„Myne Fru de Ilsebill will nich so, as ik wol will“ heißt es in dem garantiert unbayerischen Märchen vom Fischer und syn Fru. Der Wunder-Butt, dem der Fischer dort sein Leid klagt bevor er ihm die neueste Forderung seiner Frau übermittelt, streikt erst als Ilsebill Papst werden will. Angela Merkel und Forschungsministerin Anette Schavan wollen Ilse Aigner dagegen nicht mal ein Verbot von Gentechnik-Mais gewähren. Im Bayernkurier vom Wochenende klagt sie deshalb „Eine Mehrheit für ein generelles Verbot in Deutschland ist aus derzeitiger Sicht nicht zu erreichen.“In der Politik lassen sich, anders als in Märchen, Mehrheiten kalkulieren, auch innerhalb einer Regierungskoalition. Diese Mehrheit hätte Ilse Aigners CSU, auch aus „derzeitiger Sicht“. Denn die SPD unterstützt sowohl ein Verbot des Gentechnikmais „Mon 810“ als auch für ein klares Nein auf europäischer Ebene zur Aufhebung nationaler Verbote und zur Zulassung neuer Gentechnikmais-Varianten.
Wo Einigkeit in der Regierung nicht zu erzielen ist, folgt traditionell – so halten es z.B. auch die Bundesländer im Bundesrat – bei Abstimmungen in Europa die Enthaltung. Doch was, wenn die Enthaltung, wie in diesem Falle aufgrund zweifelhafter Demokratie-Konzepte in Europa gleichbedeutend mit einer Zustimmung ist? Kann sich auch dann die CDU-Minderheit durchsetzen? Darüber sollten Ilse Aigner, Sigmar Gabriel und das Bundeskabinett noch einmal diskutieren.
Von „unterschiedlichen Meinungen“ zu sprechen, wie Ilse Aigner es im Bayernkurier tut, ohne Ross und Reiterinnen zu nennen und ohne die Minderheitsmeinung der CDU direkt in Frage zu stellen, reicht nicht aus.
Die Strategie, die Ilse Aigner stattdessen verfolgen will, ist durchaus ehrenwert: Regionale Selbstbestimmung über den Anbau von Gentechnikpflanzen. Sie sollte in der Tat in Europa durchgesetzt werden – langfristig, wie die Ministerin selbst schon betont. Denn eine solche Änderung der europäischen Gesetzgebung kann frühestens von der neuen EU-Kommission ins Werk gesetzt werden, die Anfang kommenden Jahres ihre Arbeit aufnimmt. „Deshalb lasse ich gleichzeitig prüfen, ob es nicht doch innerhalb des nationalen Rechts möglich ist, gentechnikfreie Regionen auszuweisen. Gerade in kleinteiligen Strukturen wie in Bayern wäre das ein vernünftiger Ansatz“, schreibt sie. Das begrüßen wir und empfehlen Bayern, sich als ersten Schritt dem europaweiten Netzwerk gentechnikfreier Regionalregierungen anzuschließen: Über 50 Landesregierungen fordern dort gemeinsam seit Jahren regionale Selbstbestimmung in Sachen Gentechnik.
Kurzfristig ist ein wenig mehr Mut und Entschlossenheit gefordert: Was Gabriel gegen den Wunsch der Kanzlerin durchzusetzen in der Lage war, sollte die Aignerin wohl auch hinbekommen. In Europa und auch im schönen Bayernland: Mehrheit ist Mehrheit. Oder?