Der Bild-Chef fühlt sich angepisst, weil im Deuschland-Radio eine Autorin doch tatsächlich behauptet hatte, die Bild-Zeitung arbeite „immer noch mit den gleichen Methoden, der Verletzung der Menschenwürde“. So was aber auch! Zwar würden auf diese Frage von 100 Personen mit einem IQ über Zimmertemperatur mindestens 98 mit „Ja“ beantworten – aber KD muß sich natürlich beim Intendanten Willi Steul beschweren, und dann im Blog darüber jammern, dass sich dieser nur per Brief für ein paar Ungenauigkeiten entschuldigt, aber keine Richtigstellung über den Äther posaunen läßt.
Auch dass das große Bohei um die Stasi-Bespitzelung Springers vielleicht damit zu tun hätte, dass man in Sachen „68“ in die „publizistische Defensive“ geraten sei – wie im Deutschland-Radio vermutet wurde – wollte KD so nicht stehen lassen. Als ob die Bespitzelung der Propagandazentrale West durch den Geheimdienst Ost nicht ebenso logisch wie uninteressant wäre – die Geheimdienstakten der taz, die sowohl von Stasiagenten als auch von Verfassungsschutzspitzeln beäugt wurde, scheinen da jedenfalls spannender.
Was die „publizistische Defensive“ betrifft, in die man nach den Absagen zu dem von „Welt“-Chef Thomas Schmid initiierten „Springer-Tribunal“ geraten war, hat der Verlag jetzt angekündigt, alle Artikel aus den 68er Jahren online zu stellen. Schmid: „Es hat viele Artikel in den Blättern des Axel-Springer-Verlages gegeben, die unter der Gürtellinie und vielleicht auch nah an der Hetze waren. Dafür hat sich der Verlag zu entschuldigen – und das tut er auch.“ Dass es nicht „vielleicht“ und auch nicht „nah an“, sondern schlicht „Hetze“ war, wird die Dokumentation zeigen, wenn sie zum Beispiel die Karrikaturen eines Hans Joachim Stenzel nicht vergißt, der die Studenten gern in klassischer „Stürmer“-Manier als Untermenschen und Halbaffen porträtierte.
Sich für die historische Haßpropaganda zu entschuldigen ist ehrenwert, aber nur wenn man Wiederholungen wirklich zu vermeiden sucht. Doch was die reißerische Diffamierung betrifft hat das Springer-Flaggschiff die alten Giftpfeile nach wie vor im Köcher… wie nicht nur KDs „Anfängerfehler“ belegt. Man muß sich nur die aktuelle Bild-Bericherstattung über die „Feuerchaotin“ von Berlin anschauen, um einen Eindruck zu bekommen, wie zum Beispiel die Verletzung der Menschenwürde unschuldiger Angeklagter heutzutage aussieht.