Sie hat nie den Ruhm einer Artischocke, zarter Bohnenkerne oder des Spargels erlangt. Und ihre Auftritte als Beilage auf den Speisekarten sind spärlich. Ihr sind keine Feste, Verkostungen oder Degustationsmenüs gewidmet. Und doch ist sie eines jener Gemüse, das in keinem Kühlschrank fehlen darf, das bei vielen Salaten, Suppen, Saucen oder Schmorgerichten auftritt: die Möhre.
Die alten Griechen schätzten die Karotte ebenso wie die Römer, bei denen sie immer eine Rolle in der Ernährung spielte. In den berühmten Rezepten des Apicius empfehlen sich zahlreiche Zubereitungsarten, die mit vielen ihrer Bestandteile von den heutigen gar nicht so weit abweichen: gebraten mit Garum-Sauce und Wein; mit Salz, Olivenöl und Essig; gekocht mit Wein oder zum Beispiel mit Kümmel – wie Möhren heute noch in Nordafrika auf den Tisch kommen. Die Araber waren es auch, die die Möhren über Andalusien nach Spanien einführten.
Die andalusischen Möhren waren weiß, gelblich oder purpurrot – und übrigens im Mittelalter nicht besonders geschätzt. Die Blaublütigen hatten es nicht so mit dem Unterirdischen und fanden die Gelben Rüben schmutzig und unästhetisch. Sie bevorzugten Nahrungsmittel des Erdelements Luft und besonders auch Eier. Ein gewisser Florentin Thierriat behauptet in seinem „Discours de la préférence de la noblesse“ aus dem 16. Jahrhundert gar: „Wir essen mehr Rebhühner und delikate Sachen als sie (die Nichtadligen), und das beflügelt unsere Intelligenz und unsere Sinne.“ Was er nicht wusste, war, wie gesund das Gemüse ist und dass sich das gemeine Volk mit den Rüben weitaus besser ernährte als seinesgleichen mit Pasteten.
Doch die Abneigung gegen Möhren und Konsorten sollte sich bald ändern. Die Pflanzen und Wurzeln kamen durch den italienischen Einfluss in Frankreich in Mode, und Adlige wie Bürgerliche begannen Obst und Gemüse zu kultivieren. Kein Geringerer als Luis XIV. befahl, in Versailles einen Garten mit dem raffiniertesten Gemüse anzulegen.
Möhren gibt es das ganze Jahr über auf dem Markt. Im Frühling allerdings werden die jungen, süßen Bundmöhren mit ihrem – hoffentlich – frischen Grün angeboten. Dies gilt es rasch zu entfernen, weil es der Wurzel Feuchtigkeit entzieht. Bundmöhren sind nicht sehr lange lagerfähig und deshalb schnell zu verbrauchen. Aufbewahrt werden soll das Gemüse nicht zusammen mit Obst wie Apfel, Pfirsich, Bananen, Melonen, weil sich Ethylen bilden kann, das die Möhren bitter macht.
Von schlaff aussehenden Exemplaren lassen wir beim Einkauf grundsätzlich die Finger, ebenso wenn sie in Plastik verpackt sind. Doch am besten ließe sich die Qualität anhand des inneren Kerns der Möhre, ihrem „Herz“, bestimmen. Dieses soll klein sein und in etwa dieselbe Farbe haben wie die Schale. Grundsätzlich gilt: Je kräftiger orange die Möhre, desto mehr Beta-Karotin enthält sie. Ihre Farbe bekam sie übrigens erst im 19. Jahrhundert durch Züchtungsversuche der Holländer.
Möhrensuppe mit Kokosmilch
Für 4 Pers.: 500 g Möhren, 50 g Frühlingszwiebeln, 1 EL Pflanzenöl, 1 EL Curry, 800 ml Geflügelfond, 300 ml ungesüßte Kokosmilch, Salz, frisch gemahlener weißer Pfeffer, eine Prise Cayenne, Zitronensaft;
zum Garnieren: Babymöhren, 80 ml halb steif geschlagene Sahne, Petersilie
Möhren würfeln, Frühlingszwiebeln putzen, waschen und grob hacken, dann in Öl anschwitzen. Die Möhren kurz mit angehen lassen und den Curry einrühren. Den Geflügelfond angießen, das Ganze zum Kochen bringen. Hitze verringern, Möhren zugedeckt garen, anschließend pürieren.
Kokosmilch glatt rühren, unter die Möhrenmasse ziehen. Mit Salz, Pfeffer, Cayenne und etwas Zitronensaft abschmecken und noch kurz köcheln lassen.
Auf vorgewärmte Teller verteilen. Die Sahne in einen Spritzbeutel mit Lochtülle füllen und auf jede Portion eine dekorative Schlangenlinie spritzen. Mit Babymöhren und Petersilie garnieren und sofort servieren.
Bon profit!