vondorothea hahn 26.07.2010

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Beim ersten Mal kam ich aus Paris. Ich war vorgewarnt. Und ich hatte es eilig, endlich in Washington anzukommen. Vielleicht  war es das.

Vielleicht lag es auch daran, dass es schnell ging. Oder dass der Grenzbeamte freundlich plauderte. Oder dass die Stadt von einer dichten Schneedecke verzaubert war.

Jedenfalls haben mich jene  Einreiseprozeduren kaum beeindruckt.

Dieses Mal komme ich aus dem Süden Amerikas. Von den insgesamt 60 Grenzkontroll-Schaltern am Flughafen von Dallas sind nur drei für die größte Gruppe von Reisenden besetzt. Während sich nebenan die US-AmerikanerInnen zügig durch die Kontrolle bewegen, stauen sich auf unserer Seite hunderte von AusländerInnen. Die meisten stammen aus  Lateinamerika.

Wir warten in einer von eng  gespannten Seilen markierten Schlange. In der Halle herrscht texanische Hitze. Es gibt weder Sitzplätze, noch Trinkwasser. Draußen tobt ein Sommersturm. Harter Regenfall und Donnerschläge hämmern auf das dünne Dach. Kleine Kinder schreien. Erschöpfte Alte bemühen sich, Haltung zu wahren.  Ab und zu defilieren Uniformierte vorbei und schauen uns prüfend an.

Nach etwas mehr als einer Stunde Stehen darf ich zu einem Grenzbeamten an den Schalter vortreten. Im Befehlston kommandiert er mich durch die erkennungsdienstliche Behandlung, mit der die USA ihre ausländischen Besucher empfangen.  Bei jeder Einreise erneut. Als Erstes muss ich die vier Finger meiner rechten Hand zum Abdruck auf sein Gerät legen, dann den rechten Daumen, dann die vier Finger der linken Hand, dann den linken Daumen. Anschließend sagt er: „Foto“  und weist mit einer Kinnbewegung auf ein winziges Gerät auf einem Stativ. Ich blicke wütend in die Kamera.

Ein paar Stunden später hüllt mich der heißeste 24. Juli der Geschichte Washingtons ein. Die Temperatur ist dreistellig: 103 Grad Fahrenheit. Das  entspricht 39,44 Grad Celsius auf dem Thermometer. Doch die gefühlte Hitze ist noch höher.  Wegen der Luftfeuchtigkeit.

Die Straßen sind menschenleer. In den Medien werden wir aufgefordert, möglichst zuhause zu bleiben. In meinem Badezimmer erwarten mich die  Kadaver von zwei untertassengroßen Kakerlaken.

Nachdem ich lange mit der Klima-Anlage gehadert habe,  empfinde ich sie an diesem Tag als Segnung. Im Schutz ihrer Kühle harre ich  bis in den späten Abend aus. Erstmals nutze ich auch die Abwesenheit von geregelten Ladenschlußzeiten. Kurz vor 23 Uhr, als die Luft ein klein wenig abgekühlt ist, schleiche ich ganz langsam zum Supermarkt, um den Eisschrank nach dem Urlaub zu füllen.

PS: Die Hausverwaltung will den „Exterminator“ schicken, damit er meine Wohnung gegen Kakerlaken behandelt. Das sei völlig ungefährlich, versichert sie. Bloß Haustiere müßte ich in Sicherheit bringen.  Ich überlege noch, ob ich erst einmal Kakerlaken-Fallen aufstelle.

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