vonJannis Hagmann 19.10.2011

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“Herzlich willkommen zum wärmsten Plenum, zur wärmsten Asamblea aller Zeiten”, begrüßt uns der Moderator des heutigen Abends. Der Kantinenwirt des benachbarten Schauspielhauses Frankfurt hat den rund 80 AktivistInnen für ihre Versammlung spontan die Mitarbeiterkantine zur Verfügung gestellt.

Asamblea in der OpernkantineWährend über uns Wagners Oper “Siegfried” über die Bühne geht, erklärt er für alle neu Hinzugestoßenen noch einmal die grundlegenden Diskussionsregeln. Die Handzeichen ähneln der Zeichensprache von Fußball-Schiedsrichtern. Hände in der Luft wedeln bringt Zustimmung zum Ausdruck, verkreuzte Arme dagegen Ablehnung, Widerspruch. Hände drehen: “Der Redner verzögert, redet zu lang”.

“Requisite bitte das Schwert auf die linke Bühnenseite”, unterbricht eine Lautsprecheransage das Plenum. Genaugenommen nicht das Plenum, sondern die Asamblea. Den Begriff hat die spanische “Echte Demokratie Jetzt”-Bewegung berühmt gemacht hat, bevor er auch in die deutsche Bewegung Einzug erhalten hat. Schnell einigen wir uns auf verbindliche Begrifflichkeiten. Nur noch das allabendliche große Plenum soll fortan Asamblea heißen. Alle anderen Versammlungen heißen Plenum. Das AG-Plenum etwa, in der die verschiedenen Arbeitsgruppen zusammenkommen. Auch die einzelnen AGs nennen ihre Versammlungen nun nicht mehr Asambleas, sondern Plenum der “AG Medien” oder Plenum der “Aktionsgruppe”, die Protestaktionen wie Demos, Straßentheater oder spontane Flashmobs in der Stadt plant.

Während drinnen in der warmen Opernkatine Organisatorisches im Vordergrund steht, herrscht draußen auf dem Willy-Brandt-Platz vor der Europäischen Zentralbank buntes Treiben. Eine Gruppe Afrikaner sitzt um eine brennende Tonne und trommelt im Licht der großen Euro-Statue, bekannt aus den “Tagesthemen”.

Andere diskutieren. “Es kann doch nicht sein, dass wir dieses ganze Finanzsystem überhaupt nicht mehr durchblicken”, empört sich ein Herr Mitte Fünfzig, der sich mit seiner kleinen Diskussionsrunde unter den Essenspavillon verzogen hat. Zu sehr regnet es mittlerweile.

21 Uhr. Auch die 80 AktivistInnen aus der Opernkantine mussten ihr trockenes Refugium mittlerweile verlassen. Draußen sei es sowieso viel besser, meint ein junger Mann Mitte zwanzig. “Die Kantine ist ja gar nicht öffentlich.” Der Regen vertreibt einige Protestierende in ihre Zelte, andere suchen unter den Pavillons Zuflucht. Die Asamblea lichtet sich, obwohl noch zahlreiche Diskussionspunkte offen sind: die Demo am Samstag, die Flyer, die Vernetzung mit London und New York.

Auch wie man mit rechten Gruppierungen umgehen soll, die für Samstag eine Demonstration auf dem besetzten Willy-Brandt-Platz angemeldet haben, bleibt ungeklärt. Aber noch ist die Nacht lang. Schlaf ist im Reich der Empörten nebensächlich, denn wie ein Plakat verkündet: “Bis Ihr selbst aufwacht, kämpfen wir für Euch!”

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