vonChristian Ihle 25.07.2009

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The Gossip – Music For Mengossip

Die letzten drei Jahre seit Veröffentlichung des Durchbruchs „Standing in the Way of Control“ hat die Band Gossip dank ihrer voluminösen Frontfrau in der vordersten Reihe des Musikbusiness verbracht. Nach den Punk-, Riot-Grrrl- und Feminismus-Wurzeln hat da zwar keiner mehr gefragt. Und auch die Verwunderung deutscher Medien darüber, dass Karl Lagerfeld und der profane Musikkonsument plötzlich dicke Frontfrauen ins Herz schließen, grenzte eher ans Fremdschämend-Ekelhafte. Aber es stieß zumindest eine Tür auf für die Band aus Portland: plötzlich standen da Menschen im Publikum, die bei Bandgründung wahrscheinlich noch Zahnspangen trugen und mit Punk gerademal durch ein paar MTV-Spots in Berührung gekommen waren. Mit anderen Worten: Gossip sind im Mainstream angekommen und lassen sich munter und ein wenig verwundert treiben.

Früher oder später wurde es aber dennoch Zeit, ein viertes Studio-Album in Angriff zu nehmen. Hier zeigt sich, dass vor allem Nathan Howdeshell die treibende Kraft hinter Gossip ist. Durch die Idee, mit Rick Rubin zusammenzuarbeiten und die ganzen verstaubten Punk-Gitarren durch den Laptop zu jagen, trug Howdeshell maßgeblich dazu bei, dass sich die Erfolgsschraube für die Band immer weiter nach oben dreht.

Die Songs sind allesamt brilliant auf „Music For Men“. Beweinen muss man auch den verschwindenden Punk-Pathos nicht. Die Themen sind zwar nicht mehr so politisch wie auf den Vorgänger-Alben. Dafür sind die Schattierungen in Brechern wie „8th Wonder“ und „2012“ umso reizvoller, je mehr sich Gossip der 80s-Disco nähern. Es bleibt also weiter spannend, unabhängig von Dittos Ambitionen, in den Boulevard-Blättern der Welt aufzutauchen.

Anhören!
*8th Wonder
*Pop Goes The World
*2012

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=8E3Iz6vBeSA[/youtube]

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Regina Spektor – Far

regina

Dass die New Yorkerin Regina Spektor inzwischen zum Inventar des Stadt-Bohemes gehört, hat sich die Exil-Russin selbst zuzuschreiben. Aus dem Haufen an seelen- und gesichtslosen Songwriterinnen ragt sie empor, weil sie es seit ihrem Debüt „11:11“ aus dem Jahr 2001 schafft, dem klassischen Klavier mehr und mehr Absonderlichkeiten ebenso wie rührende Popmomente abzugewinnen. Höhepunkt war der Song „Samson“ auf dem letzten Album „Begin to Hope“.

Mittlerweile ist „Far“ erschienen und es besteht kein Zweifel, dass Spektor – immernoch mit einem Fuß im Anti-Folk verhaftet – diesmal den Mainstream knackt. Das ist zu wünschen und nichtmal zu bedauern, weil sie es schon immer darauf angelegt hatte. Nicht nur durch ihre schrägen Popsongs, deren kleine Melodien und Anekdoten unweigerlich ins Ohr gingen, sondern auch durch ihre Divenhaftigkeit. Nicht mehr lang, und Spektor wird den gleichen Status erreicht haben, den auch Fiona Apple einst ihr eigen nennen durfte: einige Songs auf „Far“ klingen gehörig nach dem gefallenen Talent Apple.

Die schönsten Momente auf ihrem mittlerweile fünften Album liefert Spektor immer dann, wenn sie die Beobachtungsgabe und Naivität des Anti-Folk mit dem Pop-Impetus verbindet. „Laughing With“ ist so ein Fall, aber auch „Two Birds“ oder das skurrile, weil nonchalante „Wallet“. Dass „Far“ nie im Kuschelrock-Regal landen wird, dafür sorgen Songs wie „Eet“ und vor allem „Machine“, dass stampft und sich quer stellt.

Anhören!
*Eet
*Wallet
*Laughing With

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=5cbancAd600[/youtube]

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