von 07.12.2012

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Dana Horáková, Ex-Kultursenatorin und Autorin des Buches "Wie erkläre ich meinem Hund, dass er kein Mensch ist?". Foto: Lau Verlag
Dana Horáková, Ex-Kultursenatorin und Autorin des Buches "Wie erkläre ich meinem Hund, dass er kein Mensch ist?". Foto: Lau Verlag
Von Petra Schellen, taz Hamburg

Ja, Kultursenatorin Dana Horáková war so schlimm. Aber muss man das bei jeder Winz-Verfehlung wieder schreiben? Da kann man jetzt natürlich viel drüber lamentieren, grübeln, rechten: Ob man in all den Jahren Böses geschrieben hat. Ja, hat man ganz bestimmt, selten mit Vorsatz, manchmal aber auch das. Oft aber war es schlicht die journalistische Lust am Draufhauen, die einen trieb, mainstreamig außerdem, ungefährlich und letztlich ein bisschen feige: Einen ohnehin Unbeliebten zu schmähen ist letztlich wenig originell.

So geschehen mit Dana Horáková, Hamburgs Kultursenatorin von 2002 bis 2004, die ich damals mehr als einmal anging. Oft geschah das zu Recht, zeigte sie doch wenig Gespür für die Szene, sagte Galeristen unumwunden, dass sie sie niemals zu Gesicht bekommen würden. Frauenprojekte und Geschichtswerkstätten suchte sie wegzusparen, um stattdessen ein Mohammed-Atta-Museum in Harburg eröffnen. Außerdem war sie für uns tazzler natürlich eine 1a-Feindin, von der Bild-Kolumnistin zur Kultursenatorin avanciert, das allerletzte Aufgebot des ratlosen Ole von Beust.

Und trotzdem: Ich würde das in der Intensität und Penetranz nicht wieder tun. Würde ein bisschen Maß halten, nicht bei jeder Kleinst-Verfehlung eine Kolumne schreiben, und sei es noch so lustig, im Kollegium darüber zu witzeln.

Denn Dana Horáková hatte nicht nur dieses Gesicht. Sie war auch eine, die vor der Ausweisung aus Tschechien im Samisdat-Selbstverlag Schriften von Dissidenten edierte, damals in den Siebzigern. Eine, die den erzwungenen Wegzug von dort nie verwand und darob in einer Talkshow einmal in Tränen ausbrach.

Nun kann man sagen, das war unprofessionell – so tat es die Journaille damals – oder aber: entwaffnend natürlich. Menschelnd, auch wenn ihre Untergebenen dies selten spürten. Aber im Keller ihres Privathauses nördlich von Hamburg hat sie jahrlang eine Leihbibliothek für die Kinder der Nachbarn und überhaupt ein offenes Haus gehabt. Kompensiert das eine unprofessionell-hartleibige Amtsführung, bei der es um weit mehr Geld und Schutzbefohlene ging? Sicherlich nicht. Aber ist der Journalist berechtigt, einen so offensichtlich überforderten Politiker wieder und wieder zu geißeln? Juristisch zweifellos. Ethisch aber – eventuell nicht.

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https://blogs.taz.de/hausblog/was-ich-bereue-meine-penetrante-kritik-an-dana-horakova/

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kommentare

  • Ohne die untertänige Mitarbeit von Vielen in der Kulturbehörde hätte Frau Horakova weniger Zugriffsmöglichkeiten gehabt. Eine Innenansicht würde sicher einige Erkenntnisse über den autoritären Charakter der Kulturakteure offenbaren. Der Stil im Auftreten der Kulturbehörde hat sich danach geändert, die Prioritäten bei den monetären Zuwendungen dagegen nur wenig – und damit wird wesentlicher Politik gemacht. Doch darin kennt sich Petra Schellen offenbar weniger aus, oder die Taz möchte das ihren Leserinnen nicht zumuten.

  • Ich finde die nachträgliche Einsicht gut. Auf Schwache und Außenseiter einprügeln bzw. gegen sie anschreiben kann jeder.
    Du hättest diese Frau vielleicht mal besuchen und ihr sachlich Deine Kritik vortrage sollen. Dann wären vielleicht ganz neue, liebenswerte Seiten ihrer Persönlichkeit zum Vorschein gekommen..
    Ich habe als Zehnjähriger oft einen viel schwächeren Mitschüler auf widerliche Weise gemobbt, nur weil der eine damals äußerst unübliche Baskenmütze trug.
    Wegen meines dämlichen und ekligen Benehmens schäme ich mich noch heute.
    Dass Du Dein Fehlverhalten öffentlich bereust, ehrt Dich allerdings ganz besonders. Ich ziehe den Hut, obwohl ich nie einen trage.
    Die besten Grüße, Hartmut Wagner!

  • Nein, liebe taz, da muss ich ausnahmsweise mal widersprechen: gegen diese Frau konnte man gar nicht genug anschreiben. Diese Frau war in ihrer Zeit als „Politikerin“ so unerträglich merkbefreit, dass eigentlich noch ein viel gröberer Stil nötig gewesen wäre.

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