von 15.03.2010

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Heineken kommt partout nicht zur Ruhe. Nach der schamlosen Panscherei mit billigem Gerstensaft in Heineken-Zapfsäulen durch Amsterdamer Kneipiers und dem rückläufigen Heineken-Konsum unter den Niederländern, sah sich der Biergigant jetzt vom rotzfrechen PR-Gag eines regionalen Dreikäsebiers bedroht, und zwar massiv. Von einer Billigmarke namens Olm aus Groningen. Olm… nie gehört.

Das änderte sich heute schlagartig, als „der Multinational Heineken den piepkleinen Olm mit einem Heer von Anwälten vor den Richter zerrte“, berichtete der niederländische Rundfunk NOS. Per einstweiliger Verfügung wolle „der Goliath Heineken den David“ zwingen, seine Flaschen unverzüglich aus sämtlichen Supermärkten des Landes zu nehmen – was das wirtschaftliche Aus für Olm bedeuten würde. Der Grund: Olm hätte das Flaschengrün, den roten Stern und überhaupt das ganze Layout von Heineken geklaut.

Pikantes Detail: Olm’s Direktor Mark Schneider hat in einem früheren Leben selbst bei Heineken gearbeitet. Zu den Vorwürfen lächelte er nur spitzbübisch und sagte: „Grün sind in Holland noch mehr Bierflaschen, nicht nur Heineken. Und der rote Stern ist ein branchenweites Qualitätssiegel, das weltweit mehr als hundert Biermarken im Etikett haben.“ Ganz schön gewieft, der Kleene, wo doch der Rundfunk heute in aller Frühe die Olm-Flasche am gemeinen Holländer testete und als meistgehörte Antwort bekam, dass es sich dabei wohl um „ein Brüderchen oder Schwesterchen von Heineken“ handeln müsse.

Plagiat hin oder her, Journalisten fanden das Scharmützel vor Gericht eher amüsant als dramatisch, und fragten schon vor der Verhandlung, ob Heineken wegen der Sache denn wirklich soviel Wind machen müsse. Und vielleicht war es das, was zog. Als der Richter eher lakonisch meinte, na ja, Heineken säße eh am längeren Hebel (weil er im Gegensatz zu Olm das Kapital hat, einen monatelangen Rechtsstreit zu finanzieren), und man solle sich doch lieber außergerichtlich einigen, da stimmte – oh Wunder – Heineken zu und zeigte sich von der noblen Seite. Man wolle ja niemanden vernichten. Olm’s Flaschen bleiben im Handel, aber spätestens in 6 Wochen muss ein neues, deutlicher abgegrenztes Logo drauf kleben. Im Gegenzug nimmt Olm seine Bierdeckel sofort vom Tresen.

Formal hat Heineken zwar ‚gewonnen‘, aber Olm hat besser gepokert: mit dem Risiko des totalen Bankrotts – wenn es zum Prozess gekommen wäre – hat er mit einem Publicity Stunt auf Kosten des Marktführers sein Bier im Trockenen. Egal, wie das Etikett in ein paar Wochen aussieht, Olm kennt seit heute jeder Biertrinker in Holland. – Und Heineken? Hat wieder seine Ruhe. Vorläufig.

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