man braucht bestimmte kollektive Standards, Information und mehr Transparenz bei den Verpackungen sind notwendig. Die Änderungen gehen nur durch eine sehr starke außerparlamentarische Bewegung. Es gibt keine Alternative, außer sich zu engagieren.“
„Bio als weltweit Strategie ist möglich“, so Bode. Auch in diesem System. Schließlich stellen wir eine schwierige Frage: Gibt es öko und ein gutes Leben im Kapitalismus? Die Antwort von Bode:
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Überbevölkerung ist allerdings auch nicht ökologisch im Sinne von nachhaltig. Ich vermisse in der Nachhaltigkeitsdebatte bezüglich Ernährung meistens die nicht ganz unwesentliche Frage, ob dieser Planet tatsächlich 7 Milliarden und mehr Menschen versorgen muss. Schließlich handelt es sich dabei um einen der relevantesten Faktoren überhaupt.
Dass sich *dieses* Problem genau wie die Agrarwende nicht von heute auf morgen lösen lässt (und erst recht nicht, wenn der Umgang damit nicht der Mitleidlosigkeit natürlicher Populationsregulierung folgen soll): geschenkt.