vonsaveourseeds 09.02.2010

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„Bt-Brinjal“, eine Gentechnik-Aubergine aus dem Hause Monsanto sollte die Tür zur Gentechnik-Landwirtschaft in Indien aufstossen. Doch fürs erste, so verkündete heute der indische Umweltminister Jairam Ramesh nach heftigen Auseinandersetzungen im ganzen Lande, bleibt diese Türe geschlossen: „Die Öffentlichkeit ist dagegen. Es ist meine Pflicht, eine vorsichtige, vorsorgende und prinzipienfeste Herangehensweise zu garantieren,“ sagte er heute und verkündete stattdessen ein Moratorium, um weitere Tests und einen breiteren gesellschaftlichen Konsens in der Frage zu ermöglichen.

Auberginen werden in Indien auf rund 600.000 Hektar angebaut und gehören zum wichtigsten Gemüse, nicht nur, aber ganz besonders bei der aryuvedischen Ernährung. In kaum einem Garten fehlen die Stauden mit den glänzenden , fluffigen Knollen. Etwa 9 Millionen Tonnen ernten die Inder davon jährlich und sind stolz darauf eines der Ursprungs-Zentren des Nachtschattengewächses zu sein, das hier seit etwa 4000 Jahren angebaut wird.Monsantos Bt-Aubergine soll nun, wie der Name sagt, das bei Gentechnikern beliebte Insektengift des Bacillus Thuringiensis enthalten und die Aubergine so ungenießbar machen für den Auberginenfruchtbohrer Leucinodes orbonalis, der vor allem bei grossflächigerem Anbau keinen unerheblichen Schaden anrichten kann.

Die Monsanto-Kreation wird vom größten indischen Saatgut-Unternehmen Mahyco ( Maharashtra Hybrid Seeds Company Limited), vertrieben, das von dem Weltkonzern mehrheitlich beherrscht wird und das auch bereits den indischen Baumwollmarkt und seine gentechnischen Sorten beherrscht. Weil Mahyco nicht zuletzt dafür kritisiert worden war, dass bt-brinjal nur als Hybrid verkauft werden sollte, den die Bauern nicht mehr selbst nachziehen können, versprach das Unternehmen, demnächst auch samenfeste Gentechniksorten auf den Markt zu bringen. Die Technologie wurde im Rahmen eines Pilotprojektes der US-Entwicklungsagentur USAID zur Verbreitung von Gentechnik in Entwicklungsländern verschiedenen Universitäten in Indien, Bangladesh und den Phillipinen zur Verfügung gestellt, damit sie (nach einer Exklsuivfrist für Mahyco) das Bt-Gen in samenfeste Sorten einkreuzen und kostenlos an Bauern verteilen können. Das sich das Gen-Konstrukt auf diese Weise vermutlich schnell und unkontrollierbar in einem Grossteil der gegenwärtig noch 2000 heimischen Brinjal Sorten ausbreiten würde, nehmen die Initiatoren dieser „public private partnership“  dabei scheinbar zumindest billigend in Kauf.

Die zehn für die Auberginen-Produktion wichtigsten indischen Bundesstaaten hatten bereits vor der heutigen Entscheidung angekündigt, den Anbau der Bt-Aubergine bei sich zu verbieten. Auf öffentlichen Anhörungen quer durch den Subkontinent ging es hoch her. Der Umweltminister klagte, dass ihm der Brinjal graue Haare habe wachsen lassen (siehe Foto, in Betrachtung einer Bio-Aubergine, die ihm von einem 73 jährigen Bauern in Orissa überreicht wurde) und riet vor Wut einigen der Teilnehmern schon mal, einen Psychiater aufzusuchen.

Greenpeace Indien kommentierte den heutigen Etappensieg prompt. Ein Moratorium sei zwar noch keine Lösung, aber doch ein Schritt in die richtige Richtung. Jetzt müsse angesichts der bisherigen Praktiken von Monsanto vor allem verhindert werden, dass die Gentechnik-Samen illegal verbreitet werden. Die Organisation hatte den bekannten französischen Toxikologen Gill Eric Seralini damit beauftragt, die Sicherheitsstudien von Monsanto zu analysieren. Seralini kam prompt zu dem Ergebnis, dass sowohl Gesundheits- als auch Umweltgefahren offensichtlich ignoriert würden. Auch wenn er sich mit dieser Sicht letztlich nicht beim indischen Biosicherheits-Kommittee GEAC durchsetzen konnte, der die Gentech-Aubergine im Oktober 2009 für sicher erklärte, lieferte er den Gegnern des Projektes doch genügend wissenschaftliche Argumente, die selbst von „Nature“ nicht zu ignorieren waren und Ramesh Gelegenheit gaben, weitere wissenschaftliche Studien zu fordern.

Vijesh V. Krishna von der Universität Hohenheim und der seit Jahren mit dem Lob der Gentechnik für Entwicklungsländer beschäftigte Professor Matin Quaim von der Uni Göttingen rechneten dagegen in einer Studie im Auftrage von USAID und der Deutschen Forschungsgesellschaft, in einer „ex ante“ Berechung, wie Wissenschaftler Prognosen ohne belastbare empirische Grundlagen nennen, basierend auf Ertragssteigerungsangaben von Mahyco/Monsanto hoch, dass der indischen Gesellschaft die Bt-Auberginen jährlich 108 Millionen US-$ Gewinn brächten, die sie dann malerisch zwischen Verbrauchern (sinkende Preise), Bauern (steigender Ertrag) und Monsanto (fünfacher Saatgutpreis) verteilten. Zudem würden durch die Reduzierung von Insektizid-Einsatz 2 bis 3 Millionen $ an Krankheitskosten eingespart. Als Vergleich wurden dabei Felder mit bis zu 66 Ausbringungen von Insektiziden herangezogen. Die wirkliche Alternative, wie Vandana Shiva in einem offenen Brief an den Umweltminister nennt, der biologische bzw. agro-ökologische Brinjal Anbau wird in der Studie nicht einmal in Betracht gezogen. Der könnte bei der Bt Brinjal Offensive in der Tat das erste Opfer sein. Ein zweites Opfer wäre wohl die Vielfalt der Gewächse (s.u.).

Die heutige Entscheidung, die selbst der „Vater der Grünen Revolution“ in Indien, M S Swaminathan als weise bezeichnete, ist ein Dämpfer für gentechnische Blütenträume sowohl für eine Reihe von anderen Gentechnik-Produkten, die in Indien in der pipline sind, als auch für die Zulassungschancen in anderen asiatischen Staaten. Bislang ist es weder Monsanto noch einem der staatlichen Forschungsinstitute gelungen, die Zulassung für den Anbau eines gentechnisch veränderten Lebensmittels in Asien zu gewinnen.

Auberginenvielfalt

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https://blogs.taz.de/indien_kippt_erste_gentechnik-zulassung_fuer_lebensmittel/

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