vonElisabeth Wirth 24.12.2008

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Kreuzberg ist leer. Das dachte ich schon am Sonntag vor 1 1/2 Wochen, als ich mittags punkt 12 das Haus verließ. Dicke Wolken hingen tief. Am Kotti schienen sie noch tiefer zu hängen, ein paar Tauben, eine zerbrochene Sektflaschen auf einem Kotzehaufen. Sonst war kaum jemand zu sehen, ich setzte meinen Weg zu Trigger Copy fort. Trigger Copy rettet Leben.denn nachts um 11:25 Uhr hatte sich mein Drucker dazu entschieden, aufgrund leerer Patronen, den Geist aufzugeben. Was für ein Glücksgriff, ein offener Copy Shop am Sonntag.

Am Abend sollte ich in Halle auftreten. Einige Stunden, bevor ich mit dem Zug fahren sollte, endlich mit Texten schwarz auf weißem Papier, endete meine vormittägliche Odyssee in der Ankerklause. Hier saßen, jene, die nicht mehr im Bett lagen.

Morgen wird das anders aussehen, morgen hat die Ankerklause geschlossen, morgen ist Weihnachten. Ich warte noch immer auf ein Paket von Amazon und hoffe, dass der Postbote den Weg samt Lieferung zu mir finden wird. Ja, schon heute Abend, wirkte Kreuzberg, sagen wir, vereinsamt. In meinem Nachbarhaus leuchtet nicht eine Lampe, bei mir im Haus nur sporadisch. Die armen M29-Fahrer werden morgen die Busse durch die Straßen manövrieren und wahrscheinlich nur vereinzelt Fahrgäste einsammeln, die mit Geschenken im Gepäck zur ersten weihnachtlichen Station fahren. Freunde haben sich in Scharen in dem letzten Tagen aufgemacht, auf ihren Weg nach Süddeutschland. Dort sehen sie sich dann alle wieder, lediglich der Berliner bleibt allein zurück. Noch trauriger kann es nur im Prenzlauer Berg aussehen, denn dort wird es noch dunkler sein. Dort wird der Weihnachtsmann sich wirklich dumm und dämlich suchen, nach hell erleuchteten Wohnungen und dem Duft von frisch Gebackenem. Keine freudigen Kinderaugen, keine Lieder, keine Blockflötenkonzerte. Dann wird der Weihnachtsmann sich eine Eckkneipe suchen müssen und spät in der Nacht, wird seine Nase genauso rot leuchten wie die von Rudolf. Jedoch all die anderen Weihnachtsmänner, im Besonderen die in Süddeutschland, werden Hochkonjunktur haben.

In diesem Sinne, frohes Fest. 

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