Sie haben doch sicher am Donnerstag den Mops gesehen, der da auf unserer Seite Eins auf Sie wartete – nun, zugegeben, ein kleiner Wortwitz. Ab und an stechen unsere Titelseiten so sehr heraus, dass sie herumgereicht werden in unserer LeserInnenschaft und auch in anderen Redaktionen, auf Papier, via Twitter, Instagram und Facebook; so dass wir viel Beifall dafür erhalten.
Als die taz am Donnerstag titelte „Ein klares Wort zu Chemnitz: Es gab keinen Mops“, war das wieder der Fall. Es war das Kontra der taz gegen die Aussage des sächsischen CDU-Ministerpräsidenten Michael Kretschmer, es habe keinen Mob in Chemnitz gegeben. Entstanden ist der Titel nach einer Idee von Fotoredakteur Mathias Königschulte, spontan, in der Mittagskonferenz.
Realisiert wurde sie dann von unserem Seite-Eins-Redakteur Lukas Wallraff und unserem Einserlayouter Tim Seidel – zur Freude vieler tausend Menschen, die sich ebenfalls von Michael Kretschmer verschaukelt fühlten.
In der vergangenen Woche waren unsere „Einserauftritte“, wie wir JournalistInnen gern sagen, häufig besonders. Am Samstag, den 1. September, zitierten wir, wieder zu Chemnitz, schlicht auf schwarzem Hintergrund: „Sind wir uns darüber einig, dass der Hitlergruß nicht okay ist?“ Auch auf diesen Titel erhielten wir viele positive, aber auch berührte und bewegende Reaktionen. Am Dienstag, den 4. September, fragten wir schlicht, diesmal bunt hinterlegt: „Wie werden wir mehr?“
Das ist unser Anspruch: Gerade in unruhigen Zeiten Überblick und Orientierung zu bieten für eine solche Art von Zivilgesellschaft, die sich jenen Werten verbunden fühlt, die sich die Belegschaft der taz mit ihrem Redaktionsstatut selbst gegeben hat. Darin heißt es: „Für die Redaktion ist Freiheit die Freiheit der Andersdenkenden, entscheidet sich Demokratie an den demokratischen Rechten jedes einzelnen Menschen.“
Dieser Blick auf die Rechte jedes einzelnen Menschen, ist, was uns antreibt. Es ist auch eine Hilfe, möglichst nicht in die Versuchung zu geraten, Dinge zu pauschalisieren. Das ist, gerade wenn vieles so schwarz oder weiß wirkt, so rechts oder links, so oben oder unten, häufig eine Herausforderung.
In Folge der rassistischen Vorfälle in Chemnitz, waren wir mit einem großen, stets wechselnden Team in der Stadt präsent, auch um aus möglichst vielen Perspektive erzählen zu können, was in der Stadt vor sich geht. In Berichten, Kommentaren, in Reportagen und Hintergründen, im Lifestream und Liveticker; und auf unserer Seite Eins. Wir tun das, um gerade auch jenen Teil der Zivilgesellschaft beschreiben zu können, der sich zwar organisiert, der sich auflehnt – aber dabei rassistische und stereotype Muster pflegt und entwickelt.
Das ist auch Zivilgesellschaft. Und das ist die, um die wir kämpfen.
Von MARTIN KAUL, taz-Redakteur für soziale Bewegungen