vonBlogwart 09.04.2011

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Von Jannis Hagmann

…und da sprach sie – in Form von Aktivistinnen und Aktivisten aus Tunesien, Ägypten, dem Irak, Weißrussland und Deutschland. Ein bisschen zu viel Heldenverehrung, zu wenig Inhalte, aber umso spannender die vielen kritischen Köpfe auf dem Podium. Guttenberg war etwas fehl am Platz

Die kubanische Bloggerin Yoani Sánchez schickte ein Video zum taz-Kongress. Foto: Fiona Krakenbürger
Die kubanische Bloggerin Yoani Sánchez schickte ein Video zum taz-Kongress. Foto: Fiona Krakenbürger
„Wie fühlst du dich nach der Revolution? Es war wirklich gefährlich!“ So richtete taz-Chefredakteurin Ines Pohl gestern das Wort an Mona Seif und verlieh ihr bereits mit ihrer ersten Frage den Heldinnen-Status, den sie, die Aktivistin vom ägyptischen Tahrir-Platz, doch gar nicht haben wollte. Wie auch ihre tunesische Kollegin Lina ben Mhenni gibt sich die Bloggerin bescheiden: Gefährlich ja, aber das Internet, die Öffentlichkeit, gebe ihnen Sicherheit. Sollte irgendetwas passieren, würde eine Medienkampagne in den gut vernetzten Aktivistenkreisen nicht lange auf sich warten lassen.

Und zwischen Mann und Frau? Wie hat das denn während der Revolution funktioniert? Mona lacht kritisch zurück. Drei Fragen würden alle stellen, erstens: Ist die ägyptische Revolution eine Twitter-Revolution? Zweitens: Hat sie als Ägypterin Angst vor den Muslimbrüdern? Drittens: Wie funktionierte das denn zwischen Mann und Frau während der Revolution? Beantwortet.

Dass Revolutionen keine Twitter- oder Facebook-Revolutionen sind, meint auch Viktar Malishevsky, Blogger aus Weißrussland. Dem Internet werde eine zu große Rolle zugeschrieben. Viele in Belarus, die sich die Proteste online ansähen, meinten schon, mittendrin zu sein und mitzuprotestieren. Aber Fehlanzeige. Weg vom Internet, raus auf die Straße!, so seine Forderung.

Foto: Fiona Krakenbürger
Foto: Fiona Krakenbürger
Überraschend, und irgendwie auch fehl am Platz, dann der Schwenk zu Guttenberg, oder genauer gesagt zu einem seiner großen Feinde: Johannes Staemmler, dem Berliner Promovenden, der mit einem offenen Brief aktiv zum Sturz des ehemaligen Verteidigungsministers beitrug. Etwas verlegen mache es ihn, jetzt nach diesen AktivistInnen sprechen zu sollen. Als Bürger eines Landes, in dem die Öffentlichkeit noch funktioniere und die freie Meinungsäußerung keine Gefahren mit sich bringe. Klar, die kritische Öffentlichkeit verbindet die Diskutierenden auf dem Podium, das Internet ist ihr gemeinsames Tool. Aber wissen eigentlich alle auf dem Podium, worum es gerade geht? Guttenberg…? Oder waren in Ägypten, Tunesien, Weißrussland und dem Irak doch andere Themen auf der Tagesordnung?

Inhaltliche Diskussionen fehlten leider. Ein 30-Sekunden-Crashkurs zur aktuellen Situation in Tunesien („it’s a mess“), ein weiterer zum Irak und Weißrussland. Eigentlich waren ja auch alle auf dem Podium einer Meinung. Gut, die Revolution sollte ja auch nicht diskutieren, sondern nur sprechen, wie es der Titel der Veranstaltung versprach. Und das tat sie, höchstpersönlich, live und mitreißend. Doch etwas weniger (von Veranstaltern und Zuschauern verliehenes) Pathos und Heldentum und mehr kritische Inhalte hätten der Veranstaltung gut getan. Auch den Videobeitrag einer kubanischen Bloggerin, der die Ausreise und so die Teilnahme an der Konferenz verweigert wurde, hätte man besser für inhaltliche Diskussionen über Erfahrungen, Strategien und Zukunftschancen politischer Protestbewegungen nutzen können.

Umso erhellender eine Frage aus dem Publikum zum Schluss: Welche Unterstützung wünscht ihr euch eigentlich von uns? – Übt Druck aus! Übt Druck auf eure Regierungen aus, keine repressiven Regime mehr zu unterstützen! Wieder Einigkeit auf dem Podium. Tosender Applaus.

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