vonDaniel Erk 01.04.2010

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Es ist eine fast klassische Tragödie, eine klassische Erzählung der Menschheit, wie sie an vielen Orten, in allerlei Kulturen erzählt und aufgeschrieben wurde. Es ist eine Geschichte voller Angst und Verwunderung und gewiss spielt sie auf menschliche Urängste an. Im Groben geht es darum, wie Menschen, die eigentlich ein gutes Leben führen aus niedrigen Beweggründen, aus Neid und Gier, aus Angst und Einsamkeit ihre Heimat in einen Abgrund stürzen. Es ist auf eine Weise eben diese große Erzählung – und gleichzeitig eine vielfach gefilterte, verafrikanisierte Geschichte des Dritten Reichs.

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=ZohUICLZyGk[/youtube]

Die nigerianische „Nollywood“-Produktion „Hitler“ könnte sich noch als der ultimative Beleg für gleich zwei der grundlegenden Hypothesen des Hitlerblogs herausstellen. Denn einerseits hat sich in den letzten 3½ Jahren Hitlerblog herausgeschält, dass die Bearbeitbarkeit des Topos Hitlers in zwei Dimensionen zunimmt: mit der zeitlichen Distanz und mit der kulturellen, politischen Differenz. Dass einem Nollywoodfilm im Jahr 2010 also die größtmögliche Freiheit zur Verfügung steht, überrascht nicht. Überraschend ist eher, dass Hitler als Topos so intensiv und weitreichend ist, dass selbst in Nigeria, wo man davon ausgehen darf, dass all die deutschen, europäischen, amerikanischen, jüdischen Debatten zur Erinnerungskultur, zum Dritten Reich und zu Hitler keine Spuren hinterlassen haben, dass selbst dort ein Film – wenn auch sehr entfernt – zur grundlegenden Thematik des Dritten Reiches verfilmt wird.

Aus der deutschen Perspektive nimmt sich der Film natürlich höchst absurd aus. Nicht nur, dass die Hitler zu geordneten Attribute letztlich kaum mit der aus Geschichtsbüchern bekannten Figur in Einklang zu bringen sind und dass allein durch die Verwendung des Namens Hitler manche Dialoge eine sehr eigene Wendung für den westlichen Betrachter bekommen, auch die grundsätzlichen afrikanischen Themen, die den Film durchziehen (Kanibalismus, Dämonismus) sowie die Telenovellahaftigkeit sind mit dem Anspruch, den man zumindest implizit an Filme zum Thema hat, nicht einzuordnen.

Einen entscheidenden Unterschied weist die nigerianische Hitler-Geschichte allerdings auch noch auf: Nach „Hitler“ gab es wegen des großen Erfolges kurze Zeit später auch noch „Hitler 2“.

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