Von Petra Schellen, taz Hamburg
Ja, Kultursenatorin Dana Horáková war so schlimm. Aber muss man das bei jeder Winz-Verfehlung wieder schreiben? Da kann man jetzt natürlich viel drüber lamentieren, grübeln, rechten: Ob man in all den Jahren Böses geschrieben hat. Ja, hat man ganz bestimmt, selten mit Vorsatz, manchmal aber auch das. Oft aber war es schlicht die journalistische Lust am Draufhauen, die einen trieb, mainstreamig außerdem, ungefährlich und letztlich ein bisschen feige: Einen ohnehin Unbeliebten zu schmähen ist letztlich wenig originell.
So geschehen mit Dana Horáková, Hamburgs Kultursenatorin von 2002 bis 2004, die ich damals mehr als einmal anging. Oft geschah das zu Recht, zeigte sie doch wenig Gespür für die Szene, sagte Galeristen unumwunden, dass sie sie niemals zu Gesicht bekommen würden. Frauenprojekte und Geschichtswerkstätten suchte sie wegzusparen, um stattdessen ein Mohammed-Atta-Museum in Harburg eröffnen. Außerdem war sie für uns tazzler natürlich eine 1a-Feindin, von der Bild-Kolumnistin zur Kultursenatorin avanciert, das allerletzte Aufgebot des ratlosen Ole von Beust.
Und trotzdem: Ich würde das in der Intensität und Penetranz nicht wieder tun. Würde ein bisschen Maß halten, nicht bei jeder Kleinst-Verfehlung eine Kolumne schreiben, und sei es noch so lustig, im Kollegium darüber zu witzeln.
Denn Dana Horáková hatte nicht nur dieses Gesicht. Sie war auch eine, die vor der Ausweisung aus Tschechien im Samisdat-Selbstverlag Schriften von Dissidenten edierte, damals in den Siebzigern. Eine, die den erzwungenen Wegzug von dort nie verwand und darob in einer Talkshow einmal in Tränen ausbrach.
Nun kann man sagen, das war unprofessionell – so tat es die Journaille damals – oder aber: entwaffnend natürlich. Menschelnd, auch wenn ihre Untergebenen dies selten spürten. Aber im Keller ihres Privathauses nördlich von Hamburg hat sie jahrlang eine Leihbibliothek für die Kinder der Nachbarn und überhaupt ein offenes Haus gehabt. Kompensiert das eine unprofessionell-hartleibige Amtsführung, bei der es um weit mehr Geld und Schutzbefohlene ging? Sicherlich nicht. Aber ist der Journalist berechtigt, einen so offensichtlich überforderten Politiker wieder und wieder zu geißeln? Juristisch zweifellos. Ethisch aber – eventuell nicht.
Ohne die untertänige Mitarbeit von Vielen in der Kulturbehörde hätte Frau Horakova weniger Zugriffsmöglichkeiten gehabt. Eine Innenansicht würde sicher einige Erkenntnisse über den autoritären Charakter der Kulturakteure offenbaren. Der Stil im Auftreten der Kulturbehörde hat sich danach geändert, die Prioritäten bei den monetären Zuwendungen dagegen nur wenig – und damit wird wesentlicher Politik gemacht. Doch darin kennt sich Petra Schellen offenbar weniger aus, oder die Taz möchte das ihren Leserinnen nicht zumuten.