vonDaniel Erk 20.05.2010

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„Ein interaktives Ausstellungsprojekt der 3. Generation“, das klingt ja erst einmal so, als habe diese nervtötende Pop-Rap-Gruppe selben Namens, die zwischen ’98 und ’04 „Big Brother“ vertonte („Leb‘, leb‘ wie du dich fühlst!“), als hätte diese seelenlose Castingband wieder zusammengefunden und „was mit Internet“ gemacht.

So wahrscheinlich diese Variante ist, so weit geht sie an dem vorbei, was sich hinter dem nach Oberstufen-Internet-AG und PR-Desaster klingenden Namen tatsächlich verbirgt: Nämlich international zusammengecastete, junge Künstler und Stipendiaten, die unter dem ähnlich schlimmen, wenig kunstvoll zusammengeflickschusterten Titel „Memo_Raising“ (oh ja: mit Unterstrich!) „nach der Relevanz des Holocausts in der 3. Generation“ (Originalzitat) fragen sollen.

Wie das gehen soll? Weiter im PR-Text: „Acht junge internationale KünstlerInnen mit verschiedenen Hintergründen und Familiengeschichten, werden durch ihre Werke aus Malerei, Videokunst und Installation in direkten Dialog mit den Ausstellungsbesuchern treten“ – Malerei, die in „direkten Dialog“ tritt? Interessant! Bzw. verquarst.

Aber weiter: „Vor dem Hintergrund der „neuen Leichtigkeit“ gibt es Raum für Süßigkeiten, Versteckspielen, für Enten, Video schauen und Scharlatanerie (Originalzitat).“ Süßigkeiten und Versteckspiele – das klingt dann eventuell doch ein bisschen zu sehr nach Kindergeburtstag, Thema Holocaust. Aber: Enten?

Nachdem jedenfalls heute schon an ausgesuchte Gäste „siebenarmiges Fingerfood von ART.FLAVOUR gereicht“ wurde (leider auch dies ein Originalzitat), findet morgen um 19 Uhr die Vernissage der dann eine Woche andauernden Ausstellung statt.

Trotz aller, unglücklicher Formulierungen und eher gut gemeinten als guten Intentionen: Es ist gut, dass dieses Thema nun, da die Zeitzeugengeneration stirbt, zunehmend auf die Agenda kommt. Falls sich unter den Lesern Besucher der Ausstellung befinden, ich würde um Eindrücksschilderungen bitte.

Memo_Raising
Ausstellung im Freien Museum Berlin
Potsdamer Straße 91
10785 Berlin

Von Samstag, 22.05.2010 bis Samstag, 29.05.2010
Mo-Sa 12:00 – 19:00, Do 12:00 – 22:00, So 15:00 – 18:00

* Ehe sich mit unberechtigtem Überlegenheitsgefühl ausgestattete Leser über diese Überschrift aufregen: es handelt sich um die Variation einer Pointe des deutsch-jüdischen Komikers Oliver Polak aus dessen Buch „Ich darf das, ich bin Jude“ – Seite 31, untere Seitenhälfte

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