Das Ohr fährt mit (Foto:tonylanciabeta/Lizenz: by-sa/(M)Jan Schneider) Beim Autokauf geht es um mehr als um Geld und Funktionalität. Deutschlands Statussymbol Nummer eins muss auch mit einem ordentlichen Sound beeindrucken. Elektroautos können damit leider nicht dienen. Nüchtern betrachtet ist das Elektroauto absolut zukunftsfähig. Längst sind Sie bezahlbar und kommen mit den neuesten Batterien weiter als mancher Benziner . Doch Menschen identifizieren sich mit ihrem fahrbaren Untersatz. Man(n) möchte Eindruck schinden: Innen möglichst leise und außen möglichst laut.
Nun kommt aber so ein Elektroauto daher, das von Natur aus kaum Motorengeräusch hat. Kein Aufheulen beim Schnellstart an der Ampel. Kein Spielen mit dem Gaspedal am Schalter eines Drive-In Restaurants. Für manche Käufer ist das ein großes Problem. Ihr auditives Weltbild wir dauf den Kopf gestellt. Die Fahrer können sich nicht mehr durch ihren Fahrstil artikulieren. Außerdem birgt das lautlose Fahren große Gefahren für andere Verkehrsteilnehmer. Besonders Radfahrer verlassen sich häufig auf ihre Ohren, wenn sie über eine Kreuzung radeln. Ein geräuschloses Auto kann die Radtour schnell beenden.
Sabine Breitsameter, Professorin für Sound und Media Culture an der Hochschule Darmstadt, wagt einen kühnen Ausblick in die Zukunft der Automobilwelt. „Ein Fahrzeug ohne lautes Motorengetöse könnte einen grundlegend anderen, gesellschaftlichen Umgang mit Autos mit sich bringen. Das Elektroauto könnte sich im Straßenverkehr mehr zurück nehmen und Fußgängern und Radfahrern in der Regel den Vortritt lassen.“
Eine andere Möglichkeit wäre, die Menschen langsam an neue Klänge rund um das Auto zu gewöhnen. Eine so genannte Langzeitsynthese. Ob die Automobilbranche diesen Schritt wagt, ist jedoch fraglich. Für die Designabteilungen war Aussehen immer wichtiger als der Klang des Autos.
Die dritte und wahrscheinlichste Möglichkeit ist für Breitsameter die unbefriedigendste Lösung des Problems: Die Elektroautos werden mit künstliche Klänge ausgestattet, die mit unseren auditiven Gewohnheiten nicht in Konflikt stehen. „Damit wird eine Veränderung im Verhältnis von Mensch und fahrender Maschine im Keim erstickt.”
Das Image des Elektroautos steht und fällt mit seinem Klang. Erst wenn es mit einem gesellschaftlich anerkannten Sound durch unsere Straßen rollt, wird das Elektroauto auch die Halter der ohrenbetäubenden Benzinschleudern überzeugen.
Text: Jan Schneider
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