Weit weg von den USA ist Mumia Abu-Jamal zugleich Ikone und Symbol. Generationen von Linken haben “Free Mumia” gerufen. Sein Konterfei auf T-Shirts und Transparenten getragen. Seine Bücher gelesen. Und seine Radiobeiträge gehört.
Seit beinahe 29 Jahren lebt der afroamerikanische Journalist und frühere Black Panther-Aktivist hinter Gittern. Er ist eine personifizierte Anklage gegen die Justiz seines Landes. Die einzige bekannte Stimme aus den Todestrakten. Das einzige weltweit wiedererkennbare Gesicht unter den gegenwärtig mehr als 3200 zum Tode Verurteilten in den USA.
Doch in seinem eigenen Land ist Mumia Abu-Jamal, gebürtiger Wesley Cook, fast nur Insidern bekannt. Als am Dienstag dieser Woche ein neues Kapitel in seinem Rechtsstreit beginnt, ignorieren das die großen Fernseh- und Radiosender der USA komplett. Und jene Print-Medien, die es immerhin melden, tuen es versteckt auf den hinteren Seiten.
Dennoch demonstrieren vor dem Berufungsgericht von Philadelphia 500 Menschen. Einige sind aus Europa angereist. Andere aus New York gekommen. Während sie seine Freilassung verlangen, findet im Inneren des Gerichtes eine neuerliche Anhörung statt. Dabei geht es nicht um die Tat selbst, den Polizistenmord, den Mumia Abu-Jamal bestreitet. Sondern um die Form der Verurteilung.
In dem neuen Verfahren, müssen drei Richter entscheiden, ob sie die – gegenwärtig ausgesetzte – Todesstrafe bestätigen, oder ob sie ein neues Schwurgericht einberufen. Letzteres würde sich nicht erneut mit der Frage von Schuld oder Unschuld befassen, sondern ausschließlich über das Strafmaß befinden: lebenslänglich oder Hinrichtung.
Die zwölf Geschworenen, die Mumia Abu-Jamals 1982 zum Tode verurteilt haben, waren mehrfach von der Staatsanwaltschaft aufgefordert worden, einstimmig zu entscheiden. Hätte ein einziger Geschworener “mildernde Umstände” geltend gemacht hätte, wäre statt der Todesstrafe, lebenslänglich heraus gekommen. Jetzt sollen die drei Richter in Philadelphia klären, ob die Geschworenen unter Druck gesetzt worden sind.
In dem Jahr, als im Dezember in Philadelphia an der Ostküste der USA der Polizist Daniel Faulkner ermordet wird, zieht in Paris ein sozialistischer Präsident in den Elysée-Palast ein. François Mitterrands erste Geste im Amt ist die Abschaffung der Todesstrafe.
29 Jahre danach ist das Thema in Paris weiterhin aktuell. Mittwoch abends kommen regelmäßig Menschen zum Protest vor die US-Botschaft an der Place de la Concorde, wenige Meter vom Elysée-Palast entfernt. Sie demonstrieren für Mumia Abu-Jamal und sie verlangen die Abschaffung der Todesstrafe. Eine im Januar lancierte Petition an US-Präsident Obama in eben dieser Richtung hat weltweit mehr als 30.000 Unterschriften bekommen. Eine der prominentesten UnterzeichnerInnen ist Danielle Mitterrand. Die Witwe des Präsidenten, der die Guillotine verschrottet hat.