Im Medienland USA fliessen Informationen oft in Lichtgeschwindigkeit. Wenn am anderen Ende der Welt etwas passiert – in Tokio, Kairo oder Tunis – sind die grossen US-Fernsehsender life dabei. Doch über manche Ereignisse – manchmal viel näher an Washington – kommt überhaupt nichts.
So geschehen mit einem Hungerstreik in Guantánamo. Wie heute die Onlinezeitung –>Truthout meldet, haben „mindestens 15 Gefangene“ in Guantánamo im März einen Hungerstreik gemacht. Sie protestierten gegen eine Verfügung, die Barack Obama Anfang des Monats unterzeichnet hat. In dem „Executive Order“ des US-Präsidenten, der versprochen hatte, Guantánamo zu schliessen, steht unter anderem, dass Menschen ohne Prozess auf unbefristete Zeit in dem Lager gefangen gehalten werden können (–>ACLU).
Die Stimmung in Guantánamo hatte sich im Januar verschlechtert. Damals wurde bekannt, dass die Gefangenen aus Lager 1 und 4 (mittlere Sicherheitsstufe) in Lager 5 und 6 (Hochsichertrakte) verlegt werden sollten: mit weniger Freigang und weniger Recht auf persönlichen Besitz und mehr Kontrolle über ihre Post.
Der Hungerstreik soll in der ersten Märzwoche begonnen haben. Er ging erst vergangene Woche zuende, nachdem die Lagerleitung ein paar Zugeständnisse gemacht hat. Unter anderem bewilligte sie eine sorgfältigere Zubereitung der Mahlzeiten, zusätzlichen Freigang und die Möglichkeit zum gemeinsamen Gebet.
Militäranwalt Barry Wingard, der den kuwaitischen Gefangenen Fayiz al-Kandari vertritt, der bei dem Hungerstreik fast zehn Kilogramm verloren haben soll, zitiert seinen Mandanten so: „In den Tagen von Bush haben sie uns gefoltert. Aber wir konnten wenigsten glauben, dass wir eines Tages freigelassen werden würden. Mit Obama, machen sie uns psychologische fertig und sorgen dafür, dass niemand jemals Guantánamo verlässt“.
Tanya Bradsher, Mitarbeiterin des Verteidigungsministeriums, bestätigt den Hungerstreik. Allerdings spricht sie von „weniger als zehn“ Hungerstreikenden und fügt hinzu, dass sie aus verschiedenen Gründen in den Hungerstreik getreten seien. Unter anderem: „um im Kampf zu bleiben“. Bradsher begleitet Journalisten von Washington nach Guantánamo. Journalisten dürfen nur mit militärischer Genehmigung auf die US-Basis fahren und werden dort auf Schritt und Tritt von Militärs begleitet und überwacht.
Der Zahl von Bradsher hält „Truthout“ entgegen, dass auch mehrere jener 14 als besonders gefährlich geltenden Männer im Hungerstreik gewesen seien, die in Lager 7 sitzen. Zu dem Geschehen im Inneren von Hochsicherheitstrakt Nummer 7 sagen US-Militärs grundsätzlich nichts.
Wie die seit vergangenem Sonntag von –>Wikileaks veröffentlichten Geheimdokumente aus Guantánamo zeigen, ist ein grosser Teil der über 700 Männer, die seit 2002 in dem Lager interniert waren, harmlos. Aus den Wikileaks-Dokumenten geht auch hervor, dass die US-Behörden das in vielen Fällen wussten, während sie die Männer in Guantánamo gefangen hielten. –>Al Jazeera berichtet von einem 89jährigen afghanischen demenzkranken Dörfler, der in Guantánamo war, und von einem Kameramann des Senders, den die USA sechs Jahre gefangen hielten: um mehr über seine Arbeit zu erfahren.